Verfahrensgang
AG Jena (Aktenzeichen 47 F 632/19) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Jena vom 09.12.2019, Az. 47 F 632/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
4. Der Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Kindesvater begehrt auf der Grundlage des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (HKÜ) von der Kindesmutter die Rückführung ihres gemeinsamen Kindes E. R. R. P. nach Australien.
Der Antragsteller und die Antragsgegnerin heirateten am 06.10.2016 in Australien. Dort wurde ihre Tochter E. R. geboren. Am 21.04.2018 trennten sich die Eltern. Sie wohnten von Mitte Mai 2018 bis August 2018 in getrennten Häusern auf demselben Anwesen. Seit der Trennung wurde das Kind vorwiegend von der Antragsgegnerin betreut und versorgt.
Am 08.05.2018 unterzeichnete der Antragsteller ein von der Antragsgegnerin auf Englisch handschriftlich formuliertes Schriftstück (Anlage 4, BI. 22). In diesem Schreiben erklärt der Antragsteller, er lasse der Antragsgegnerin "the choice to decide where E. and E. want to live, until she ist of age. She, E., can decide if she and E. will continue to live in Australia (anywhere) or move to Germany." Am 30.05.2018 übermittelte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Daten für einen Flug der Kindesmutter mit E. am 16.08.2018 nach Deutschland und den Rückflug nach Australien am 09.01.2019. Die Antragsgegnerin setzte später eine Urlaubsvereinbarung ("Acknowledgement of holidays") auf (Anlage 7, BI. 31 f.) auf. Dort heißt es u.a.: "We, the parents of E. [...] are both aware and agreed about the holiday stay of E. and E. in Germany. Department date: 16.08.2018 Return date: 09.01.2019". Ohne von ihr bereits unterzeichnet zu sein, übersandte die Antragsgegnerin dieses Schriftstück dem Antragsteller am 13.06.2018. Streitig ist, ob der Antragsteller dieses Dokument von ihm unterschrieben zurücksandte. Am 16.08.2018 brachte der Antragsteller die Antragsgegnerin und E. zum Flughafen. Dort traten Mutter und Kind die Reise nach Deutschland an.
Am 18.12.2018 informierte die Antragsgegnerin den Antragsteller, dass sie und E. nicht mehr nach Australien zurückkehren würden, sondern auf unbestimmte Zeit in Deutschland bleiben würden. Mit Email vom 10.01.2019 (Anlage 12, BI. 113 f.) verwies der Antragsteller auf die Abmachung mit der Antragsgegnerin, dass diese mit E. im Januar 2019 nach Australien zurückkehrt, und forderte die Kindesmutter auf, diese Vereinbarung einzuhalten.
Die Kindesmutter lebt mit E. in einem Vorort von G. Die Eltern der Antragsgegnerin wohnen 10 km entfernt. Das Kind besucht seit März 2019 eine Kindertagesstätte. Seit Mai 2019 arbeitet die Kindesmutter auf Teilzeitbasis bei einem Unternehmen in G.
Am 16.10.2019 ist beim Amtsgericht - Familiengericht - Jena der Antrag des Kindesvaters auf Rückführung von E. nach Australien eingegangen.
Der Antragsteller hat die Ansicht vertreten, die Antragsgegnerin halte sich seit dem 10.01.2019 gegen seinen Willen und damit widerrechtlich in Deutschland auf. Er hat vorgetragen, die Einverständnisverklärung vom 08.05.2018 habe er nur unterzeichnet, um Streit zu vermeiden. Über ihre Auswirkungen sei er sich zunächst nicht im Klaren gewesen, zumal eine Reise der Antragsgegnerin mit E. nach Deutschland nicht im Raum gestanden habe. Ferner hat der Antragsteller behauptet, er habe die Einverständniserklärung widerrufen. Dies sei durch einen an die Antragsgegnerin gerichteten Brief vom 12.05.2018 (Anlage 6, BI. 27 ff.) geschehen. Ferner behauptet er, er habe die Urlaubsvereinbarung unterzeichnet und an die Antragsgegnerin geschickt. Auch hierdurch sei die Einwilligungserklärung vom 08.05.2018 überholt gewesen. Auch das Verhalten der Antragstellerin und ihre Äußerungen gegenüber Dritten belegten, dass sie nur einen vorübergehenden Aufenthalt in Deutschland geplant habe. Hätte sie hingegen trotz des ihr bekannten entgegenstehenden Willens des Antragstellers insgeheim bereits in Australien beschlossen, auf Dauer mit E. nach Deutschland zurückzukehren, hätte sie sich dem Antragsteller gegenüber treuwidrig verhalten, indem sie ihm einen vorübergehenden Aufenthalt in der Bundesrepublik suggeriert habe.
Die Antragsgegnerin hat die Ansicht vertreten, die Einverständniserklärung des Antragstellers habe zum Zeitpunkt ihrer Ausreise Bestand gehabt. Sie habe keine Widerrufserklärung des Antragstellers erhalten. Auch habe sie die Urlaubsvereinbarung nicht unterzeichnet. Sie habe den Antragsteller auch nicht getäuscht. Ihre Entscheidung, auf Dauer mit E. in Deutschland zu bleiben, habe sie erst in der Bundesrepublik getroffen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Das Amtsger...