Entscheidungsstichwort (Thema)

Eintragung der Vereinnigung von Grundstücken mit eingetragener Belastung an nur einem Grundstück

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vereinigung zweier Grundstücke, von denen nur eines mit Grundpfandrechten belastet ist, zu einem grundbuchlichen Grundstück im Wege der Zusammenfassung beider Flurstücke unter einer laufenden Nummer im Bestandsverzeichnis des Grundbuches für sich allein genommen nicht die Besorgnis der Verwirrung der Grundbuchlage. Bei der Grundstücksvereinigung nach § 890 BGB erstreckt sich das Grundpfandrecht für das bisher belastete Grundstück nach allgemeiner Meinung nicht auf das hiermit vereinigte weitere, bislang unbelastete Grundstück, sondern es setzt sich nur an dem bisher belasteten Grundstück - nunmehr also dem entsprechenden Teil des vereinigten Grundstücks - fort.

 

Normenkette

BGB § 890; GBO § 5

 

Verfahrensgang

AG Mühlhausen (Beschluss vom 15.03.2013; Aktenzeichen DD-944)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Grundbuchamt - Mühlhausen vom 15.3.2013 - Nichtabhilfeentscheidung vom 4.4.2013 - aufgehoben. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag auf Eintragung der Vereinigung der im Betreff bezeichneten Grundstücke nicht aus den Gründen der Beschlüsse vom 15.03. und 4.4.2013 zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat mit einer durch das Landesamt für Vermessung und Geoinformation des Freistaats Thüringen beglaubigten Erklärung vom 15.10.2012, beim Grundbuchamt am 18.10.2012 eingegangen, die Eintragung der Vereinigung der im Betreff bezeichneten Grundstücke beantragt. Das im Bestandsverzeichnis unter lfd. Nr. 2 eingetragene Grundstück ist mit einer Grundschuld belastet, während das andere Grundstück unbelastet ist.

Das Grundbuchamt hat die Eintragung am 15.3.2013 mit der Begründung abgelehnt, durch die Eintragung der Vereinigung sei Verwirrung im Grundbuch zu besorgen, § 5 Abs. 1 S. 1 GBO. Die unterschiedliche Belastung der Grundstücke würde bei Eintragung der Vereinigung insbesondere im Falle der Zwangsvollstreckung zu Schwierigkeiten führen. Zudem seien die Folgen einer katastermäßigen Verschmelzung bereits jetzt in die Beurteilung, ob Verwirrung zu besorgen sei, einzubeziehen, auch wenn sie zur Zeit nicht beantragt sei. An einen entsprechenden künftig möglicherweise ergehenden Verwaltungsakt sei das Grundbuchamt gebunden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der die Rechtsauffassung des Grundbuchamts unter Bezugnahme auf die obergerichtliche Rechtsprechung und die überwiegende Meinung im Schrifttum für unzutreffend hält. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 4.4.2013 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG vorgelegt.

II. Die Beschwerde ist nach den §§ 71 ff. GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg, weil das Grundbuchamt zu Unrecht angenommen hat, bei Eintragung der Vereinigung sei Verwirrung im Grundbuch i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 1 GBO zu besorgen.

Verwirrung im Sinne dieser Vorschrift ist zu besorgen, wenn die Eintragungen im Grundbuch durch die Vereinigung so unübersichtlich, unverständlich oder schwer verständlich würden, dass der Grundbuchinhalt nicht mit der für den Grundbuchverkehr erforderlichen Klarheit und Bestimmtheit erkennbar ist und daraus Streitigkeiten von Realberechtigten untereinander oder mit Dritten oder sonstige Schwierigkeiten, insbesondere in der Zwangsversteigerung, resultieren können (BayObLG DNotZ 1994, S. 242 f.; OLG Hamm Rpfleger 1998, S. 154 f.; OLG Düsseldorf Rpfleger 2000, 211 f.; OLG Brandenburg ZfIR 2010, 25 f.; Demharter, GBO, 28. Aufl., § 5 Rz. 13; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rz. 635). Hiervon geht das Grundbuchamt im Ansatz zutreffend aus.

Nach der soweit ersichtlich einhelligen Auffassung in der Rechtsprechung der OLG und der ganz überwiegenden Meinung im Schrifttum begründet indessen allein der Umstand, dass die zu vereinigenden Grundstücke wie hier in unterschiedlicher Weise mit Grundpfandrechten belastet sind, die Besorgnis der Verwirrung nicht. Dem schließt sich der Senat an. Verwirrung des Grundbuchs ist nämlich nicht zu besorgen, wenn auch nach der Eintragung der Vereinigung aus dem Grundbuch weiterhin ersichtlich bleibt, welcher Teil des dann einheitlichen Grundstücks mit welchem Recht (ggf. mit welchem Rang) belastet ist (KG Rpfleger 1989, 500 f.; OLG Hamm, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Brandenburg, a.a.O.; Demharter, a.a.O., § 5 Rz. 14; Waldner in Bauer/von Oefele, GBO, 3. Aufl., § 6 Rz. 28; Böttcher in Meikel, GBO, 10. Aufl., § 5 Rz. 35). Bei der Beurteilung, ob das der Fall ist, darf entgegen der Auffassung des Grundbuchamts nur die Grundbuchlage berücksichtigt werden, die sich durch die begehrte Grundstücksvereinigung sowie den Vollzug eventuell gleichzeitig gestellter Anträge ergibt. Daher sind derzeit nicht beantragte oder in Aussicht stehende Verschmelzungen von Flurstücken, die möglicherweise die Annahme der Besorgnis der Verwirrung der Grundbuchlage rechtfertigen können (BayObLG DNotZ 1994...

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