Entscheidungsstichwort (Thema)

Umdeutung einer Beschwerde gegen Arrestanordnung in Antrag auf Aufhebung des Arrests nach Anklageerhebung

 

Leitsatz (amtlich)

Die nach Erlass der angefochtenen Entscheidung zuständig gewordene Strafkammer muss die Beschwerde in einen Antrag auf Aufhebung der beschwerenden Maßnahme umdeuten und mit Gründen bescheiden. Dagegen ist dann eine Beschwerde möglich, über die das Oberlandesgericht zu entscheiden hat.

Zwar enthält die Strafprozessordnung keine allgemeinen Verfahrensvorschriften für den Fall, dass nach Übergang der gerichtlichen Zuständigkeit durch Anklageerhebung eine Beschwerde noch nicht beschieden ist. Jedoch ergibt sich aus den Regelungen über die Untersuchungshaft und die Beschlagnahme der allgemeine Rechtsgedanke, dass eine noch nicht beschiedene Beschwerde in einen an das erkennende Gericht gerichteter Antrag auf Aufhebung der beschwerenden Entscheidung umzudeuten ist.

 

Normenkette

StPO §§ 111d, 304

 

Verfahrensgang

LG Suhl (Aktenzeichen 541 Js 16759/05 - 1 KLs)

 

Tenor

Eine Entscheidung des Senats ist derzeit nicht veranlasst.

 

Gründe

I. Das Amtsgericht Erfurt erließ am 11.1.2008 einen Arrestbeschluss und am 5.6.2008 einen Beschlagnahmebeschluss gegen den Angeklagten.

Dagegen wandte er sich mit seiner Beschwerde vom 21.7.2008.

Das Amtsgericht Erfurt half der Beschwerde mit Beschluss vom 4.11.2008 nicht ab und bat um Vorlage der Akten an die Beschwerdekammer.

Am 13.11.2008 erhob die Staatsanwaltschaft Erfurt Anklage zum Landgericht Meiningen und wies auf die noch anstehende Entscheidung über die Beschwerde hin.

Am 25.3.2009 erließ die Große Strafkammer beim Landgericht Meiningen einen Beschluss, dass sie der Beschwerde nicht abhelfe.

Der Beschluss wurde dem Angeklagten zugestellt mit dem Bemerken, die Akten würden jetzt dem Oberlandesgericht zugeleitet.

Das Landgericht Meiningen legte dem Senat die Akten vor.

Der Thüringer Generalstaatsanwalt ist der Ansicht, eine Entscheidung des Senats sei nicht zu treffen. Zunächst müsse die Strafkammer beim Landgericht die Beschwerde in einen Antrag auf Aufhebung der Arrest- bzw. Beschlagnahmeanordnung umdeuten, in der Sache bescheiden und auf die Möglichkeit, dagegen Beschwerde zum Oberlandesgericht zu erheben, hinweisen.

II. Eine Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts ist im Hinblick auf die Beschwerde vom 21.7.2008 und die Aktenvorlage des Landgerichts Meiningen nach Nichtabhilfeentscheidung vom 25.03.2009 nicht veranlasst.

Die nach Erlass der angefochtenen Entscheidung zuständig gewordene Strafkammer muss die Beschwerde in einen Antrag auf Aufhebung der beschwerenden Maßnahme umdeuten und mit Gründen bescheiden. Dagegen wäre dann eine Beschwerde möglich, über die das Oberlandesgericht zu entscheiden hätte.

Zwar enthält die Strafprozessordnung keine allgemeinen Verfahrensvorschriften für den Fall, dass nach Übergang der gerichtlichen Zuständigkeit durch Anklageerhebung eine Beschwerde noch nicht beschieden ist. Jedoch ergibt sich aus den Regelungen über die Untersuchungshaft und die Beschlagnahme der allgemeine Rechtsgedanke, dass eine noch nicht beschiedene Beschwerde in einen an das erkennende Gericht gerichteten Antrag auf Aufhebung der beschwerenden Entscheidung umzudeuten ist. So wird etwa eine Haftbeschwerde dann in einen Haftprüfungsantrag umgedeutet. Erst gegen die Entscheidung darüber ist dann die Beschwerde zulässig. Ebenso ist es in § 98 Abs. 2 Satz 3 StPO für die Beschlagnahme geregelt. Ähnliches gilt bei vorläufiger Entziehung der Fahrerlaubnis (vgl. zum Ganzen OLG Stuttgart NStZ-RR 2003, 142).

Zwar hat das Landgericht Meiningen bereits eine Entscheidung getroffen. Dies gibt aber noch keinen Anlass zu einer Entscheidung des Oberlandesgerichts. Denn gegen den Beschluss des Landgerichts Meiningen ist keine Beschwerde eingelegt worden.

Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts ist erst geboten, wenn der Beschwerdeführer gegen den begründeten Ablehnungsbeschluss Beschwerde einlegt. Allerdings erging an den Beschwerdeführer ein Hinweis, dass die Akten dem Oberlandesgericht vorgelegt würden. Er wird daher darauf hingewiesen, dass gegen die Entscheidung des Landgerichts die Beschwerde gegeben ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2602570

wistra 2010, 80

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