Verfahrensgang
AG Erfurt (Beschluss vom 18.06.2024; Aktenzeichen VI 506/17) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Freistaates Thüringen gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Erfurt vom 18.06.2024 wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 27.06.2023 hat das Amtsgericht festgestellt, dass ein anderer Erbe als der Fiskus des Freistaates Thüringen nicht vorhanden ist.
Hinsichtlich der Auslagen für die öffentliche Aufforderung zur Anmeldung möglicher Erbrechte am Nachlass wurden gegenüber dem Freistaat Thüringen mit Rechnung vom 16.08.2023 Kosten in Höhe von 35,70 EUR in Ansatz gebracht. Die Justizzahlstelle hat diese Kosten am 05.09.2023 niedergeschlagen. Nachdem die Bezirksrevisorin bei dem Landgericht Erfurt Einwände gegen die Niederschlagung vorgebracht hat, wurde die Niederschlagung am 23.10.2023 zurückgenommen.
Gegen die Kostenrechnung vom 16.08.2023 hat daraufhin der Freistaat Thüringen am 07.02.2024 Erinnerung eingelegt und sich auf die "Verschweigenseinrede" des § 1974 berufen, da nach dem Erbfall bereits mehr als 5 Jahre verstrichen seien.
Die Bezirksrevisorin hält demgegenüber eine Anwendbarkeit des § 1974 BGB auf Forderungen, die erst nach Ablauf der Ausschlussfrist entstehen nicht für gegeben.
Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem Richter zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Beschluss vom 18.06.2024 hat der Richter die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen und die Beschwerde zugelassen.
Gegen die Zurückweisung der Beschwerde wendet sich der Freistaat Thüringen mit seiner Beschwerde. Er hält an seiner Auffassung fest, dass nach Ablauf von 5 Jahren Forderungen nicht mehr geltend gemacht werden können.
II. Die Beschwerde des Freistaates Thüringen ist nach deren Zulassung statthaft, § 81 Abs. 2 und 3 S. 4 GNotKG und zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
a) Der Kostenansatz in der Kostenrechnung vom 16.08.2023 ist nicht zu beanstanden. Es handelt sich hierbei um Auslagen, für die gemäß § 2 Abs. 4 GNotKG i.V.m. § 24 Nr. 9 GNotKG der Erbe haftet. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer bereits selbst keine kostenrechtlichen Einwendungen gegen die angesetzten Kosten als solche erhoben.
b) Über den Einwand eines Erben, dass er für die Gerichtskosten nur beschränkt nach § 1974 BGB i.V.m. § 1973 BGB hafte, ist im Erinnerungsverfahren nach § 88 Abs. 1 GNotKG nicht zu entscheiden (vgl. OLG München, OLG München, Beschluss vom 12.05.1993 - 11 W 1407/93 - JurBüro1994, 112; FG Düsseldorf, Beschluss vom 15.06.2023 - 2 Ko 2692/22 GK ; FG, Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.07.1991 - 3 Ko190/90; vgl. auch Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht, 3. Auflage, § 780 ZPO Rn. 7; MüKo/Schmidt/Brinkmann, ZPO, 6. Aufl., § 780 Rn. 3). Vielmehr kann eine Erinnerung nach § 81 Abs. 1 GNotKG nur den Kostenansatz an sich zum Gegenstand haben. Zu solchen nicht auf dem Kostenrecht beruhenden Einwendungen gehört u.a. die Berufung auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme der beschränkten Erbenhaftung. Die Verschweigungseinrede nach § 1974 BGB, die zum Vorbehalt nach § 780 ZPO führt (vgl. Hess. LAG, Urteil vom 2. Oktober 2007 - 8/11 Sa 2110/06 -, juris), hat keine unmittelbare Wirkung. Sie hindert nicht ohne weiteres die Vollstreckung in das gesamte Vermögen des Erben, sondern sichert diesem grundsätzlich nur die Möglichkeit, die Haftungsbeschränkung im Rahmen der Vollstreckung geltend zu machen, so dass die Geltendmachung des Einwandes regelmäßig erst in dem Vollstreckungsverfahren und nicht schon gegen die Kostenrechnung an sich in Betracht kommt (vgl. FG Düsseldorf, a.a.O.). Derartige Einwendungen können daher nur nach den Vorschriften der Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO) Berücksichtigung finden. Zwar sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO solche Einwendungen gegen Gerichtskostenforderungen nach § 1 Abs. 1 Nummer 4 JBeitrO, die den im Wege der Zwangsvollstreckung beizutreibenden Anspruch selbst betreffen, vom Schuldner gerichtlich nach den Vorschriften über die Erinnerung gegen den Kostenansatz geltend zu machen. Die Erinnerung hat insoweit die Funktion der sonst für diesen Bereich nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrO ausgeschlossenen Vollstreckungsabwehrklage (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Oktober 2008 - 1 BvR 1356/03 -, juris; BFH-Beschluss vom 15.11.2007, IX E 11/07 - juris). Vorliegend ist jedoch weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass zum Zeitpunkt der Einlegung der Erinnerung bereits Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Beschwerdeführer zur Durchsetzung der Kostenrechnung ergriffen worden wären (vgl. FG Düsseldorf, a.a.O.).
Höchstvorsorglich weist der Senat darauf hin, dass entgegen der Ansicht des Amtsgerichts sich der Beschwerdeführer wohl mit Erfolg die auf "Verschweigungseinrede" gemäß § 1974 BGB berufen kann. Danach steht ein Nachlassgläubiger, der seine Forderung später als fünf Jahre nach dem Erbfall dem Erben gegenüber geltend macht, einem ausgeschlossenen Gläubiger gleich, es se...