Entscheidungsstichwort (Thema)

Strafvollstreckung. funktionelle Zuständigkeit. Widerruf der Strafaussetzung. erkennendes Gericht. Strafvollstreckungskammer. Rechtsmittel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zuständigkeit für den Bewährungswiderruf geht mit der Aufnahme des Verurteilten in den Strafvollzug auch dann auf die Strafvollstreckungskammer über, wenn bereits das erkennende Gericht mit dem Widerruf befasst war.

2. Hat dennoch das erkennende Gericht über den Widerruf entschieden, hat das Beschwerdegericht die Sache an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen, selbst wenn das Beschwerdegericht sowohl für Beschwerden gegen Entscheidungen des erkennenden Gerichts als auch für Beschwerden gegen Entscheidungen der Strafvollsteckungskammer zuständig ist.

 

Normenkette

StPO § 309 Abs. 2, § 462a; GVG §§ 78a, 78b

 

Tenor

1. Der Beschluss des Landgerichts E vom 28.07.2011 wird aufgehoben.

2. Die Sache wird zu erneuter Prüfung und Entscheidung an die zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts E zurückverwiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Verurteilten fallen der Staatskasse zur Last.

 

Gründe

I. Der Verurteilte war durch Urteil der 7. Strafkammer des Landgerichts E vom 22.08.2008, rechtskräftig seit diesem Tage, wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln, Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln, unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln und vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis im Jahre 2007 unter anderem zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten verurteilt worden (830 Js 27208/08). Zuvor war gegen den Verurteilten durch seit 12.03.2008 rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts E - Strafrichter - vom 04.03.2008 wegen gefährlicher Körperverletzung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis in den Jahren 2006 und 2007 eine zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verhängt worden.

Mit Beschluss der 7. Strafkammer des Landgerichts E vom 20.07.2009, rechtskräftig seit 12.08.2009, wurde aus den den beiden Verurteilungen zugrunde liegenden Einzelfreiheitsstrafen unter dem Aktenzeichen des erstgenannten Verfahrens nachträglich eine Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren gebildet, die für die Dauer von 3 Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Am 04.08.2010 erging gegen den Verurteilten wegen des Verdachts der Verabredung zu einem Verbrechen des schweren Raubes in Gestalt eines Überfalls auf eine Sparkassenfiliale in K ein Haftbefehl des Amtsgerichts M, aufgrund dessen er am selben Tage in Untersuchungshaft genommen und in die Justizvollzugsanstalt T eingeliefert wurde. Das diesbezügliche Strafverfahren wurde unter dem Aktenzeichen 340 Js 52288/10 geführt.

Im Hinblick darauf beantragte die Staatsanwaltschaft Gera mit Verfügung vom 05.10.2010 bei der 7. Strafkammer des Landgerichts E, die gewährte Strafaussetzung zur Bewährung zu widerrufen, wobei sie sich einverstanden erklärte, den Ausgang des Strafverfahrens 340 Js 52288/10 abzuwarten.

Durch Urteil der 2. Strafkammer des Landgerichts E vom 11.04.2011 wurde der Verurteilte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unter Vorwegvollzug eines Jahres der Gesamtfreiheitsstrafe und Anrechnung der in dem Strafverfahren 340 Js 52288/10 erlittenen Untersuchungshaft auf diese verurteilt (682 Js 22511/10). Ab Eintritt der Rechtskraft der Verurteilung am 19.04.2011 verbüßte der Verurteilte im Rahmen des Vorwegvollzuges die Gesamtfreiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt T. In der Folgezeit gelangte eine am 28.04.2011 hergestellte Ausfertigung des Urteils mit Rechtskraftvermerk zum hiesigen Bewährungsheft, das der Vorsitzende der 7. Strafkammer hierauf mit Verfügung vom 29.04.2011 der Staatsanwaltschaft Gera zur Stellungnahme zuleitete.

Wegen dieser neuen Verurteilung beantragte die Staatsanwaltschaft Gera (erneut) mit Verfügung vom 04.05.2011 den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung.

Mit Beschluss vom 28.07.2011 hat die 7. Strafkammer des Landgerichts E die bewilligte Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Gesamtstrafenbeschluss vom 20.07.2009 nach § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB widerrufen, nachdem sie dem Verurteilten zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem letzten Widerrufsantrag der Staatsanwaltschaft gegeben hatte. Der Widerrufsbeschluss ist dem Verurteilten, der am 03.08.2011 zur Vollstreckung der Maßregel in das Landesfachkrankenhaus H verlegt worden ist, dort am 10.08.2011 zugestellt worden. Mit Schriftsatz seines Verteidigers hat der Verurteilte am 15.08.2011 sofortige Beschwerde gegen den Bewährungswiderruf erhoben.

Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft hat mit Vorlage der Akte an den Senat am 31.08.2011 beantragt, die sofortige Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II. 1. Die sofortige Beschwerde des Verurteilten ist nach § ...

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