Leitsatz (amtlich)

Die Kosten eines selbständigen Beweisverfahrens sind dann dem Kläger gem. § 269 Abs. 3 ZPO bei Rücknahme der Klage (im Hauptsacheverfahren) aufzuerlegen, wenn das selbständige Beweisverfahren die Grundlage für das spätere Hauptverfahren geschaffen hat. Dabei kommt es nicht auf die Verwertung des im selbständigen Verfahren gewonnenen Beweisergebnisses, sondern nur darauf an, ob eine abgeschlossene Beweiserhebung im selbständigen Beweisverfahren vorlag, das im Hauptsacheverfahren hätte herangezogen werden können.

 

Verfahrensgang

LG Meiningen (Beschluss vom 20.02.2006; Aktenzeichen 1 O 1018/04)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des LG Meiningen vom 20.2.2006 - 1 O 1018/04, aufgehoben.

Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.345,98 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beklagte beantragte beim AG Hildburghausen zum Aktenzeichen 21 H 13/99 ein selbständiges Beweisverfahren wegen behaupteter Mängel bei vom Kläger am Bauvorhaben "Business-Center" in Hildburghausen ausgeführten Schlosserarbeiten.

Der Kläger beantragte am 27.12.2001 beim AG Hildburghausen zur Geschäftsnummer B 1362/01 einen Mahnbescheid über eine Hauptforderung i.H.v. 6.328,17 betreffend die Restforderung aus der Schlussrechnung Nr.: 009/99 vom 20.1.1999 für Schlosserarbeiten BV "Business-Center, HBN". Gegen den Mahnbescheid legte der Beklagte Widerspruch ein.

Im Jahre 2004 beantragte der Beklagte die Durchführung des streitigen Verfahren und beantragte, die Klage abzuweisen. Das AG Hildburghausen gab die Akte an das LG Meiningen ab. Dort erhielt die Akte das Aktenzeichen 1 O 1018/04. Vom LG Meiningen wurde der Kläger zur Anspruchsbegründung aufgefordert. Nachdem die Anspruchsbegründung nicht erfolgt war, beantragte der Beklagte, einen Termin zu bestimmen. Außerdem beantragte er die Beiziehung der Akte aus dem selbständigen Beweisverfahren vor dem AG Hildburghausen (AG Hildburghausen - 21 H 13/99). Das LG Meiningen verfügte daraufhin die Beiziehung dieser Akte. Am 11.1.2006 nahm der Kläger den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides zurück. Der Beklagte hat im Folgenden beantragt, dem Kläger nach Klagerücknahme die Kosten des Rechtsstreits einschl. der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 21 H 13/99 des AG Hildburghausen aufzuerlegen. Mit Beschl. v. 27.1.2006 hat das LG Meiningen die beantragte Kostenentscheidung erlassen. Gegen diesen Beschluss hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, ihm lediglich die Kosten des Rechtsstreits 1 O 1018/04 aufzuerlegen. Diesem Antrag hat das LG Meiningen mit Beschl. v. 20.2.2006, dem Beklagten zugestellt am 23.2.2006, entsprochen, woraufhin der Beklagte am 9.3.2006 sofortige Beschwerde eingelegt hat mit dem Antrag, den Beschl. v. 20.2.2006 aufzuheben und den Ausgangsbeschluss vom 27.1.2006 wieder herzustellen. Das LG Meiningen hat mit Beschl. v. 5.4.2006 dieser sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und das Beschwerdeverfahren dem OLG Jena zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des LG Meiningen vom 20.2.2006 - 1 O 1018/04, ist gem. §§ 269 Abs. 5 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässig.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

Der Kläger hat in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO auch die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens vor dem AG Hildburghausen zum Aktenzeichen 21 H 13/99 zu tragen.

Die Frage, ob die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nach Rücknahme der Klage im Hauptsacheverfahren von der Kostenentscheidung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO erfasst werden, ist streitig (dafür: OLG Düsseldorf v. 23.9.1996 - 12 W 42/96, BauR 1997, 349; OLG Frankfurt v. 1.8.2003 - 19 W 29/03, OLGReport Frankfurt 2003, 485 = NJW-RR 2004, 70; v. 10.3.2004 - 12 W 160/03, Juris; OLG Hamburg BauR 2002, 1283; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 494a Rz. 4a; dagegen: OLG Koblenz v. 5.3.2003 - 14 W 148/03, OLGReport Koblenz 2003, 233 = MDR 2003, 1080 =NJW 2003, 3281; OLG Köln v. 22.4.2002 - 17 W 103/02, =MDR 2002, 1391; OLG Köln, BauR 2003, 290; OLG München v. 10.12.1997 - 11 W 2427/97, MDR 1998, 307 = OLGReport München 1998, 179 = NJW-RR 1998, 1078; Lüke in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 269 Rz.. 51; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 269 Rz. 18b).

Der BGH hat die Einbeziehung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens in die Kosten des Hauptsacheverfahrens für den Fall abgelehnt, in dem das selbständige Beweisverfahren zur Zeit der Klagerücknahme noch nicht abgeschlossen war (BGH, Beschl. v. 21.7.2005 - VII ZB 44/05, ZfBR 2005, 790). Es hat in diesem Beschluss eine Entscheidung zu der oben bezeichneten Streitfrage für die übrigen Fallkonstellationen ausdrücklich offen gelassen.

Aus der Rechtsprechung des BGH ergeben sich jedoch Anhaltspunkt dafür, dass die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des Hauptsacheverfahrens gehören:

Grundsätzlich stellen die im selbständigen Beweisverfahr...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge