Verfahrensgang

AG Erfurt (Entscheidung vom 07.05.2004; Aktenzeichen 110 Js 200518/04 - 61 Owi)

 

Tenor

Das Urteil des Amtsgerichts Erfurt vom 07.05.2004 wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Prüfung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Erfurt zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Thüringer Polizeiverwaltungsamt - Zentrale Bußgeldstelle - setzte durch Bußgeldbescheid vom 17.12.2003 gegen den Betroffenen wegen einer am

17.10.2003 begangenen Ordnungswidrigkeit der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft um 22 km/h eine Geldbuße in Höhe von 80,- EUR fest und ordnete ein Fahrverbot für die Dauer von 1 Monat an. Gegen den am 19.12.2003 zugestellten Bußgeldbescheid legte der Betroffene am 26.12.2003 Einspruch ein. In der Begründung des Einspruchs wandte sich der Betroffene ausschließlich gegen die Anordnung des Fahrverbots.

Daraufhin verurteilte das Amtsgericht Erfurt den Betroffenen in Anwesenheit am 07.05.2004 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb einer geschlossener Ortschaft um 22 km/h zu einer Geldbuße von 80,- EUR. Von der Anordnung eines Fahrverbots wurde abgesehen. Der Urteilstenor wurde der Staatsanwaltschaft Erfurt, die an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen hatte, am 14.05.2004 zugestellt. Am 17.05.2004 legte die Staatsanwaltschaft Erfurt Rechtsbeschwerde ein. Das mit Gründen versehene schriftliche Urteil wurde dem Betroffenen am 15.06.2004 und der Staatsanwaltschaft am 30.08.2004 zugestellt. Die Staatsanwaltschaft Erfurt begründete ihre Rechtsbeschwerde am 04.08.2004 mit der Sachrüge. Diese wird dahin ausgeführt, dass es an ausreichenden Feststellungen zur inneren Tatseite fehle und die Entscheidungsgründe das Absehen von einem Fahrverbot nicht trügen.

Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft ist in ihrer Stellungnahme vom 02.02.2005 der Rechtsbeschwerde beigetreten und hat beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Erfurt mit den dazugehörigen Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Erfurt zurückzuverweisen.

II.

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache (vorläufig) Erfolg.

Trotz der in der Einspruchsbegründung zum Ausdruck gebrachten Beschränkung des Einspruchs auf die Anordnung des Fahrverbots hat das Amtsgericht den Einspruch zu Rechts als unbeschränkt erhoben behandelt. Eine Beschränkung auf die Anordnung des Fahrverbots ist in der Regel und so auch hier unwirksam, weil diese Rechtsfolge in einer so engen Beziehung zur festgesetzten Geldbuße steht, dass beide nicht losgelöst voneinander beurteilt werden können (siehe nur Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 67 Rn. 34g). Aber auch eine Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch insgesamt ist hier unwirksam. Der Bußgeldbescheid enthält keine Angaben zur Schuldform und bietet somit keine tragfähige Grundlage zur Bemessung der Rechtsfolgen. Eine Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch trotz Fehlens von Angaben zur Schuldform mag dann wirksam sein, wenn der Bußgeldbescheid die Regelgeldbuße nach der Bußgeldkatalogverordnung anordnet, weil dann nämlich auf fahrlässige Begehungsweise und gewöhnliche Tatumstände zu schließen ist (vgl. § 1 Abs. 2 BKatV; Göhler, a.a.O., Rn. 34 e). Vorliegend hat die Verwaltungsbehörde aber gerade nicht den Regelsatz angeordnet, sondern hat diesen vielmehr, offenbar im Hinblick auf die zahlreichen Vorbelastungen des Betroffenen, verdoppelt.

Das Urteil hält einer Nachprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht aber deshalb nicht stand, weil die darin getroffenen Feststellungen weder den Schuldspruch noch den Rechtsfolgenausspruch tragen.

Bei einer Geschwindigkeitsmessung mittels eines standardisierten Messverfahrens genügt es, sofern keine Anhaltspunkte für Messfehler ersichtlich sind oder vom Betroffenen geltend gemacht erden, wenn der Tatrichter in seinem Urteil neben dem angewandten Messverfahren den berücksichtigten Toleranzwert und die nach dessen Abzug sich ergebende der Verurteilung zu Grunde gelegte Geschwindigkeit mitteilt (siehe nur BGHSt 39, 291, 303; Senatsbeschluss vom 07.06.2004, 1 Ss 27/04).

Das Amtsgericht Erfurt hat in dem angefochtenen Urteil jedoch lediglich den bei der Geschwindigkeitsmessung eingesetzten Gerätetyp und die der Verurteilung zu Grunde gelegte Geschwindigkeit nach Abzug eines nicht bezifferten Toleranzwertes mitgeteilt. Aus der Angabe des Gerätetyps ist das angewandte Messverfahren ersichtlich, sodass es dessen ausdrücklicher Benennung nicht bedurfte. Nicht entbehrlich ist jedoch die konkrete Angabe des in Abzug gebrachten Toleranzwertes. Eine Ausnahme hiervon ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Maß der Geschwindigkeitsüberschreitung auf Grund eines uneingeschränkt glaubhaften Geständnisses des Betroffenen feststeht. Ein solches Geständnis lag den Feststellungen des Amtsgerichts jedoch nicht zu Grunde, denn in dem Urteil heißt es: ...

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