Normenkette
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 3; ZPO § 613 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bad Langensalza (Beschluss vom 29.08.2002; Aktenzeichen 3 F 77/97) |
Tenor
1. Der Beschluss des AG – FamG – Bad Langensalza vom 29.8.2002 wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über den weiter gehenden Erstattungsantrag des Rechtsanwalts B. vom 23.1.2001 an das AG – FamG – Bad Langensalza zurückverwiesen.
2. Der Streitwert wird in Abänderung des Beschlusses des AG – FamG – Bad Langensalza vom 20.12.2000 für die Folgesache elterliche Sorge auf 1.500 DM, entspricht 766,94 Euro, festgesetzt.
3. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (Ziff. 1: § 128 Abs. 5 BRAGO, Ziff. 2: § 25 Abs. 4 GKG).
Gründe
Das AG – FamG – Bad Langensalza hat der Antragstellerin mit Beschluss vom 11.12.1997 ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Ehescheidungsverfahren bewilligt und ihr Rechtsanwalt B. beigeordnet. Das Scheidungsurteil ist seit dem 20.12.2000 rechtskräftig.
Das AG hat den Streitwert mit Beschluss vom 20.12.2000 auf 9.500 DM festgesetzt, wobei auf die elterliche Sorge 3.000 DM entfallen.
Unter dem 9.4.2001 hat Rechtsanwalt B. beantragt, die ihm aus der Landeskasse zu gewährende Vergütung auf 1.680,26 DM, abzgl. eines bereits erhaltenen Vorschusses von 860,72 DM, mithin auf noch 819,54 DM festzusetzen.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des AG hat mit Beschluss vom 29.5.2001 die noch zu gewährende Vergütung auf 490,68 DM festgesetzt.
Bei der Kostenfestsetzung wurde Rechtsanwalt B. die Erstattung der Beweisgebühr bezüglich der elterlichen Sorge versagt, da die Gewährung rechtlichen Gehörs keine Beweisaufnahme darstelle. Da lediglich der Umgang geregelt worden sei, berechne sich die Vergleichsgebühr nach einem Streitwert i.H.v. 1.500 DM.
Der dagegen eingelegten Erinnerung vom 8.6.2001 hat die zuständige Urkundsbeamtin des AG nach Anhörunng des Bezirksrevisors vom 13.9.2001 nicht abgeholfen, sondern sie dem Senat vorgelegt. Die zuständige Richterin hat nach Rückgabe der Angelegenheit mit Beschluss vom 29.8.2002 die Vergütung des Antragstellervertreters auf insgesamt 1.481,90 DM und auf einen verbleibenden Zahlbetrag i.H.v. 663,36 DM festgesetzt.
Dagegen wendet sich der Bezirksrevisor mit seiner Beschwerde vom 19.9.2002. Er führt an, das Gericht habe sich bei der Anhörung gem. § 50b FGG lediglich einen Einblick in die persönlichen Verhältnisse der Kinder verschaffen wollen. Die Anhörung sei offensichtlich nicht auf eine Beweisaufnahme ausgerichtet gewesen. Dies gelte auch für die Anhörung des Jugendamtes. Es sei zu unterscheiden zwischen der Sammlung des Tatsachenstoffes und der Beweiserhebung. Im Gegensatz zum Zivilprozess unterliege die Tatsachenstoffsammlung im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit dem Gericht gem. § 12 FGG. Dass dies von Amts wegen geschehe, bedeute aber noch nicht, dass die Stoffsammlung einschl. der informatorischen Anhörungen der Beteiligten und des Kindes generell als Beweisaufnahme zu qualifizieren sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die schriftsätzlichen Ausführungen vom 19.9.2002 (Bl. 94 f. d.A.).
Die vom Bezirksrevisor zugunsten der Staatskasse eingelegte Beschwerde ist nach § 128 Abs. 4 BRAGO zulässig und auch begründet, da eine Beweisgebühr nicht angefallen ist.
Die Frage, ob im Fall einer Anhörung zum Sorgerecht zusätzliche Gebühren anfallen, wird in der Rspr. unterschiedlich beurteilt.
Nach altem Recht war das Verfahren über die elterliche Sorge Amtsfolgesache; das Sorgerecht wurde mit der Scheidung anhängig (§ 623 Abs. 3 S. 1 ZPO a.F.). Wurden die Eltern ohne Beweisbeschluss zum Sorgerecht gehört, so verdiente der Rechtsanwalt i.d.R. keine Beweisgebühr.
Nach neuem Recht ist das Sorgerecht im Regelfall Antragsverfahren (§ 623 Abs. 1 S. 1 ZPO). Unter besonderen Umständen (Gefährdung des Kindeswohls) kann das Gericht von Amts wegen das Verfahren einleiten (§ 623 Abs. 3 S. 1 ZPO). Das bedeutet, dass ohne entsprechenden Parteiantrag im Regelfall eine Sorgerechtssache nicht anhängig ist und daher nach den allgemein geltenden Grundsätzen des Gebührenrechts keine der Gebühren der §§ 31 ff. BRAGO anfällt. Der Gesetzgeber hat in § 613 Abs. 1 S. 2 ZPO eine Anhörung der Eheleute zum Sorgerecht eingeführt, andererseits § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO, wonach eine Anhörung nach § 613 ZPO eine Beweisgebühr auslöst, unverändert gelassen (vgl. Dr. Müller/Rabe, Rechtsanwaltsgebühren bei Anhörung der Eltern zum Sorgerecht nach § 613 Abs. 1 S. 2 ZPO, FamRZ 2000, 137 f.)
In der Rspr. wird daher die Ansicht vertreten, dass unabhängig davon, ob ein Sorgerechtsverfahren (durch Antrag oder von Amts wegen) anhängig ist, durch die Anhörung gem. § 613 Abs. 1 S. 2 ZPO eine Beweisgebühr anfällt. Dies wird damit begründet, dass der Gesetzgeber bewusst und gewollt durch die Erweiterung der richterlichen Anhörung auf die elterliche Sorge eine Beweisgebühr ausgelöst hat. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 13/4899, 161), wonach die vorgeschriebene Anhörung der Eltern eine Beweisgebüh...