Entscheidungsstichwort (Thema)

§ 1 Thüringer Gesetz über die Genehmigungsfreiheit im Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Anwendungsbereich des Grundstücksverkehrsgesetzes und des Thüringer Gesetzes über die Genehmigungsfreiheit im Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken gilt der grundbuchrechtliche Grundstücksbegriff. Werden in einer einheitlichen notariellen Urkunde mehrere Grundstücke veräußert, die sämtlich kleiner als 0,25 ha sind, sind die Veräußerung und der schuldrechtliche Vertrag daher auch dann nicht genehmigungsbedürftig, wenn die Grundstücke insgesamt größer als 0,25 ha sind und eine wirtschaftliche Einheit bilden.

2. Die Genehmigungsfreiheit hat das Grundbuchamt eigenständig zu prüfen; es kann den Antragsteller nicht darauf verweisen, ein Negativattest der Genehmigungsbehörde vorzulegen.

 

Normenkette

GBO §§ 18-19; GrdstVG §§ 2, 5

 

Verfahrensgang

AG Altenburg (Beschluss vom 30.12.2009; Aktenzeichen MO-86-6)

 

Tenor

Die Zwischenverfügung des AG - Grundbuchamt - Altenburg vom 30.12.2009 wird aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Eintragungsantrag der Antragsteller vom 29.10.2009, beim Grundbuchamt am 2.11.2009 eingegangen, nicht aus den Gründen dieser Zwischenverfügung zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Mit notarieller Urkunde des verfahrensbevollmächtigten Notars vom 20.7.2009 veräußerte der Beteiligte zu 1. die im Betreff bezeichneten Grundstücke an die Beteiligten zu 2. und 3. zu hälftigem Miteigentum. Die im Grundbuch von M., Blatt ... eingetragenen Grundstücke haben eine Größe von 3 ar (Flur 1, Flurstück 29) und 24,37 ar (Flur 1, Flurstück 30/1), das im Grundbuch von M., Blatt ... eingetragene Grundstück hat eine solche von 5,26 ar. Mit Antrag vom 29.10.2009, beim Grundbuchamt am 2.11.2009 eingegangen, beantragte der Urkundsnotar u.a. die Löschung der zuvor zugunsten der Beteiligten zu 2. und 3. eingetragenen Auflassungsvormerkungen sowie die Eintragung der Eigentumsänderung.

Mit Zwischenverfügung vom 30.12.2009 forderte das Grundbuchamt den Urkundsnotar zur Vorlage einer Genehmigung des zuständigen Landwirtschaftsamts nach dem Grundstücksverkehrsgesetz bzw. eines Negativattests dieser Behörde auf. Es setzte hierfür eine Frist bis 30.1.2010 und kündigte für den fruchtlosen Fristablauf die Zurückweisung des Eintragungsantrags an. Hiergegen hat der Notar für die Beteiligten zu 2. und 3. Beschwerde eingelegt. Das Grundbuchamt sei zu Unrecht von einem Eintragungshindernis ausgegangen. Die Grundstücksveräußerung unterliege nicht der Genehmigungspflicht nach § 2 Abs. 1 GrdstVG, weil sämtliche hier betroffene Grundstücke nicht die in Thüringen geltende Freigrenze von 0,25 ha erreichten. Unerheblich sei, dass die Grundstücke zusammengerechnet größer als 0,25 ha seien, weil im Anwendungsbereich des Grundstücksverkehrsgesetzes nicht der wirtschaftliche Grundstücksbegriff gelte, sondern auf das Grundstück im Rechtssinne abzustellen sei. Abgesehen davon habe das Grundbuchamt zu Unrecht eine wirtschaftliche Einheit angenommen; die Grundstücke hätten ihre landwirtschaftliche Zweckbestimmung auch verloren.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem OLG vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Flurstücke 30/1 und 30/2 seien durch Teilung aus dem Flurstück 30 entstanden, daher sei von einer wirtschaftlichen Einheit dieser Grundstücke auszugehen. In einem solchen Fall sei die grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung erforderlich, auch wenn keines der betroffenen Grundstücke für sich allein die Mindestgröße überschreite.

II. Der Senat ist zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufen, weil das vorliegende Verfahren durch den Eintragungsantrag der Beteiligten zu 2. und 3. und damit nach Ablauf des 31.8.2009 eingeleitet wurde (Art. 111 Abs. 1 FGG-RefG, 72 GBO). Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts ist nach § 71 Abs. 1 GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig; der Urkundsnotar ist berechtigt, für die Antragsteller Beschwerde einzulegen (vgl. Demharter, GBO, 27. Aufl., § 15 Rz. 20 m.w.N.). Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, weil das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis nicht besteht.

1. Die vorliegende Grundstücksveräußerung unterliegt nicht der Genehmigungspflicht nach § 2 Abs. 1 GrdstVG, weil ausschließlich Grundstücke betroffen sind, die kleiner als 0,25 ha sind. Es besteht daher nach § 1 des Thüringer Gesetzes über die Genehmigungsfreiheit im Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken vom 30.1.1997 i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 2 GrdstVG keine Genehmigungspflicht. Entgegen der Auffassung des Grundbuchamts lässt sich eine Genehmigungspflicht nicht daraus ableiten, dass die Grundstücke insgesamt die maßgebliche Freigrenze überschreiten. Im Anwendungsbereich des Grundstücksverkehrsgesetzes gilt nach ständiger Rechtsprechung des BGH, der sich der Senat anschließt - anders als im Anwendungsbereich des Reichssiedlungsgesetzes (BGHZ 94, 299 ff.) - nicht der wirtschaftliche Grundst...

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