Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderung eines im einstweiligen Anordnungsverfahren abgeschlossenen Vergleiches; Wahlrecht zwischen einem Vorgehen nach § 54 Abs. 1 und 2 FamFG oder einem Antrag auf negative Feststellung zur Abänderung eines im einstweiligen Anordnungsverfahren abgeschlossenen Vergleichs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Vergleich, der im einstweiligen Anordnungsverfahren abgeschlossen wurde, stellt nur dann einen Titel i S des § 239 FamFG dar, wenn die Beteiligten dem Vergleich eine weitergehende Wirkung beigemessen haben.

2. Für den Abänderungsantragsteller besteht für den Fall, dass dem Vergleich keine weitergehende Wirkung beigemessen wurde, ein Wahlrecht zwischen einem Vorgehen nach § 54 Abs. 1 oder 2 FamFG oder einem Antrag auf negative Feststellung.

 

Normenkette

ZPO § 127 Abs. 2; FamFG § 113 Abs. 1 S. 1, §§ 239, 52, 54 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

AG Bad Salzungen (Beschluss vom 23.02.2011; Aktenzeichen 2 F 62/11)

 

Tenor

1. Der Beschluss des AG - Familiengericht - Bad Salzungen vom 23.2.2011 - 2 F 62/11, wird aufgehoben.

Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung über den Antrag des Antragstellers an das AG - Familiengericht - Bad Salzungen zurückgegeben.

2. Das Gericht erster Instanz wird angewiesen, den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung zu versagen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind seit Mai 2008 getrennt lebende Eheleute. Beim AG Bad Salzungen ist derzeit ein Ehescheidungsverfahren anhängig (Az. 2 F 122/09).

Im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens schlossen die Eheleute am 22.10.2009 einen Vergleich:

"1. In Abänderung des Beschlusses des AG Bad Salzungen vom 24.3.2005 (Az. 1 F 99/05) verpflichtet sich der Antragsgegner, ab dem 1.9.2009 für die Dauer des Getrenntlebens einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 700 EUR an die Antragstellerin zu zahlen".

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 22.10.2009 (Az. 2 F 284/09, B. 59 - 60d A) Bezug genommen.

Mit seinem Antrag vom 31.1.2011 beansprucht der Antragsteller den Wegfall der in dem vorgenannten Vergleich festgelegten Unterhaltsbeträge ab Januar 2011 aufgrund einer von ihm behaupteten Verringerung seines monatlichen Einkommens.

Das AG hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 23.2.2011 dem Antragsteller die begehrte Verfahrenskostenhilfe verweigert. Zur Begründung wird ausgeführt, der Antragsteller beanspruche Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag wegen Änderung des Trennungsunterhalts mit dem er erreichen wolle, ab Januar 2011 keinen Unterhalt mehr an die Antragsgegnerin zahlen zu müssen. Er trage hierzu vor, dass er sich auf Grund des titulierten Trennungsunterhalts in einem finanziellen Notstand befinde. Sein für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehendes Einkommen betrage unter Berücksichtigung von Pfändungen, Miete und Versicherungen nur 527,10 EUR.

Verfahrenskostenhilfe könne mangels hinreichender Erfolgsaussicht nicht bewilligt werden. Der Abänderungsantrag sei bereits unzulässig. Der Vergleich sei in einem einstweiligen Anordnungsverfahren geschlossen worden. Gegen im einstweiligen Anordnungsverfahren geschaffene Titel finde ein Abänderungsverfahren nach § 238 oder § 239 FamFG nicht statt. Eine Umdeutung seines Antrages in einen Antrag nach § 54 Abs. 1 FamFG erscheine zweifelhaft.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

Der Antragsteller stützt nunmehr sein Begehren im Beschwerdeverfahren auf § 51 Abs. 1 FamFG und trägt vor, er begründe seinen Abänderungsantrag damit, dass erst nach Abschluss des Unterhaltsvergleichs im Oktober 2009 entsprechende Pfändungen auf Grund ehegemeinsamer Schulden durchgeführt worden seien, erstmals im Juli 2010. Im Einzelnen:

Im Monat

Gepfändeter Betrag

Verbleibendes Nettoeinkommen

Juli 2010

535,40 EUR

1217,57 EUR

August 2010

598,40 EUR

1369,55 EUR

September 2010

395,40 EUR

1481,31 EUR

Oktober 2010

493,40 EUR

1197,44 EUR

November 2010

444,40 EUR

1656,77 EUR

Dezember 2010

647,40 EUR

1587,30 EUR

Das im hälftigen Miteigentum der Parteien stehende Wohngrundstück in der B. in B. S. sei zwangsversteigert worden und gegen den Antragsteller sei noch eine Restforderung i.H.v. 58635,15 EUR verblieben. Dass es sich hier um ehegemeinsame Schulden handele, werde glaubhaft gemacht mit der Niederschrift der Berichtigungsurkunde Nr. der Notarin M. vom 25.8.2008.

Dass die durchgeführten Pfändungen der Antragsgegnerin sich ständig gegen den Selbstbehalt des Antragstellers gerichtet haben, zeigten die entsprechenden Konto- bzw. Lohnpfändungen der Antragsgegnerin. Dies werde besonders deutlich im Januar 2011, wo hier zwei Pfändungen von insgesamt 888,01 EUR erfolgt seien, wobei die Antragsgegnerin vorrangig Kontopfändungen vorgenommen habe.

Im Streit stünden neben den ehegemeinsamen Schulden, die der Antragsteller zu bedienen habe noch berufsbedingte Fahrtkosten. Er zahle auf einen Leasingvertrag für das Auto monatlich 170 EUR. Es fielen monatlich 250 EUR für Fahrtkosten von I. nach W...

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