Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvergütung: Erinnerungsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Erinnerung nach § 56 Abs. 1 RVG - hier der Staatskasse - ist an keine Frist gebunden. Sie wird auch nicht dadurch unzulässig, dass die Vergütung bereits ausgezahlt worden ist.
2. Die Festsetzung der an den Pflichtverteidiger zu zahlenden Vergütung erfolgt nach § 55 RVG und nicht nach § 464b StPO. Der Vergütungsanspruch des bestellten Verteidigers kann nur gemäß § 54, 46 RVG eingeschränkt werden.
3. Die Regelung des § 54 RVG erfasst ausschließlich Gebühren und ist auf Auslagen nicht anzuwenden. Ein Verlust des Anspruchs auf Auslagenerstattung kann sich für den bestellten Verteidiger nur aus § 46 Abs. 1 RVG ergeben.
Verfahrensgang
LG Erfurt (Beschluss vom 18.08.2005; Aktenzeichen 850 Js 20216/04 - 2 KLs) |
Gründe
I.
In vorliegender Strafsache erhob die Staatsanwaltschaft Gera am 29.09.2004 gegen X. T. H. und V. T. T. Anklage wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 3 Fällen.
Mit Schriftsatz vom 18.10.2004 beantragte Rechtsanwalt S. gegenüber dem Landgericht, ihm für den Angeklagten X. T. H. einen Einzelsprechschein zu erteilen und teilte mit, dass nach dem Anbahnungsgespräch entschieden werde, ob eine Vertretung als Wahlverteidiger in Betracht kommt oder ob im Namen des X. T. H. um Beiordnung nachgesucht wird.
Mit Schriftsatz vom 27.10.2004 überreichte der Beschwerdeführer eine Vollmacht für den Angeklagten X. T. H. und beantragte, diesem als Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden. Zwischen dem Angeklagten und ihm bestünde ein besonderes Vertrauensverhältnis. Für den Fall der Beiordnung werde er sein Wahlmandat niederlegen. Außerdem beantragte der Rechtsanwalt Akteneinsicht.
Durch Beschluss vom selben Tag wurde der Antragsteller als Pflichtverteidiger beigeordnet. Außerdem erhielt er am 08.11.2004 Akteneinsicht in 3 Bände Hauptakten, 2 Ordner Beiakten und 6 weitere Beiakten.
Mit Schriftsatz vom 23.11.2004 beantragte der Antragsteller, die Stellungnahmefrist zur Anklage bis zum 30.11.2004 zu verlängern. Eine Besprechung mit dem Angeklagten in der JVA Gera könne erst am 24.11.2004 stattfinden. Außerdem müsse er sich zunächst in die sehr umfangreichen Akten einarbeiten. Ebenfalls mit Datum vom 23.11.2004 beantragte er die Festsetzung eines Vorschusses aus der Staatskasse i.H.v. 1.078,16 EUR. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Antragsteller vom Mandanten einen Vorschuss von 573,91 EUR bereits vereinnahmt.
Mit Beschluss vom 03.12.2004 wurde ein Vorschuss von 715,08 EUR aus der Staatskasse festgesetzt und an den Antragsteller ausgezahlt.
Mit Schreiben vom 02.12.2004 beantragte der Verteidiger, dem Angeklagten einen Dolmetscher beizuordnen. Daraufhin wurde mit Beschluss des Landgerichts vom 02.12.2004 eine Reise des Verteidigers in die JVA Gera zu einem Verteidigergespräch mit seinem Mandanten unter Hinzuziehung eines Dolmetschers für erforderlich erachtet und genehmigt.
Mit Schriftsatz vom 07.12.2004 beantragte Rechtsanwalt S., ihn von der Pflichtverteidigung zu entpflichten. Grund hierfür sei seine erhebliche Arbeitsüberlastung und die Feststellung des Verfahrensumfangs, welche erst nach Bestellung und Akteneinsicht möglich gewesen sei. Der Angeklagte sei mit der Entpflichtung des Unterzeichners sowie der Bestellung von Rechtsanwalt A. zum Pflichtverteidiger einverstanden. Hierfür würden auch keine Mehrkosten sowie Verzögerungen des Verfahrens entstehen, da die bereits kopierten Akten an Herrn Rechtsanwalt A. übergeben worden seien.
Auf diesen Antrag hob das Landgericht durch Beschluss vom 22.12.2004 die Beiordnung des Antragstellers auf und ordnete dem Angeklagten X. T. H. Rechtsanwalt A. als Verteidiger bei.
Mit Schriftsatz vom 04.01.2005 beantragte der Antragsteller die Festsetzung folgender Gebühren und Auslagen:
Grundgebühr § 14 Abs. 1 RVG, Nr. 4101 VV 162,00 EUR
Verfahrensgebühr, § 14 Abs. 1 RVG, Nr. 4113 VV 151,00 EUR
Ablichtungskosten, Nr. 7000 (1) VV für 1393 Seiten 226,45 EUR
Auslagenpauschale für Post und Telekommunikationsdienst-
leistungen, Nr. 7002 VV 20,00 EURFahrtkosten, Nr. 7003 VV für 660,00 km
(3 x 220 km Fahrt Leipzig - Gera - Leipzig am 27.10.,
24.11., 06.12.2004) 198,00 EUR
Tage- und Abwesenheitsgeld, Nr. 7005 VV für 5 Stunden
Leipzig - JVA Gera - Leipzig am 27.04.2004 35,00 EUR Tage- und Abwesenheitsgeld, Nr. 7005 VV für 7 Stunden
Leipzig - JVA Gera - Leipzig am 24.11.2004 35,00 EUR Tage- und Abwesenheitsgeld, Nr. 7005 VV für 6 Stunden
Leipzig - JVA Gera - Leipzig am 06.12.2004 35,00 EUR
Zwischensumme 862,45 EUR
16 % Umsatzsteuer (MwSt) aus 862,45 EUR 134,79 EUR
Zwischensumme 977,24 EUR
Kosten für Dolmetscher 442,84 EUR
Zwischensumme 1.420,08 EUR
abzgl. Vorschuss./. 715,08 EUR
Restsumme 705,00 EUR
Auf diesen Antrag wurde mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers vom 03.06.2005 die an den Antragsteller aus der Staatskasse weiterhin zu zahlende Vergütung auf 385,72 EUR festgesetzt. Mithin wurden dem Antragsteller insgesamt Gebühren und Auslagen i.H.v. 1.100,80 EUR z...