Verfahrensgang
LG Erfurt (Entscheidung vom 20.01.2009; Aktenzeichen 2 T 543/08) |
Tenor
1.
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 20.01.2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Erfurt zurückverwiesen.
2.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 1.500 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1) wendet sich gegen den Vorbescheid des Nachlassgerichts Apolda vom 25.09.2008, wonach das Nachlassgericht beabsichtigt, einen Erbschein allein zugunsten des Beteiligten zu 2) zu erteilen.
Die Beteiligte zu 1) ist die Witwe des Erblassers, der Beteiligte zu 2) das einzige Kind der Ehegatten. Der Erblasser hatte am 23.07.2008, an die Beteiligte zu 1) zugestellt am 26.08.2008, einen Scheidungsantrag beim Familiengericht Apolda eingereicht, dem die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 18.08.2008 zugestimmt hat. Die Ehegatten hatten sich vorgerichtlich über die wesentlichen Scheidungsfolgen geeinigt, eine Einigung auch über den Kindesunterhalt haben sie lediglich angekündigt. Sie lebten den Angaben im Scheidungsantrag zufolge seit Juni 2007 getrennt. Der Erblasser ist am 07.09.2008 tödlich verunglückt.
Die Beteiligte zu 1) beantragte in eigenem Namen und im Namen des Beteiligten zu 2) die Erteilung eines Erbscheins, der beide Beteiligte als gesetzliche Erben zu je 1/2 ausweist, hilfsweise den Beteiligten zu 2) als Alleinerben. Sie ist der Meinung, dass sie ihr Ehegattenerbrecht nicht nach § 1933 BGB verloren hat, weil zwar zum Todeszeitpunkt ein Scheidungsverfahren anhängig war, die Ehegatten aber noch keine Erklärung zum Sorgerecht abgegeben und auch noch keine Einigung über den Kindes- und Nachehelichenunterhalt erzielt hätten. Das Nachlassgericht erließ am 25.09.2008 einen Vorbescheid, demzufolge es beabsichtige, dem Beteiligten zu 2) einen Alleinerbschein zu erteilen. Das Landgericht hat die Beschwerde der Beteiligten zu 1) am 20.01.2009 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, zum Todeszeitpunkt hätten bereits die Scheidungsvoraussetzungen vorgelegen. Auf die Frage, ob die Anwendung des § 1933 BGB auch voraussetzt, dass die Ehegatten sich über alle Scheidungsfolgen geeinigt haben, komme es nicht an, weil sie jedenfalls auch über den Kindesunterhalt eine Einigung erzielen wollten. Im Übrigen wird auf die Gründe des Beschlusses vom 20.01.2009 verwiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die formgerecht eingelegte weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1).
II.
Die nach §§ 27 Abs. 1, 29 Abs. 1 FGG zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache einen vorläufigen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung war unter Zurückverweisung des Verfahrens an das Landgericht Erfurt aufzuheben, da sie auf einem Rechtsfehler beruht, §§ 27 FGG, 546 ZPO.
Die Vorinstanzen haben übersehen, dass die Rechte des Beteiligten zu 2) möglicherweise nur dann ausreichend gewahrt werden, wenn ein Ergänzungspfleger für das Erbscheinsverfahren bestellt wird. Die Beteiligte zu 1) betreibt das Nachlassverfahren sowohl in eigenem Namen als auch im Namen des minderjährigen Beteiligten zu 2). Nach § 1680 Abs. 1 BGB steht ihr nach dem Tod des Erblassers das alleinige Sorgerecht für den Beteiligten zu 2) zu, das nach § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB die Vertretung des Kindes umfasst. Diese Vertretungsmacht auch im Erbscheinsverfahren, in dem sich die Beteiligte zu 1) selbst eines Erbrechts berühmt, ist zwar nicht nach §§ 1629 Abs. 2 Satz 1, 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB eingeschränkt, weil das Erbscheinsverfahren kein Rechtstreit im Sinne des § 1795 Abs. 1 Nr. 3 BGB ist (vgl. BayObLG NJW 1961, 2309). Aufgrund der Anträge der Beteiligten zu 1) drängt sich aber ein erheblicher Interessengegensatz im Sinne des § 1796 Abs. 2 BGB auf.
Nach § 1629 Abs. 2 Satz 3 BGB kann das Familiengericht einem Elternteil nach § 1796 BGB das Vertretungsrecht entziehen. Das soll nach § 1796 Abs. 2 BGB nur geschehen, wenn das Interesse des Kindes zu dem Interesse des Elternteils, dessen Vertretungsmacht entzogen werden soll, in erheblichem Gegensatz steht. Ein solcher erheblicher InteressengegenSatz 1iegt vor, wenn das eine Interesse nur auf Kosten des anderen Interesses durchgesetzt werden kann und die Gefahr besteht, dass die Interessen des Vertretenen nicht genügend berücksichtigt werden (z.B. OLG Köln, FamRZ 2001, 430 zu einem vergleichbaren Fall). So ist es hier, weil die Antragstellerin im Erbscheinsverfahren die Auffassung vertritt, sie habe ihr Ehegattenerbrecht noch nicht verloren. Dringt sie damit durch, ¡st ein Erbschein zu erteilen, der die Beteiligten zu 1) und 2) als Miterben zu je 1/2 ausweist. Dringt sie damit nicht durch, ist der Beteiligte zu 2) als Alleinerbe anzusehen. Drängt sich ein solcher erheblicher Interessengegensatz auf, hat das Nachlassgericht nach § 35a Satz 1 FGG dem Vormundschaftsgericht bzw. hier dem Familiengericht Mitteilung zu machen (vg...