Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensunterbrechung hinsichtlich der bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens fälligen Unterhaltsansprüche; Zurückverweisung gem. § 117 Abs. 2 S. 1 FamFG; Trennungsjahr und Verpflichtung zur Aufnahme/Ausdehnung einer Arbeitstätigkeit; Voraussetzungen des Vorwegabzugs des Unterhalts für gemeinsame volljährige nicht privilegierte Kinder
Leitsatz (amtlich)
Das Verfahren ist auf Grund der am 8.3.2011 erfolgten Eröffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragsgegners hinsichtlich der bis 8.3.2011 fällig gewordenen Ansprüche unterbrochen, § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 240 ZPO
Familienrechtliche Unterhaltsansprüche, die bis zur Eröffnung des Insolvenz-verfahrens fällig geworden waren (Rückstände), sind als normale Insolvenz-forderungen (vgl. § 40 InsO) beim Insolvenzverwalter zur Eintragung in die Tabelle (§§ 174, 175 InsO) anzumelden
Die hierauf gestützte Anfechtung rechtfertigt die Zurückverweisung gem. § 117 Abs. 2 S. 1 FamFG, § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
Es oblag der durchgängig erwerbstätigen Antragstellerin, nach Ablauf von sechs Monaten nach der Trennung gesteigerte Bemühungen zu entfalten, eine abhängige Tätigkeit zu finden.
Ein Vorwegabzug des Unterhalts für gemeinsame volljährige nicht privilegierte Kinder unterbleibt, wenn sich andernfalls ein Missverhältnis zum wechselseitigen Lebensbedarf der Beteiligten ergibt.
Normenkette
FamFG § 113 Abs. 1 S. 2; ZPO § 240; InsO §§ 40, 174-175; FamFG § 117 Abs. 2 S. 1; ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1; BGB §§ 1361, 1609
Verfahrensgang
AG Heilbad Heiligenstadt (Aktenzeichen 5 F 479/10) |
Tenor
Dem Antragsgegner wird für die Rechtsverfolgung in dem Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ... bewilligt.
Der Antragsgegner hat beginnend ab dem 1.10.2011 monatliche Raten i.H.v. 30 EUR an die Landeskasse zu zahlen.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat den Antragsgegner vor dem AG im Wege des Stufenantrages auf Auskunftserteilung und Zahlung des sich daraus ergebenden Trennungsunterhalts ab Juni 2010 in Anspruch genommen.
Die Eheleute haben am 1.1.1998 die Ehe geschlossen; der Antragsgegner ist am 7.6.2010 aus der Ehewohnung, die im Alleineigentum der Antragstellerin steht, ausgezogen.
Die Antragstellerin wohnt im eigenen Haus. Die Antragstellerin ist gelernte Verwaltungsfachangestellte und hat bis zum 30.5.2005 bei der Bundeswehrveraltung gearbeitet. Sie hat im Einverständnis mit dem Antragsgegner gekündigt und betreibt einen kleinen Laden für Reiterzubehör; mit diesem erwirtschaftet sie jedoch keine Einnahmen. Sie erhält eine monatliche Pacht i.H.v. 44,17 EUR.
Die Antragstellerin hat verschiedene Versicherungen aufgelöst und von der ... Unfallversicherung 1414,30 EUR, von der ... Lebensversicherung 7999,26 EUR und von der ... SterbeKasse Anfang 2011 740,58 EUR erhalten.
Der Antragsgegner ist Verwaltungsbeamter im mittleren Dienst.
Das AG hat den Antragsgegner durch Versäumnisbeschluss vom 16.11.2010, zugestellt am 18.11.2010, verpflichtet, an die Antragstellerin einen monatlichen Trennungsunterhalt i.H.v. 764 EUR ab Oktober 2010 zu zahlen.
Hiergegen richtet sich der Einspruch des Antragsgegners, eingegangen am 2.12.2010.
Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 2.12.2010 beantragt, unter Aufhebung des Versäumnisbeschlusses des AG Heiligenstadt vom 16.11.2010 den Antrag zurückzuweisen.
Wegen der Antragstellung der Antragstellerin wird Bezug genommen auf den Beschluss des AG vom 31.5.2011.
Das AG hat den Antragsgegner mit Beschluss vom 31.5.2011 verpflichtet, an die Antragstellerin Trennungsunterhalt für September 2010 i.H.v. 73,75 EUR nebst Zinsen, für Oktober bis Dezember 2010 i.H.v. jeweils 478,41 EUR pro Monat und ab Januar 2011 i.H.v. 200,19 EUR zu zahlen.
Das AG hat zur Begründung ausgeführt, der Antragsgegner habe von Juni bis Dezember 2010 ein durchschnittliches Nettoeinkommen i.H.v. |
2543,42 EUR |
bezogen. Er habe Fahrtkosten i.H.v. |
432 EUR, |
Aufwendungen für eine private Krankenversicherung als Beamter |
158,74 EUR, |
Aufwendungen für die Krankenversicherung der Antragstellerin |
196,87 EUR, |
Altersvorsorgeaufwand |
31 EUR. |
Es verbleibe ein bereinigtes Nettoeinkommen i.H.v. |
1724,81 EUR. |
Ab Januar 2011 betrage das Nettoeinkommen des Antragsgegners |
2277,16 EUR. |
Nach Abzug der o.g. Posten betrage das bereinigte Nettoeinkommen 1958,55 EUR (richtig 1458,55 EUR).
Im Juni 2010 habe der Antragsgegner folgende Verbindlichkeiten getragen:
L. |
36 EUR |
Kredit ... GmbH |
298,96 EUR |
Pkw-Darlehen der Antragstellerin |
383,67 EUR |
Kredit ... |
208,91 EUR |
...-Kredit |
167,76 EUR |
Im Juli 2010 sei die Rate für den Pkw (383,67 EUR) weggefallen.
August 2010:
L. |
36 EUR |
Kredit ... GmbH |
237,73 EUR |
Kredit ... |
204,65 EUR |
...-Kredit |
167,76 EUR |
September 2010: |
|
L. |
80,75 EUR |
Kredit ... |
104,65 EUR |
...-Kredit |
167,76 EUR |
Das AG hat zur Begründung ausgeführt, der Antragsgegner schulde den eheangemessenen Trennungsunterhalt gem. § 1361 BGB.
Das Familieneinkommen sei vom Einkommen des Antragsgegners geprägt wo...