Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenskostenhilfe im Versorgungsausgleichsverfahren nach Wiederaufnahme
Leitsatz (amtlich)
1. Weil die Erstreckung der Prozesskostenhilfe aus dem Scheidungsverbund gem. § 624 Abs. 2 ZPO a.F. entfallen ist, muss über die beantragte Verfahrenskostenhilfe in dem selbständigen Verfahren neu entschieden werden, §§ 76 ff. FamFG (vgl. BGH FamRZ 2011, 635).
2. Dabei wird insbesondere die Bedürftigkeit nach den aktuellen Verhältnissen des Antragstellers zu prüfen sein. Die Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten richtet sich auch nach den Kriterien des § 78 Abs. 2 FamFG.
3. Die Frage, ob mit Rücksicht auf die in dem Altverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe nunmehr erneut Verfahrenskostenhilfe beantragt und beschieden werden muss, war im Zeitpunkt der Vereinbarung der Beteiligten über den Versorgungsausgleich bereits seit längerem streitig (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 15.9.2010, FamFR 2010, 514 unter Hinweis auf OLG Naumburg FamRZ 2011, 391; OLG Jena, a.a.O., m w N). Insoweit hätte für die Antragsgegnerin um so eher Veranlassung bestanden, erneut Verfahrenskostenhilfe zu beantragen.
Normenkette
FamFG §§ 76, 78; FGG-RG Art. 111 Abs. 4; RVG § 21 Abs. 3; ZPO § 117; ZPO a.F. § 624 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Stadtroda (Beschluss vom 28.04.2011; Aktenzeichen 1 F 173/09) |
Tenor
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Eine Kostenentscheidung sowie die Festsetzung des Verfahrenswertes sind im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe nicht veranlasst.
Gründe
I. Das AG hat die Ehe der Beteiligten mit Urteil vom 11.8.2010 geschieden (Ziff. 1) und das Versorgungsausgleichsverfahren gem. § 628 Ziff. 4 ZPO abgetrennt.
Das AG hat mit Beschluss vom 19.1.2011, rechtskräftig seit dem 1.3.2011, festgestellt, dass zwischen den Beteiligten gemäß Schriftsatz des Antragstellers vom 17.1.2011 und der Antragsgegnerin vom 10.1.2011 zur Erledigung des Verfahrens der nachfolgende Vergleich zustande gekommen ist:
"Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass ein Versorgungsausgleich zwischen ihnen nicht stattfindet"
Mit Schriftsatz vom 14.4.2011 beantragte die Antragsgegnerin, die im Verfahren 1 F 173/09 gewährte Prozesskostenhilfe für die Antragsgegnerin auch auf das isolierte Versorgungsausgleichsverfahren zu erstrecken.
Die Antragsgegnerin hat angeführt, ihr hätte ein rechtlicher Hinweis erteilt werden müssen, dass sie ihren Antrag umstelle. Die Entscheidung des BGH sei erst nach Beschlussfassung ergangen. Für die Antragsgegnerin sei somit nicht erkennbar gewesen, dass sie einen erneuten Antrag auf Verfahrenskostenhilfe stellen müsse.
Das AG hat mit Beschluss vom 28.4.2011 das Verfahrenskostenhilfegesuch mit der Begründung zurückgewiesen, dass nach Abschluss des Verfahrens kein Raum mehr für eine Bewilligung sei. Der BGH habe am 16.2.2011 entschieden, dass in Fällen, in denen der Versorgungsausgleich vom Scheidungsverbund nach altem Recht abgetrennt wurde, das Verfahren den Charakter als Folgesache verloren habe und als selbständiges Verfahren fortzuführen sei. Eine Erstreckung der im Scheidungsverbund gewährten Prozesskostenhilfe auf das isolierte Versorgungsausgleichsverfahren sei daher zurückzuweisen.
Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, die anführt, dass sich die bereits für das Scheidungsverbundverfahren bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf das vorliegende Verfahren beziehe. Die Rechtsfrage, ob abgetrennte Versorgungsausgleichssachen weiterhin Folgesachen oder ein eigenständiges Verfahren seien, sei noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung streitig gewesen. Es hätte demnach eines richterlichen Hinweises bedurft, dass ein neuer Antrag zu stellen sei.
Die Antragsgegnerin habe mit Schreiben vom 27.1.2011, also noch vor der Entscheidung des BGH, eine Abrechnung nach altem Recht vorgenommen. Diese sei wegen der Festsetzung der Gebühr für den Vergleich gerügt worden. Der Hinweis, dass die Abrechnung offensichtlich im getrennt abzurechnenden Versorgungsausgleichsverfahren vorzunehmen sei, sei wiederum nicht erfolgt. Erst mit Schreiben vom 11.4.2011 sei die Antragsgegnerin auf die Entscheidung des BGH vom 16.2.2011 hingewiesen worden.
Das AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 18.5.2011 nicht abgeholfen.
II. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 76 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthaft und im Übrigen in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden; insbesondere ist sie fristgerecht (§§ 127 Abs. 2 S. 3, 569 Abs. 1 S. 1 ZPO) eingelegt worden.
Sie führt in der Sache jedoch nicht zum Erfolg.
In Fällen wie dem vorliegenden, in denen der Versorgungsausgleich vom Scheidungsverbund nach altem Recht abgetrennt wurde und nach neuem Recht als selbständige Familiensache fortzuführen ist, handelt es sich um eine selbständige Familiensache. Nach der Entscheidung des BGH spricht der Wortlaut des Art. 111 Abs. 4 FGG-RG, wonach die von einem Scheidungsverbund nach altem Recht abgetrennten Verfahren zum Versorgungsausgleich bei Wiederaufnahme nach dem 1.9.2009 als "selbständige Famil...