Leitsatz (amtlich)
1. Der Übergang der Vollstreckungszuständigkeit nach § 85 Abs. 2 Satz 1 JGG setzt die Einleitung der Vollstreckung voraus.
2. Die Einleitung der Vollstreckung obliegt dem nach § 84 Abs. 2 JGG zuständigen Gericht auch dann, wenn sich der Verurteilte etwa wegen vorangegangener Untersuchungshaft bereits in der Jugendstrafanstalt befindet, in der die Jugendstrafe zu vollstrecken ist und deshalb die Zuständigkeit für die Vollstreckung gemäß § 85 Abs. 2 Satz 1 JGG auf ein anderes Amtsgericht übergangen ist. Die Einleitung der Vollstreckung umfasst nämlich nicht nur die Ladung des Verurteilten zum Strafantritt und das erforderliche Aufnahmeersuchen an die zuständige Justizvollzugsanstalt; vielmehr sind mit der Einleitung der Vollstreckung der Jugendstrafe die in Anm. VI. zu §§ 82-85 JGG der Richtlinien zum Jugendgerichtsgesetz (RLJGG) genannten weiteren Aufgaben verbunden, die auch ihrem Inhalt nach sachgerechter von dem nach nach § 84 Abs. 2 JGG zuständigen Jugendrichter zu erfüllen sind.
Normenkette
JGG § 84 Abs. 2, § 85 Abs. 2 S. 1; StPO § 14; RLJGG Anm. VI zu §§ 82-85
Verfahrensgang
AG Eisenach (Entscheidung vom 16.09.2009) |
Tenor
Zuständig ist das Amtsgericht - Jugendrichter - Eisenach.
Gründe
I. Durch das seit dem 09.07.2009 rechtskräftige Urteil des Landgerichts Meiningen vom 27.01.2009 (Az.: 550 Js 13001/08 2 Kls) ist gegen den Verurteilten wegen Mordes eine Jugendstrafe von 7 Jahren verhängt worden.
Seit dem 14.08.2008 befand sich der Verurteilte in Untersuchungshaft in der Jugendstrafanstalt Ichtershausen, Zweigstelle Weimar, und ist von dort am 20.08.2009 in die Jugendstrafanstalt Ichtershausen in Ichtershausen verlegt worden.
Unter Anrechnung bereits erlittener Untersuchungshaft ist das Strafende auf den 04.07.2015 notiert worden.
Mit Verfügung vom 13.08.2009 hat das Landgericht Meiningen die Akte zur Einleitung der Vollstreckung dem Amtsgericht Eisenach zugeleitet.
Mit Verfügung vom 24.08.2009 hat das Amtsgericht Eisenach die Vorlage der Akten zwecks Einleitung der Vollstreckung der Jugendstrafe dem Amtsgericht Arnstadt zugeleitet.
Am 09.09.2009 hat das Amtsgericht Arnstadt die Akten wieder an das Amtsgericht Eisenach zurückgesandt.
Mit Verfügung vom 16.09.2009 hat das Amtsgericht Eisenach die Übernahme der Vollstreckung der Jugendstrafe abgelehnt und die Akten dem Thüringer Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Auf die entsprechend § 14 StPO zulässige Vorlage des Amtsgerichts Eisenach vom 16.09.2009 hin war als das für die Einleitung der Vollstreckung der Jugendstrafe zuständige Gericht das Amtsgericht - Jugendrichter - Eisenach zu bestimmen.
§ 84 Abs. 2 JGG bestimmt, dass, soweit, abgesehen von den Fällen des Absatzes 1, die Entscheidung eines anderen Richters zu vollstrecken ist, die Einleitung der Vollstreckung dem Jugendrichter des Amtsgericht zusteht, dem die familien- oder vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben obliegen. Ist in diesen Fällen der Verurteilte volljährig, steht die Einleitung der Vollstreckung dem Jugendrichter des Amtsgerichts zu, dem die familien- oder vormundschaftsrichterlichen Erziehungsaufgaben bei noch fehlender Volljährigkeit oblägen, § 84 Abs. 2 Satz 2 JGG.
Für den seit dem 06.06.2008 volljährigen Verurteilten, der zuletzt in ... wohnhaft gewesen ist und der durch die 2. Strafkammer - Jugendkammer - des Landgerichts Meiningen durch das seit dem 09.07.2009 rechtskräftige Urteil vom 27.01.2009 wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von 7 Jahren verurteilt wurde, ist nach den genannten Vorschriften des Amtsgericht - Jugendrichter - Eisenach für die Einleitung der Vollstreckung zuständig.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 85 Abs. 2 JGG.
Nach dieser Vorschrift geht, wenn Jugendstrafe zu vollstrecken ist, nach der Aufnahme des Verurteilten in die Einrichtung für den Vollzug der Jugendstrafe die Vollstreckung auf den Jugendrichter des Amtsgerichts über, in dessen Bezirk die Jugendstrafanstalt liegt, § 85 Abs. 2 Satz 1 JGG.
Aus dem Regelungszusammenhang mit § 84 Abs. 2 JGG ist ersichtlich, dass der Übergang der Vollstreckungszuständigkeit nach § 85 Abs. 2 Satz 1 JGG die Einleitung der Vollstreckung voraussetzt (ebenso OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27. 06. 1991, Az.: 1 AR 62/91 - 1, zitiert in: NStZ 1991, 524).
Hieran fehlt es bislang.
Diese Voraussetzung wird auch nicht dadurch ersetzt, dass sich der Verurteilte bereits in der Jugendstrafanstalt Ichtershausen befindet, was seinen Grund ersichtlich darin hat, dass an dem Verurteilten bis zur Rechtskraft des Urteils des Landgerichts Meiningen vom 27.01.2009 in der Zweigstelle Weimar der Jugendstrafanstalt Ichtershausen die Untersuchungshaft vollzogen wurde.
Dies könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn sich die Einleitung der Vollstreckung darin erschöpfen würde, den Verurteilten zum Strafantritt zu laden und das erforderliche Aufnahmeersuchen an die zuständige Justizvollzugsanstalt zu richten. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr sind mit der Einleitung der Vollstreckung der Jugendstrafe die in ...