Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufnahme eines Haftungsvorbehalts in einen Kostenbeschluss nach § 516 Abs. 3 ZPO 9.3.2011 4 U 111/08
Leitsatz (amtlich)
1. Die Aufnahme eines Haftungsvorbehalts - hier auf beschränkte Erbenhaftung - in einen das Verfahren abschließenden Kostenbeschluss (hier nach § 516 Abs. 3 ZPO) kann nur im Berichtigungs- und Ergänzungsverfahren nach § 321 ZPO erfolgen; dieses Verfahren findet entsprechend Anwendung, wenn ein Instanzenzug nicht durch Endurteil, sondern durch Beschluss - hier gem. § 516 Abs. 3 ZPO - beendet wurde.
2. Auch wenn der das Verfahren beendende Kostenbeschluss den Parteien nicht zugestellt wurde, ist ein statthafter Ergänzungsantrag innerhalb einer Frist von 2 Wochen zu stellen. Die 2-Wochen-Frist des § 321 ZPO Frist beginnt mit dem Zugang des Beschlusses, d.h. der Möglichkeit seiner Kenntnisnahme. Ist der Antrag verfristet, ist er als unzulässig zu verwerfen.
Normenkette
ZPO § 321
Verfahrensgang
LG Erfurt (Beschluss vom 31.08.2010; Aktenzeichen 7 O 2347/02) |
Tenor
I. Der Antrag der Berufungskläger, den Kostenbeschluss (§ 516 Abs. 3 ZPO) vom 31.8.2010 zu berichtigen oder zu ergänzen, wird als unzulässig verworfen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
II. Der Berufungsstreitwert wird auf 70.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Nachdem er die wegen (streitiger) Fehlbehandlung erhobene Arzthaftungsklage in erster Instanz verloren und gegen das klageabweisende Urteil des LG Erfurt Berufung eingelegt hatte, verstarb der Kläger S. D. am 31.1.2010. Seine Eltern A. und I. D. haben das (noch) von ihrem Sohn selbst begonnene Berufungsverfahren als dessen Erben und Rechtsnachfolger fortgeführt. Mit dem die Aufnahme des Rechtsstreits (anstelle des verstorbenen Klägers) erklärenden Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 23.4.2010 (Bd. III Bl. 532 f.) haben die (neuen) Berufungskläger zugleich den Antrag angekündigt, ihnen gem. § 780 ZPO die beschränkte Erbenhaftung für die bis zur Aufnahme entstandenen Kosten vorzubehalten.
Im Verhandlungstermin vom 31.8.2010 (Verhandlungsprotokoll Bd. III Bl. 561 ff.) hat der Prozessbevollmächtigte der Berufungskläger - in Anwesenheit und nach Rücksprache mit der Berufungsklägerin zu 2. - die Berufungsrücknahme erklärt; weitere Prozesserklärungen oder Sachanträge wurden nicht abgegeben, bzw. gestellt. Im Anschluss an die Berufungsrücknahme hat der Senat sogleich noch im Verhandlungstermin (bei fortdauernder Präsenz der Berufungsklägerin zu 2. und der Prozessbevollmächtigten beider Parteien) den Kostenbeschluss nach § 516 Abs. 3 ZPO verkündet, der lautet wie folgt:
"Die Kläger sind des Rechtsmittels der Berufung verlustig; sie haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen (§ 516 Abs. 3 ZPO)."
Mit Schriftsatz vom 13.10.2010 - eingegangen an diesem Tag - beantragen die Berufungskläger nun die Berichtigung, bzw. (hilfsweise) Ergänzung des Kostenbeschlusses um den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung.
Dieser Antrag ist zu verwerfen. Er ist wegen Versäumung der Zwei-Wochen-Frist des § 321 Abs. 2 ZPO (bereits) unzulässig.
Bei dem Antrag, die Beschränkung der Erbenhaftung im Grundtitel vorzubehalten, handelt es sich um eine Einrede, die die Geltendmachung einer materiell-rechtlichen Haftungsbeschränkung im Vollstreckungsverfahren ermöglichen soll. Obwohl die Vorschrift des § 780 ZPO von ihrem Wortlaut her lediglich von einem Haftungsvorbehalt in einem Urteil (als Grundtitel) ausgeht, kann auch der das Verfahren in erster oder in zweiter Instanz abschließende Kostenbeschluss (§§ 269 Abs. 3, 4; 516 Abs. 3 ZPO) einen Vorbehalt enthalten. Ein solches teleologisches (über den Wortlaut hinausgehendes) Verständnis des § 780 ZPO gebietet die Prozessökonomie. Dass der Kläger/Berufungskläger nur deshalb an seiner Klage oder seiner Berufung festhält (festhalten muss), um durch das (vorauszusehende) klageabweisende bzw. die Berufung zurückweisende Urteil den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung zu erlangen, ist nicht einzusehen (im Ergebnis ebenso Stöber in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 780 Rz. 7).
Eine mithin mögliche Aufnahme des Haftungsvorbehalts in den deklaratorischen Kostenbeschluss des § 516 Abs. 3 ZPO ist hier mit der Folge versehentlich unterblieben, dass (nur) ein Beschlussergänzungs-, nicht aber ein Beschlussberichtigungsverfahren in Betracht kam.
§ 321 ZPO kommt zur Anwendung, wenn ein geltend gemachter Anspruch völlig übergangen; d.h. überhaupt nicht Gegenstand der Entscheidung war. Ergibt sich hingegen eindeutig aus den Urteilsgründen, dass eine Entscheidung über den Anspruch gewollt und nur der Urteilsausspruch (insoweit) in der Formel unterlassen wurde, ist auf § 319 ZPO zurückzugreifen.
Diese Grundsätze zur Abgrenzung des (auf Beschlüsse entsprechend anwendbaren) Urteilsergänzungsverfahrens nach § 321 ZPO und des (bei Beschlüssen gleichfalls entsprechend anwendbaren) Urteilsberichtigungsverfahrens nach § 319 ZPO vorausgeschickt, kann auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt nur § 321 ZPO (entsprechende) Anwendung finden. Mit der versehentlich üb...