Verfahrensgang

LG Erfurt (Beschluss vom 16.01.2001; Aktenzeichen 9 O 2025/99)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 05.04.2006; Aktenzeichen 1 BvR 1505/04)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerden der Parteien wird der Beschluss des Landgerichts Erfurt vom 16.01.2001 abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Untätigkeitsantrag der Antragstellerin vom 20.04.1999 erledigt ist.

Der Entschädigungsbescheid der Antragsgegnerin vom 06.10.1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Thüringer Landesverwaltungsamtes vom 07.03.2000 – Az.: 204.5-0915-001/00-EF – wird dahin abgeändert, dass der an die Antragstellerin zu zahlende Entschädigungsbetrag auf 15.789,33 EUR festgesetzt wird. Dieser Betrag ist ab 05.01.1999 mit 4 % p.a. zu verzinsen.

Im Übrigen werden die Beschwerden der Parteien zurückgewiesen.

2. Von den Gerichtskosten beider Instanzen haben die Antragstellerin 2/5 und die Antragsgegnerin 3/5 zu tragen.

Von den außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin 2/5 zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin 3/5 zu tragen.

Im Übrigen haben die Parteien und weiteren Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten um Ausgleichsansprüche nach § 15 BoSoG.

Die Antragstellerin war Miteigentümerin eines Grundstücks in E., das vor Ablauf des 02.10.1990 im Rahmen des komplexen Wohnungsbaus bei der Errichtung des Wohngebiets K. H. bebaut worden ist. Die Antragsgegnerin hat für dieses Plangebiet am 13.02.1995 ein Bodensonderungsverfahren eingeleitet und mit dem angefochtenen Sonderungsbescheid vom 30.10.1998 unter anderem die Ausgleichsbeträge, welche von den Begünstigten zu zahlen sind, festgesetzt. Mit Bescheid vom 06.10.1999 hat die Antragsgegnerin den Entschädigungsbetrag für den Verlust der dinglichen Rechte an dem Grundstück Gemarkung M., Flur 1, Flurstück 108/05, Blatt 80908, mit einer Fläche von 375 m² auf der Grundlage eines anzusetzenden Entschädigungsbetrages von 40,65 DM/m² festgesetzt. Die Parteien streiten insbesondere über die Höhe der Entschädigung, mögliche Nachzahlungsverpflichtungen der Begünstigten und der Antragsgegnerin nach §§ 71, 73 SachenRBerG sowie eine Verzinsung des Ausgleichsbetrages bereits ab Bestandskraft des Sonderungsbescheides.

Das Landgericht Erfurt hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 16.01.2001 auf Antrag der Antragstellerin den Entschädigungsbescheid vom 06.10.1999 dahin abgeändert, dass der Entschädigungsbetrag auf der Grundlage des durchschnittlichen Bodenrichtwertes im Plangebiet auf 32.268,75 DM festgesetzt wird, die Aufnahme einer Nachzahlungsverpflichtung in den Sonderungsbescheid hingegen abgelehnt. Den ursprünglich von der Antragstellerin gestellten Untätigkeitsantrag, mit dem sie die Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Erlass eines Entschädigungsbescheides erreichen wollte, hielt das Landgericht für unzulässig.

Im Übrigen wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 16.01.2001 Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt und sie begründet.

Die Antragsgegnerin rügt die Verletzung materiellen Rechts und nimmt auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug. Das Landgericht habe schon verkannt, dass es sich bei Garagen um Nebenanlagen des komplexen Wohnungsbaus und bei Straßenbahnanlagen um Maßnahmen der Infrastruktur (§ 11 Abs. 1 Satz 2 SachenRBerG), nicht hingegen um gewerbliche Anlagen handle. Als Bodenwert im Sinne des § 20 Abs. 3 SachenRBerG komme der Bodenrichtwert (§§ 19 Abs. 5 SachenRBerG, 196 BauGB) nur bei gleichförmiger Bebauung in Betracht, nicht aber bei der vorliegenden völlig inhomogenen Bebauung des „K. H.”. Mit § 20 Abs. 3 SachenRBerG sollte nur eine Ungleichbehandlung der betroffenen Alteigentümer verhindert werden, die von der Antragsgegnerin vorgenommene Einzelbewertung als Grundlage eines Mittelwertgutachtens sei jedoch nicht ausgeschlossen und vermeide gerade eine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung der Alteigentümer, deren Ansprüche sich eher zufällig aus dem SachenRBerG, dem VerkFlBerG oder eben dem BoSoG ergeben.

Soweit die Antragstellerin einen Anspruch auf Aufnahme einer Nachzahlungsverpflichtung (der Nutzer/Erwerber) weiterverfolge, bestehe eine solche nur für vertragliche Vereinbarungen zwischen Grundstückseigentümer und Nutzer nach dem SachenRBerG, nicht hingegen im Rahmen eines Bodensonderungsverfahrens und schon gar nicht gegen die Antragsgegnerin als Bodensonderungsbehörde.

Soweit die Antragstellerin erneut die Unzulässigkeit der Nebenintervention der weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) rügte, habe sie diese Rüge im Termin vom 21.11.2000 ausdrücklich zurückgenommen. Auch die Kostenentscheidung des Landgerichts sei nicht zu beanstanden, da der Widerspruch der Antragstellerin gegen den Sonderungsbescheid unzulässig gewesen sei und die Antragsgegnerin lediglich über die Entschädigung als solche, nicht aber über deren Höhe bereits im Ausgangsbescheid zu entscheiden habe.

Die Antrags...

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