Verfahrensgang
LG Erfurt (Aktenzeichen Reha 271/08 - 3) |
Tenor
Die Sache wird gemäß § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung folgender Rechtsfrage vorgelegt:
Ist die besondere Zuwendung für Haftopfer nach § 17a StrRehaG auch dann ab dem auf die Antragstellung an die zuständige Verwaltungsbehörde folgenden Monat auszuzahlen, wenn der Antrag gestellt wird, bevor eine rechtskräftige gerichtliche Rehabilitierungsentscheidung nach § 12 StrRehaG vorliegt?
Gründe
I. Am 23.7.2007 beantragte der Betroffene beim Landgericht Erfurt die strafrechtliche Rehabilitierung wegen dreier Verurteilungen durch das Kreisgericht Gotha.
Noch vor einer Entscheidung über den Rehabilitierungsantrag, nämlich am 23.11.2007, stellte der Betroffene beim Landkreis Wesermarsch einen Antrag auf Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer nach § 17a StrRehaG.
Mit Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 17.9.2008 wurden die Urteile des Kreisgerichts Gotha vom 11.9.1975, 3.9.1976 und 22.11.1977 ganz bzw. teilweise für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben. Es wurde festgestellt, dass der Antragsteller vom 17.12.1975 bis 16.6.1976, vom 24.7.1976 bis 21.7.1977 und vom 21.9.1978 bis 16.5.1979, also für insgesamt etwa 2 Jahre und 2 Monate, zu Unrecht Freiheitsentzug erlitten habe.
Mit Bescheid vom 22.10.2008 gewährte das verfahrensbeteiligte Thüringer Landesverwaltungsamt dem Antragsteller die besondere Zuwendung für Haftopfer ab dem 1.11.2008 in Höhe von monatlich 250 €. Gegen diesen Bescheid beantragte der Antragsteller am 5.11.2008 gerichtliche Entscheidung. Er meint, Leistungen nach § 17a StrRehaG seien auch dann ab dem auf die Antragstellung bei der Behörde folgenden Monat zu gewähren, wenn die Rehabilitierungsentscheidung erst danach ergehe.
Das Landgericht Erfurt entschied mit dem angegriffenen Beschluss vom 30.6.2009, dass die besondere Zuwendung bereits ab dem 1.12.2007 zu gewähren sei. Dagegen wendet sich das Thüringer Landesverwaltungsamt mit der am 29.7.2009 eingegangenen Beschwerde.
II. Die aufgeworfene Rechtsfrage war nach § 13 Abs. 4 StrRehaG, 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.
Der Senat beabsichtigt, die Beschwerde zu verwerfen, sieht sich daran aber durch die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29.1.2009 und des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12.3.2009 gehindert.
Übereinstimmung besteht darin, dass die Gewährung der besonderen Zuwendung für Haftopfer im Sinne des § 17a StrRehaG (Opferrente) eine rechtskräftige Rehabilitierung voraussetzt. Abweichend von den beiden genannten Oberlandesgerichten ist der Senat jedoch der Auffassung, dass in den Fällen, in denen die Opferrente vor Rechtskraft der Rehabilitierungsentscheidung beantragt wurde, die Opferrente rückwirkend ab dem auf die Antragstellung bei der Verwaltungsbehörde folgenden Monat zu zahlen ist, nicht erst ab Rechtskraft der Rehabilitierungsentscheidung.
1. In seinem Beschluss vom 29.1.2009 hat das Oberlandesgericht Naumburg (Az. 1 Ws Reha 45/09, bei juris) seine Auffassung damit begründet, dass der Betroffene erst nach rechtskräftiger Rehabilitierung "Berechtigter" im Sinne des § 17a Abs. 1 StrRehaG sei und nur als solcher einen zulässigen Antrag auf die besondere Zuwendung für Haftopfer stellen könne. Dies folge aus dem Wortlaut des § 17a Abs. 1 StrRehaG sowie aus der Systematik der §§ 16 ff StrRehaG und entspreche dem Willen des Gesetzgebers. Nachteile, die durch den nicht beeinflussbaren Zeitablauf des Verfahrens entstünden, seien vergleichbar mit sich aus Stichtagsregelungen ergebenden Härten und deshalb hinzunehmen.
2. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat im Beschluss vom 12.3.2009 (Az. 2 Ws (Reha) 62/08, bei juris) ausgeführt, da der Anspruch auf soziale Ausgleichsleistungen erst mit der rechtskräftigen Rehabilitierung entstehe, laufe ein davor gestellter Leistungsantrag "ins Leere" und könne nicht als von einem Berechtigten "gestellt" im Sinne des § 17a StrRehaG gelten. Dies zeige auch die Regelung in § 17 Abs. 4 Satz 2 StrRehaG, nach der die Jahresfrist für die Antragstellung nach dem 31.12.2011 mit der Rechtskraft der Rehabilitierungsentscheidung nach § 12 StrRehaG zu laufen beginne.
3. Nach Meinung des Senats sprechen die besseren Argumente für die vom Landgericht Erfurt vertretene Auffassung.
a) Nach dem Wortlaut des § 17a Abs. 4 Satz 1 StrRehaG wird die besondere Zuwendung monatlich im Voraus gezahlt, beginnend mit dem auf die Antragstellung folgenden Monat. Eine Einschränkung dahin, dass dies nur gelten soll, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung bereits eine rechtskräftige Rehabilitierungsentscheidung ergangen war, ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen.
b) Die Gesetzessystematik erfordert keine vom Wortlaut abweichende Auslegung.
Richtig ist, dass der Begriff der "Berechtigten" im Sinne des § 17a StrRehaG nicht anders als in §§ 16, 17 StrRehaG zu verstehen ist. Berechtigter ist deshalb derjenige, der rehabilitiert worden ist. Denn § 16 Abs. 1 StrRehaG bestimmt: "Die Rehabilitierung begründet einen A...