Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Die Erforderlichkeit einer Weisung nach §§ 56 c, 57 Abs. 3 StGB kann sich auch aus einer in einem anderen Verfahren abgeurteilten Straftat, hier: Tat, die zum Widerruf der Bewährung führte, ergeben.

  • 2.

    Das Gericht hat eine Weisung so bestimmt zu formulieren, dass Verstöße einwandfrei festgestellt werden können und der Verurteilte unmissverständlich weiß, wann er einen Widerruf der Strafaussetzung nach § 56f Abs. 1 Nr. 2 StGB zu erwarten hat (vgl. BVerfG NStE Nr. 5 zu § 56 c StGB). Die Weisung, nicht mit Personen aus der "rechten Szene/Neonazi-Szene" zu verkehren, ist nicht ausreichend bestimmt. Die "rechte Szene/Neonazi-Szene" ist keine bestimmte Gruppe i.S.v. § 56 c Abs. 2 Nr. 3 StGB.

  • 3.

    Die Prüfung, ob eine Weisung gesetzwidrig ist, weil sie gegen Grundrechte verstößt, ist erst bei einer genügend bestimmten Weisung entscheidungserheblich.

 

Verfahrensgang

LG Meiningen (Entscheidung vom 07.07.2004)

LG Meiningen (Entscheidung vom 14.01.2004; Aktenzeichen 4 StVK 837/03)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Verurteilten werden der Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 07.07.2004 und die unter Ziff. 4 b angeordnete Weisung im Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 14.01.2004 aufgehoben.

Die Sache wird zu erneuter Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Landgericht Meiningen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Amtsgerichts Nordhausen vom 16.10.1997 (430 Js .../5- 30 Ls), rechtskräftig seit dem 13.08.1999, wegen gemeinschaftlichen Diebstahls in besonders schwerem Fall zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt; die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit wurde auf 3 Jahre bemessen und der Verurteilte erhielt die Auflage, binnen 4 Monaten nach Rechtskraft des Urteils 50 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten.

Mit Urteil vom 30. September 2002 wurde der Beschwerdeführer dann durch das Amtsgericht Sangerhausen wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen a 5,- EUR verurteilt. Die zu Grunde liegende Tat hatte der Verurteilte am 23.02.2002, also in laufender Bewährung, begangen. Dies nahm das Amtsgericht Nordhausen zum Anlass, um mit Beschluss vom 21.05.2003, rechtskräftig seit dem 12.08.2003, die Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Urteil des Amtsgerichts Nordhausen vom 16.10.1997 zu widerrufen, wobei es in Erfüllung der Bewährungsauflage erbrachte Leistungen im Umfang von einem Monat auf die Strafe anrechnete.

Mit Beschluss des Landgerichts Meiningen - Strafvollstreckungskammer - vom 14.01.2004 (4 StVK 837/03), rechtskräftig seit dem 12.02.2004, wurde die Vollstreckung des Strafrestes nach Verbüßung von 2/3 der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Der Verurteilte wurde in Ziff. 4 b des Beschlusses angewiesen, nicht mit Personen aus der "rechten Szene" zu verkehren sowie insbesondere an keinen von diesen ausgerichteten Veranstaltungen teilzunehmen.

Mit Schriftsatz vom 13.05.2004 stellte der Verteidiger den Antrag, die im Bewährungsbeschluss vom 14.01.2004 unter Ziff. 4 b erteilte Weisung zu erlassen. Hilfsweise beantragte er, die Weisung in Ziff. 4 b des Beschlusses vom 14.01.2004 dahin abzuändern, dass der Verurteilte angewiesen wird, nicht mit Personen aus der "rechten Szene" zu verkehren sowie insbesondere an keinen von diesen ausgerichteten Veranstaltungen teilzunehmen, es sei denn, es handelte sich um Veranstaltungen, Werbemaßnahmen und sonstige Aktivitäten der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands. Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen beantragte am 28.05.2004 an Stelle der Weisung in Ziff. 4 b des Beschlusses vom 14.01.2004 dem Verurteilten die Auflage zu erteilen, 300 Stunden gemeinnützige Arbeit nach Weisung seiner Bewährungshelferin binnen 6 Monaten abzuleisten.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 07.07.2004 änderte das Landgericht Meiningen die im Beschluss vom 14.01.2004 unter Ziff. 4 b angeordnete Weisung dahingehend ab, dass der Verurteilte nicht mit Personen aus der "rechten Szene/Neonazi-Szene" zu verkehren sowie insbesondere an keinen von diesen ausgerichteten Veranstaltungen teilzunehmen hat, wobei Veranstaltungen, Werbemaßnahmen und sonstige Aktivitäten der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands ausgenommen sind, soweit sie gegen kein Verbot verstoßen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die - einfache - Beschwerde des Verurteilten vom 26.11.2004, mit der er sich gegen die ausgesprochene Abänderung der Weisung unter Ziff. 4 b des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer vom 14.01.2004 wendet und die vollständige Aufhebung derselben beantragt. Zur Begründung wird vorgetragen, dass auch die abgeänderte Weisung den Verurteilten in seinen Grundrechten aus Art 1 Satz 1 i.V.m. Art 2 Abs. 1, Art 5, 8, 9 GG verletze und im Übrigen gegen Art 18 GG verstoße.

Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Beschluss des Landgerichts Meiningen vom 07.07.2004 und die Weisung aus dem Beschluss des Landgerichts Meiningen v...

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