Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungswidrigkeiten. Xenonlicht. Normenkonkurrenz. Geldbuße. Bemessung. Verkehr. Zur bußgeldrechtlichen Ahndung nicht vorschriftsmäßiger Xenonscheinwerfer

 

Leitsatz (amtlich)

Aus dem Hinweis in Nr. 214 der Anlage zur BKatV auf § 30 Abs. 1 StVZO ergibt sich nicht, dass nur solche Verstöße erfasst werden sollen, die ausschließlich der Generalklausel dieser Vorschrift unterfallen.

Das Betreiben von Xenonscheinwerfern ohne Scheinwerferreinigungsanlage und ohne automatische Leuchtweiteregelung (Höhenregelung) stellt einen Verstoß nach § 50 Abs. 10 Nr. 1 und 2 StVZO dar und ist nach § 69a Abs. 3 Nr. 18a StVZO i.V.m. Nr 214 der Anlage zum BKatV zu ahnden.

 

Normenkette

BKatV Anlage Nr. 214.1; StVZO § 10 Nr. 2, §§ 18a, 30 Abs. 1 Nr. 1, § 50 Abs. 8, § 10 Nr. 1, § 69a Abs. 3 Nr. 1; BKatV Anlage Nr. 214

 

Verfahrensgang

AG Gera (Entscheidung vom 20.10.2011; Aktenzeichen 672 Js 14589/11 5 OWi)

 

Tenor

Das Urteil des Amtsgerichts Gera wird abgeändert:

Der Betroffene wird wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen § 50 Abs. 10 StVZO (notwendige Ausrüstung von Scheinwerfern für Fern- und Abblendlicht, die mit Gasentladungslampen ausgestattet sind) zu einer Geldbuße von 180 € verurteilt.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde verworfen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens hat der Betroffene zu tragen.

Angewendete Vorschriften: § 50 Abs. 10, 69a Abs. 3 Nr. 18a StVZO, 24 StVG.

 

Gründe

I. Das Thüringer Polizeiverwaltungsamt - Zentrale Bußgeldstelle - setzte durch Bußgeldbescheid vom 17.2.2011 gegen den Betroffenen wegen Inbetriebnahme eines Lastkraftwagens in einem nicht vorschriftsmäßigen Zustand (Xenonbrenner ohne Scheinwerferreinigungsanlage und ohne automatische Höhenregulierung) eine Geldbuße in Höhe von 180 € fest.

Auf den rechtzeitigen Einspruch des Betroffenen hat das Amtsgericht Gera diesen durch Urteil vom 20.10.2011 wegen fahrlässiger Inbetriebnahme eines Lastkraftwagens in einem die Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigenden Zustand zu einer Geldbuße von 180 € verurteilt.

Das Amtsgericht hatte folgendes festgestellt:

"Der Betroffene befuhr am 01.02.2011 um 07.50 Uhr mit dem Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen: G die Geraer Straße in W. Dem auf Streifenfahrt befindlichen Polizeibeamten F und Polizeiobermeister D fiel das Fahrzeug des Betroffenen durch das extreme Licht auf. Die Polizeibeamten entschlossen sich daher zur Überprüfung der Lichtanlage des Fahrzeugs des Betroffenen. Bei der Kontrolle stellten sie fest, dass Xenonbrenner ohne Scheinwerferreinigungsanlage und ohne automatische Höhenregulierung nachträglich verbaut wurden.

Infolge der stärkeren Leuchtkraft der Xenonlampen ist wegen deren größerer Blendwirkung und deren damit gesteigerten Unfallgefahr ohne automatische Höhenregulierung und Scheinwerferreinigungsanlage die Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigt.

Der Betroffene, der auch Halter des Lkw war, hätte bei der von ihm im Straßenverkehr zu erwartenden Sorgfalt auch das Fehlen der Scheinwerferreinigungsanlage und der automatischen Höhenregulierung erkennen können."

Dieses Verhalten hat das Gericht als ordnungswidrig im Sinne von §§ 30 Abs. 1 Nr. 1, 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO, 24 StVG gewürdigt und hat dem Betroffenen die Regelgeldbuße nach Nr. 214.1 des Bußgeldkatalogs (Anlage zur BKatV) auferlegt.

Gegen dieses Urteil richtet sich der form- und fristgerecht gestellte Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt und beantragt wird, die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Stellungnahme vom 3.1.2012 beantragt, den Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.

Mit Beschluss vom 10.1.2012 hat der Senat die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts zugelassen und die Sache dem Senat in der Besetzung mimt drei Richtern nach § 80a Abs. 3 OWiG übertragen.

II. Die nach Zulassung statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde führt zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung, hat aber im Übrigen keinen Erfolg.

1. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht ohne Rechtsverstoß festgestellt, dass in der Lichtanlage des Fahrzeugs des Betroffenen Xenonbrenner ohne Scheinwerferreinigungsanlage und ohne automatische Höhenregulierung nachträglich eingebaut waren.

Es hat dieses Verhalten als Verstoß gegen § 30 Abs. 1 Nr. 1 StVZO angesehen, der eine Ordnungswidrigkeit nach § 69a Abs. 3 Nr. 1 StVZO darstellt. Dies ist, wie mit dem Rechtsmittel zutreffend vorgetragen wird, fehlerhaft.

§ 30 Abs. 1 StVZO stellt eine Generalklausel für die Beschaffenheit von Fahrzeugen dar. Ist die Verkehrsunsicherheit aber auf Umstände zurückzuführen, die Gegenstand spezieller Beschaffensvorschriften in den §§ 32 ff. StVZO sind, greift § 30 Abs. 1 StVZO nicht ein (BayOblG, VerkMitt 1967 Nr. 106 und NJW 1981, 2135; Beschluss des Senats vom 18.5.2004, 1 Ss 121/04 in DAR 2005, 643).

Hier tragen die getroffenen F...

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