Verfahrensgang
LG Erfurt (Entscheidung vom 11.04.2003; Aktenzeichen StVK 28/03) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Erfurt vom 11.04.2003 aufgehoben.
Dem Verurteilten wird Rechtsanwalt K. W., Bad Salzungen als Pflichtverteidiger im Strafvollstreckungsverfahren betreffend die Entscheidung über die Aussetzung des Restes der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Bezirksgerichts Halle vom 23.03.1989 beigeordnet.
Die Kosten der Beschwerde und die dem Verurteilten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Bezirksgerichts Halle vom 23.03.1989 u.a. wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Das Landgericht Meiningen stellte mit Beschluss vom 20.12.2000 die besondere Schwere der Schuld fest. Der Verurteilte beabsichtigt nunmehr, einen Antrag auf Aussetzung der Reststrafe vorzubereiten und einen Verlegungsantrag in eine andere Justizvollzugsanstalt zu stellen. Dazu möchte er sich der Hilfe eines Rechtsanwalts bedienen und hat deshalb die Beiordnung eines Pflichtverteidigers beantragt. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Erfurt wies den Antrag des Verurteilten durch Beschluss vom 11.04.2003 als unbegründet zurück. Mit Schreiben vom 22.04.2003 legte der Verurteilte gegen diesen Beschluss Beschwerde ein. Daraufhin übersandte das Landgericht Erfurt die Akten dem Thüringer Oberlandesgericht, ohne zuvor über die Abhilfe zu entscheiden.
Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft beantragt in ihrer Stellungnahme vom 28.05.2003, die Beschwerde zu verwerfen.
II.
Das als einfache Beschwerde auszulegende statthafte und formgerecht eingelegte Rechtsmittel ist begründet.
Der Senat kann über das Rechtsmittel in der Sache entscheiden, obwohl das Landgericht nicht gem. § 306 Abs. 2 StPO über die Abhilfe entschieden hat. Eine Zurückverweisung ist weder im Hinblick auf eine Beschleunigung des Verfahrens noch mangels Möglichkeit, in der Sache zu entscheiden, veranlasst (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 306 Rn. 10).
Die sofortige Beschwerde hat Erfolg, weil dem Antrag des Beschwerdeführers auf Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Vollsteckungsverfahrens stattzugeben ist.
Im Strafvollstreckungsverfahren kann in entsprechender Anwendung des § 140 Abs. 2 StPO ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn die Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage, die Bedeutung der Entscheidung für den Betroffenen oder die Unfähigkeit des Verurteilten, seine Rechte sachgerecht wahrzunehmen, dies gebietet (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 140 Rn. 33 m. N. aus der Rechtsprechung; Senatsbeschluss vom 13.05.2003, Az.: 1 Ws 179/03).
Die Entscheidung über die Dauer der weiteren Strafverbüßung bei lebenslanger Freiheitsstrafe, insbesondere in Fällen, in denen die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten festgestellt wurde, ist für den Verurteilten von solchem Gewicht, dass er von Verfassungswegen einer Verteidigung bedarf, es sei denn, die Voraussetzungen einer Strafaussetzung liegen zweifelsfrei vor (so BVerfG NJW 1992, 2947, 2954). Da
die Voraussetzungen einer Strafaussetzung hier nicht zweifelsfrei vorliegen, ist dem Beschwerdeführer ein Pflichtverteidiger beizuordnen. Dass der Verurteilte schon bisher im Strafvollstreckungsverfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten wurde, steht der Bestellung eines Pflichtverteidigers nicht entgegen. Der von Rechtsanwalt K. W. namens des Verurteilten mit Schriftsatz vom 09.01.2003 gestellte Antrag, ihn als Pflichtverteidiger im Strafvollstreckungsverfahren beizuordnen, enthält zugleich die stillschweigende Erklärung, die Wahlverteidigung solle mit der Beiordnung enden (Meyer-Goßner, a.a.O., § 142 Rn. 7).
Der Senat konnte gem. § 309 Abs. 2 StPO nach Aufhebung des angefochtenen Beschlusses in der Sache selbst entscheiden, ohne hieran durch § 141 Abs. 4 StPO gehindert zu sein (siehe Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 141 Rn. 6).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 467 Abs. 1 StPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2577826 |
NStZ-RR 2003, 284 |
StV 2003, 684 |