Verfahrensgang
LG Erfurt (Beschluss vom 29.05.2008; Aktenzeichen 1 HKO 39/08) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 11.6.2008 wird der Beschluss des LG Erfurt, zugestellt am 29.5.2008 - 1 KHO 39/08, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die von der Antragsgegnerin erhobene Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage - LG Erfurt, Az. 1 HKO 11/08 (I. Instanz), und OLG Jena, Az. 6 U 527/08 (II. Instanz) - der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister nicht entgegensteht (§ 16 Abs. 3 Satz 1 UmwG).
Die Kosten des Verfahrens (I. und II. Instanz) hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 500.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Hauptversammlung der Antragstellerin stimmte am 17.12.2007 dem Verschmelzungsvertrag zwischen der Antragstellerin als übertragende Gesellschaft und der Thüringer Energie-Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: TEB) ebenfalls als übertragende Gesellschaft sowie der E. ON Thüringer Beteiligungsverwaltungs-AG (im Folgenden: ETEneu) als übernehmende Gesellschaft in der Fassung des aufgestellten Entwurfes vom 5.11.2007 zu. Die Antragsgegnerin, Aktionärin der Antragstellerin, hat gegen diesen Beschluss Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage erhoben.
Die Antragstellerin hat beantragt festzustellen, dass die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister nicht entgegensteht. Das LG hat den Antrag zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt.
II. Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung. Das Beschwerdeverfahren ist entscheidungsreif. Der Streitfall ist in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ausgeschrieben. Die Verfahrensvorschriften der Zivilprozessordnung über die Beschwerde sind im Freigabeverfahren nach § 16 Abs. 3 UmwG anzuwenden (vgl. BGH, Beschl. v. 29.5.2006 - II ZB 5/06, BGHZ 168, 4856 = ZIP 2006, 1151-1154). Für dieses Beschwerdeverfahren ist eine mündliche Verhandlung nicht gesetzlich angeordnet, sondern freigestellt (§§ 572 Abs. 2, 128 Abs. 4 ZPO). Es ist aber nicht ersichtlich, aus welchen Gründen eine mündliche Verhandlung vor dem Senat zu einer weiteren Klärung sollte führen können, nachdem das LG eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist statthaft (§§ 16 Abs. 3 Satz 6 UmwG, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und auch im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; insbesondere ist die sofortige Beschwerde fristgemäß eingelegt worden (§ 569 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Die sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Entgegen der Auffassung des LG war auf den Antrag der Antragstellerin durch Beschluss festzustellen, dass die von der Antragsgegnerin erhobene Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage - LG Erfurt, Az. 1 HK O 11/08 - der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister nicht entgegensteht (§ 16 Abs. 3 Satz 1 UmwG).
Der von der Antragstellerin begehrte Beschluss darf gem. § 16 Abs. 3 Satz 2 UmwG nur ergehen, wenn die Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist oder wenn das alsbaldige Wirksamwerden der Verschmelzung nach freier Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung der Schwere der mit der Klage geltend gemachten Rechtsverletzungen zur Abwendung der vom Antragsteller dargelegten wesentlichen Nachteile für die an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger und ihrer Anteilsinhaber vorrangig erscheint.
Die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage der Antragsgegnerin gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses ist zwar nicht unzulässig.
Soweit die Antragstellerin auch mit der Beschwerde rügt, die Anfechtungsklage sei rechtsmissbräuchlich erhoben, richtet sich ihr Einwand - entgegen der Auffassung des LG - nicht gegen die Zulässigkeit der Anfechtungsklage. Der Missbrauch des Anfechtungsrechts führt nicht zur Unzulässigkeit, sondern zur Unbegründetheit der Anfechtungsklage (BGH, Urt. v. 22.5.1989 - II ZR 206/88, BGHZ 107, 296315 = ZIP 1989, 980-986; Kallmeyer/Marsch-Barner, UmwG, 3. Aufl. 2006, § 16 Rz. 41).
Die von der Antragsgegnerin erhobene Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage ist aber offensichtlich unbegründet.
Offensichtlich unbegründet i.S.d. Freigabeverfahrens ist eine Klage nicht nur, wenn die Unbegründetheit "evident", d.h. der Klage die Unbegründetheit "auf die Stirn geschrieben" ist, sondern dann, wenn das Gericht nach seiner Überzeugung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klage "mit hoher Wahrscheinlichkeit" unbegründet ist. Der Prüfungsaufwand spielt dabei keine Rolle; vielmehr muss das Gericht auch im Freigabeverfahren eine umfassende rechtliche Prüfung des Sachverhalts durchführen. Nach Sinn und Zweck ist für eine nur kursorische Rechtsprüfung im Freigabeverfahren kein Raum. Aktienrechtliche Klagen werfen häufig schwierige Rechtsfragen auf, denen sich das Gericht auch im Freigabeverfahren stellen muss. Der Streitstoff ist daher i...