Leitsatz (amtlich)
Das Gericht darf die Anberaumung eines Termins über die Widerklage nicht von der Einzahlung der Verfahrensgebühr für die Widerklage abhängig machen.
Verfahrensgang
LG Mühlhausen (Beschluss vom 05.07.2007; Aktenzeichen 6 O 1078/02) |
Tenor
Der Beschluss des LG Mühlhausen vom 5.7.2007 wird aufgehoben.
Das LG wird angewiesen, Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung zu bestimmen.
Gründe
I. Mit der ursprünglichen Klage hat die Klägerin die nunmehrige Insolvenzschuldnerin T/ABG W. GmbH & Co. KG auf Bewilligung der Löschung einer Grundbucheintragung in Anspruch genommen.
Diese hat mit Widerklage vom 30.1.2003 einen Anspruch auf Zahlung i.H.v. 8.154.011,98 EUR geltend gemacht.
Im Termin vom 12.6.2003 ist zu Klage und Widerklage mündlich verhandelt worden.
Aufgrund der mit Beschluss des AG Hannover vom 14.10.2003 angeordneten vorläufigen Insolvenzverwaltung über das Vermögen der nunmehrigen Insolvenzschuldnerin in Verbindung mit einem allgemeinen Verfügungsverbot ist das Verfahren unterbrochen gewesen.
Mit Schriftsatz vom 28.12.2006 hat der als Insolvenzverwalter bestellte Beklagte die Aufnahme des Rechtsstreits gem. § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO erklärt.
Eine Aufnahme des Verfahrens durch die Klägerin ist bislang nicht erfolgt.
Das LG hat mit dem angefochtenen Beschl. v. 5.7.2007 - nach vorherigem Hinweis - die Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung davon abhängig gemacht, dass der Beklagte für die Widerklage einen "Auslagenvorschuss" von 78.168 EUR einzahlt.
Zur Begründung wird ausgeführt, da allein der Beklagte die Wiederaufnahme begehre, stehe die Vorschrift des § 12 Abs. 2 GKG der Abhängigmachung der Terminsanberaumung von der vorherigen Zahlung nicht entgegen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses Bezug genommen.
Der Beklagte hat gegen diesen Beschluss mit Schriftsatz vom 30.7.2007 Beschwerde eingelegt und deren spätere Begründung angekündigt.
Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 3.9.2007 nicht abgeholfen.
Eine Beschwerdebegründung ist auch nachträglich nicht eingegangen.
II. Die Beschwerde des Beklagten ist zulässig (§§ 67 Abs. 1 i.V.m. 66 Abs. 5 S. 1 und 4 GKG).
Sie hat auch in der Sache Erfolg, denn das LG durfte die Anberaumung des Termins zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung nicht von der Vorauszahlung des geforderten Betrages abhängig machen.
Die Tätigkeit der Gerichte darf nicht in weiterem Umfang von der Sicherstellung oder Zahlung von Kosten abhängig gemacht werden, als die Prozessordnungen und das Gerichtskostengesetz gestatten (§ 10 GKG).
Die Erhebung eines Auslagenvorschusses ist gem. § 17 GKG vorgesehen für vom Gericht vorzunehmende Handlungen, mit denen Auslagen verbunden sind, d.h. in der Praxis insbesondere für die Ladung von Zeugen und die Beauftragung von Sachverständigen. Darum geht es vorliegend jedoch nicht. Der Begriff "Auslagenvorschuss" ist vom LG offensichtlich irrtümlich verwendet worden. Wie sich aus der auf § 12 Abs. 1 GKG abstellenden Begründung des angefochtenen Beschlusses ergibt, wollte das LG sein Tätigwerden von der Zahlung der allgemeinen Verfahrensgebühr für die Widerklage abhängig machen.
Auch dies ist jedoch rechtsfehlerhaft.
Gemäß § 12 Abs. 1 GKG soll in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Klage erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt werden; bei Klageerweiterung soll vor entsprechender Zahlung keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden.
Eine Vorauszahlungspflicht besteht jedoch nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 12 Abs. 2 Nr. 1 GKG nicht für die Widerklage.
Zwar entsteht auch für die Widerklage mit deren Einreichung die Kostenschuld des Widerklägers in Höhe der allgemeinen Verfahrensgebühr mit gleichzeitiger Fälligkeit gem. § 6 GKG und ist daher auch sofort beitreibbar. Im Gegensatz zur Klageerhebung darf das Gericht aber sein Tätigwerden in Bezug auf die Widerklage nicht von der Vorauszahlung dieser Gebühr abhängig machen (OLG München MDR 2003, 1077; Oestreich/Winter/Hellstab, GKG-Komm., § 12 Rz. 10; Binz/Döndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG/JVEG-Komm., § 12 GKG Rz. 14; Meyer, GKG-Komm. 9. Aufl., § 12 Rz. 7).
Diese unterschiedliche Behandlung entspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, der dem Vorschlag der Bundesregierung in ihrem Entwurf zum Kostenrechtsänderungsgesetz 1975, eine Vorauszahlungspflicht auch für die Widerklage einzuführen, nicht entsprochen hat (Oestreich/Winter/Hellstab, GKG-Komm., § 12 Rz. 10 m.w.N.).
Die vom Beklagten aufgenommene Widerklage ist zwar ggü. der ursprünglichen Klage selbständig und kann - wie hier infolge der Nichtaufnahme des Verfahrens durch die Klägerin - eine getrennte Entwicklung nehmen (s. Senatsentscheidung vom 9.10.2001 - 5 W 278/01, NZI 2002,112).
Dennoch bleibt sie Widerklage.
Angesichts der eindeutigen Gesetzeslage kommt eine analoge Anwendung des § 12 Abs. 1 GKG weder aus fiskalischen noch aus Billigkeitsgesichtspunkten in Betracht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der in dem angefochtenen Beschluss zitierten Entscheidung des ...