Leitsatz (amtlich)
Es ist mit Wortlaut und Zweck des § 10 StVollzG und den hierzu ergangenen Verwaltungsvorschriften vereinbar, dass der Anstaltsleiter über die Aufnahme in den offenen Vollzug nach Strafantritt entscheidet.
Bei einer Verurteilung wegen sexueller Nötigung, Vergewaltigung sowie Körperverletzung zu einer langjährigen Freiheitsstrafe besteht für die Staatsanwaltschaft keine Veranlassung zu prüfen, ob der Vollzugsbehörde ausnahmsweise die Aufnahme in den offenen Vollzug empfohlen werden kann.
Verfahrensgang
AG Erfurt (Entscheidung vom 15.01.2002; Aktenzeichen 332 Js 32919/00 - 43 Ds) |
AG Erfurt (Entscheidung vom 01.02.1999; Aktenzeichen 150 Js 5583/98 - 42 Ds) |
Tenor
Der Antrag wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.
Der Geschäftswert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Das Landgericht Erfurt, 3. Strafkammer, verurteilte den Antragsteller am 23.05.2003 wegen zweifacher sexueller Nötigung - Vergewaltigung sowie Körperverletzung - unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Erfurt vom 01.02.1999 - Az.: 150 Js 5583/98 - 42 Ds - und der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Erfurt vom 15.01.2002 - Az.: 332 Js 32919/00 - 43 Ds - unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten.
Auf die Revision des Antragstellers hob der Bundesgerichtshof dieses Urteil im Ausspruch über die Gesamtstrafe auf und verwies die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Erfurt zurück.
Mit Urteil vom 16.09.2003, rechtskräftig seit diesem Tage, verurteilte die 1. Strafkammer des Landgerichts daraufhin den Antragsteller zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 2 Monaten.
Mit Schreiben vom 24.09.2003 lud die Staatsanwaltschaft Erfurt den Verurteilten zum Strafantritt in der JVA Tonna zum 14.10.2003.
Am 30.09.2003 erhob der Antragsteller dagegen Beschwerde gem. § 24 Abs. 2 EGGVG und beantragte die Ladung zum Strafvollzug im Hinblick auf dieses Rechtsmittel bis zur Entscheidung darüber vorläufig aufzuschieben. Er begehrte die Ladung in den offenen Vollzug.
Die Staatsanwaltschaft Erfurt half dieser Beschwerde nicht ab. Mit Bescheid der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft vom 04.11.2003 verwarf die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft die Beschwerde des Verurteilten vom 30.09.2003 gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Erfurt vom 24.09.2003. Die Entscheidung wurde damit begründet, dass der Verurteilte zum Einen keinen Anspruch auf Strafantritt im offenen Vollzug habe. Im Übrigen lägen aber auch hinsichtlich des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Vollziehung der Strafe im offenen Vollzug nicht vor.
Mit Schriftsatz vom 19.11.2003, der beim Senat am 21.11.2003 einging, stellte der Verurteilte durch seinen anwaltlichen Vertreter Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 23 EGGVG.
Er beantragt:
1.
Der Bescheid der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Erfurt vom 24.09.2003 und der Beschwerdebescheid des Thüringer Generalstaatsanwalts vom 04.11.2003 werden aufgehoben.
2.
Die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Erfurt wird verpflichtet, den Antragsteller zum Strafantritt in den offenen Vollzug der für ihn örtlich zuständigen Justizvollzugsanstalt zu laden;
hilfsweise:
Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Erfurt wird verpflichtet, über die Ladung des Verurteilten zum Strafantritt unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
II.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig (§§ 23 Abs. 1, 26 Abs. 1, 2. Alternative EGGVG). Er hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Der Antragsteller ist durch die angefochtenen Bescheide der Staatsanwaltschaft Erfurt vom 24.09.2003 und der Thüringer Generalstaatsanwaltschaft vom 04.11.2003 nicht in seinen Rechten verletzt (§ 28 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 EGGVG) und er hat auch keinen Anspruch auf eine Entscheidung des von ihm begehrten anderweitigen Inhalts (§ 28 Abs. 2 Satz 1 EGGVG).
Die Staatsanwaltschaft Erfurt war nicht dahin zu verpflichten, den Antragsteller zum Strafantritt in den offenen Vollzug der für ihn örtlich zuständigen Justizvollzugsanstalt zu laden.
Wie der Senat schon mehrfach entschieden hat, besteht kein Rechtsanspruch des Verurteilten auf sofortige Ladung in den offenen Vollzug (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23.04.2003, VAS 4/03 und vom 25.06.2003, VAS 8/03). § 10 Abs. 1 StVollzG bestimmt, dass ein Gefangener mit seiner Zustimmung in einer Anstalt oder Abteilung des offenen Vollzugs untergebracht werden soll, wenn er den besonderen Anforderungen des offenen Vollzuges genügt und namentlich nicht zu befürchten ist, dass er sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeit des offenen Vollzugs für Straftaten missbrauchen werde. Die Bestimmung des Gesetzes, dass ein Gefangener bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 StVollzG im offenen Vollzug "untergebracht werden soll" besagt dabei nicht, dass die Entscheidung über die Unterbringung im geschlossenen oder offenen Vollzug bereits durc...