Leitsatz (amtlich)
1.
Bei einer Verurteilung wegen Verletzung der Unterhaltspflicht gemäß § 170 StGB ist die Leistungsfähigkeit vom Strafrichter im Urteil in der Weise festzustellen, dass angegeben wird, welchen Betrag der Täter mindestens hätte leisten können. Außerdem müssen die Beurteilungsgrundlagen - tatsächliches oder erzielbares Einkommen, zu berücksichtigende Lasten, Eigenbedarf u.s.w. - so genau dargelegt werden, dass eine Überprüfung der vom Tatrichter angenommenen Leistungsfähigkeit möglich ist.
2.
Wird die Leistungsfähigkeit mit erzielbarem Einkommen begründet, so sind die beruflichen Fähigkeiten und Möglichkeiten unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage in dem betreffenden Zeitraum festzustellen; allgemeine Behauptungen genügen dafür nicht. Auf dieser Grundlagemuss dann nach den Gegebenheiten des Arbeitsmarktes ermittelt werden, welche Beträge der Unterhaltspflichtige durch eine zumutbare Arbeit hätte mindestens verdienen können
Verfahrensgang
LG Gera (Entscheidung vom 04.09.2003) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 04. September 2003 gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Gera zurückverwiesen.
Gründe
I.
Durch Urteil des Amtsgerichts Gera - Strafrichter - vom 09.04.2003 wurde der Angeklagte wegen Verletzung der Unterhaltspflicht in zwei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten - gebildet aus zwei Einzelfreiheitsstrafen von je vier Monaten - verurteilt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt. Mit Beschluss vom gleichen Tage wurde die Bewährungszeit auf drei Jahre festgesetzt und der Angeklagte einem Bewährungshelfer unterstellt. Ferner erhielt er die Weisungen, dem Bewährungshelfer monatlich zehn Bewerbungen für Tätigkeiten im nichtselbstständigen Bereich außerhalb der Hotelbranche vorzulegen, monatlich mindestens 50,- EUR Unterhalt zu zahlen und seiner Unterhaltsverpflichtung im Übrigen voll nachzukommen sowie jeden Wohnsitzwechsel dem Gericht unverzüglich anzuzeigen.
Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Gera das Urteil des Amtsgerichts Gera vom 09.04.2003 aufgehoben und wie folgt neu gefasst:
" 1.
Der Angeklagte ist schuldig der Verletzung der Unterhaltspflicht. Hinsichtlich des Tatvorwurfs der Verletzung der Unterhaltspflicht für den Zeitraum September und Oktober 1995 wird das Verfahren gem. § 260 Abs. 3 StPO eingestellt.
2.
Der Angeklagte wird zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wird, verurteilt.
3.
Im Übrigen wird die Berufung des Angeklagten verworfen.
4.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten im Berufungsverfahren tragen der Angeklagte zu 2/3 und die Staatskasse zu 1/3, die Berufungsgebühr wird auf 2/3 ermäßigt."
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Angeklagten mit der - näher ausgeführten - Sachrüge.
Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat in Ihrer Stellungnahme vom 10.02.2004 beantragt, das Urteil des Landgerichts Gera vom 04.09.2003 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landgerichts Gera zurückzuverweisen.
Die zulässige und in verfahrensrechtlicher Hinsicht (§§ 341, 344, 345 StPO) unbedenkliche Revision führt mit der erhobenen Sachrüge zu einem vorläufigen Erfolg.
Das Urteil kann schon deswegen keinen Bestand haben, weil die Feststellungen des Landgerichts materiell-rechtlich unvollständig sind und eine Prüfung, ob die Kammer rechtsfehlerfrei von einer Leistungsfähigkeit des Angeklagten ausgehen konnte, nicht ermöglichen.
Bei einer Verurteilung wegen Verletzung der Unterhaltspflicht gemäß § 170 StGB ist die Leistungsfähigkeit vom Strafrichter im Urteil in der Weise festzustellen, dass angegeben wird, welchen Betrag der Täter mindestens hätte leisten können; außerdem müssen die Beurteilungsgrundlagen - tatsächliches oder erzielbares Einkommen, zu berücksichtigende Lasten, Eigenbedarf u.s.w. - so genau dargelegt werden, dass eine Überprüfung der vom Tatrichter angenommenen Leistungsfähigkeit möglich ist. Wird die Leistungsfähigkeit mit erzielbaren Einkommen begründet, so sind die beruflichen Fähigkeiten und Möglichkeiten unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage in dem betreffenden Zeitraum festzustellen; allgemeine Behauptungen genügen dafür nicht (vgl. Sch/Schlenckner, StGB, 26. Aufl., § 170 Rdnr. 22 mit zahlreichen Nachweisen aus der Rechtsprechung). Auf dieser Grundlage muss dann nach den Gegebenheiten des Arbeitsmarktes ermittelt werden, welche Beträge der Unterhaltspflichtige durch eine zumutbare Arbeit hätte mindestens verdienen können (OLG Hamm NStZ-RR 1998, 207, 208). Angesichts der sich immer mehr verschlechternden Situation auf dem Arbeitsmarkt kommt diesen Feststellungen sogar eine wachsende Bedeutung zu, wobei sich der Senat allerdings der Schwierigkeiten des Tatrichters, im Einze...