Leitsatz (amtlich)

1. Der die Führungsaufsicht beendende Tatbestand des § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB - Eintritt einer neuen Führungsaufsicht - führt die Beendigung kraft Gesetzes herbei, ohne dass es hierfür einer gerichtlichen Entscheidung bedarf; eine solche hätte allenfalls deklaratorischen Charakter, für die ein Bedürfnis regelmäßig nicht besteht.

2. § 67d Abs. 6 Satz 2 StGB erfasst nicht die Fälle, in denen zweifelsfrei feststeht, dass schon die Anordnung der Unterbringung auf einer Fehldiagnose (sog. Fehleinweisung aus tatsächlichen Gründen) beruht.

 

Normenkette

StGB § 67d Abs. 6 S. 2, § 68e Abs. 1 S. 1 Nr. 3; StPO §§ 300, 304, 462 Abs. 3 S. 1, § 463 Abs. 6

 

Verfahrensgang

LG Meiningen (Entscheidung vom 28.01.2009; Aktenzeichen 4 StVK 596/07)

 

Tenor

Die sofortige und die einfache Beschwerde werden auf Kosten der Staatskasse verworfen.

 

Gründe

I. Durch Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 02.07.1998, rechtskräftig seit dem 10.07.1998, Az.: 13 KLs 804 Js 27122/96, ist der Verurteilte wegen Diebstahls in 17 Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb und Beförderung explosionsgefährlicher Stoffe unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Sonneberg vom 28.08.1996 und 14.05.1997 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Diese Freiheitsstrafe verbüßte der Verurteilte bis zum 30.10.2005 in der JVA G. Am 27.10.2005 hat das Landgericht Meiningen folgenden Beschluss erlassen:

"1. Mit der Entlassung des Verurteilten aus dem Strafvollzug ist auf Grund des Urteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 02.07.1998, Az.: 804 Js 27122/96 - 13 KLs, die gesetzliche Führungsaufsicht gem. § 68f Abs. 1 StGB eingetreten.

2. Die Führungsaufsicht wird auf 5 Jahre festgesetzt.

3. Für die Dauer der Führungsaufsicht wird der Verurteilte der Aufsicht und Leitung des für seinen Wohnsitz zuständigen Bewährungshelfers unterstellt.

4. Dem Verurteilten werden für die Dauer der Führungsaufsicht gem. § 68b Abs. 1 StGB folgende Weisungen erteilt:

a) den Wohn- oder Aufenthaltsort nicht ohne Erlaubnis der Führungsaufsichtsstelle zu verlassen;

b) jeden Wechsel des Wohnortes oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden;

c) jeder Ladung des Bewährungshelfers unverzüglich Folge zu leisten.

5. Die mündliche Belehrung über die Bedeutung der Führungsaufsicht wird der JVA übertragen."

Durch Urteil des Landgerichts Coburg vom 13.12.2002, rechtskräftig seit diesem Tage, Az.: 1 KLs 6 Js 11874/01, ist der Verurteilte wegen Diebstahls in 15 Fällen und versuchten Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in 5 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt worden. Außerdem wurde seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.

Durch Beschluss vom 24.04.2006, Az.: StVK 149/04, hat das Landgericht Erfurt die mit Urteil des Landgerichts Coburg vom 13.12.2002 angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt erklärt und angeordnet, dass die dort ausgesprochene Begleitstrafe von 6 Jahren zu vollstrecken ist. Dies geschah auf den Antrag der Staatsanwaltschaft Coburg vom 22.04.2004, wiederholt am 04.11.2005, der unter Bezugnahme auf die sachverständige Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses B vom 31.03.2004 damit begründet worden war, dass beim Verurteilten zwar eine dissoziale Persönlichkeit vorläge, jedoch nicht in einer derart schweren Ausprägung, dass die Steuerungsfähigkeit nachhaltig und erheblich dadurch beeinträchtigt gewesen wäre. Daraus ergebe sich, dass der Verurteilte von Anfang an nicht an einem Zustand gelitten habe, der durch die in § 20 StGB oder § 21 StGB genannten seelischen Störungen oder Krankheiten gekennzeichnet sei. Dieser Auffassung hat sich das Landgericht Erfurt auf Grundlage des von ihr eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dr. B vom 11.02.2005 angeschlossen.

Die gegen den Beschluss des Landgerichts Erfurt vom Verurteilten eingelegte sofortige Beschwerde hat der Senat durch Beschluss vom 14.06.2006, Az.: 1 Ws 215/06, verworfen.

Die Begleitstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Coburg verbüßt der Verurteilte derzeit in der JVA G. Das Strafende ist auf den 05.10.2009 notiert.

Mit der an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Meiningen gerichteten Verfügung vom 05.02.2008 hat die Staatsanwaltschaft Coburg beantragt,

1. anzuordnen, dass es bei der kraft Gesetzes mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung eintretenden Führungsaufsicht von 5 Jahren sein Bewenden hat (§ 67d Abs. 6 Satz 2 StGB),

2. den Verurteilten dem zuständigen hauptamtlichen Bewährungshelfer zu unterstellen (§ 68a Abs. 1 Satz 1 StGB),

3. die dem Verurteilten in Ziff. 4 des Beschlusses des Landgerichts Meiningen vom 27.10.2005 erteilte Weisung erneut zu erteilen und

4. im Beschluss auszusprechen, dass die Führungsaufsicht aus dem Be schluss des Landgerichts Meiningen vom 27.10.2005 mit Eintritt der neuen Führungsaufsicht endet.

Nachdem die Staatsanwaltschaft Coburg am 24.11.2008 an die Bescheidung ihrer An...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?