Verfahrensgang
LG Gera (Entscheidung vom 04.05.2005; Aktenzeichen 1 Qs 184/05) |
AG Jena (Entscheidung vom 18.04.2005; Aktenzeichen 506 Js 10764/04 - 1 Ls) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde des Angeklagten werden der Beschluss des Amtsgerichts Jena vom 18.04.2005 sowie der Beschluss des Landgerichts Gera vom 04.05.2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die Haftprüfungsanträge des Angeklagten vom 20.03.2005 sowie 04.04.2005 an das Amtsgericht Jena zurückverwiesen.
Gründe
I.
Gegen den Angeklagten erging in dieser Sache im führenden Verfahren 506 Js 10764/04 am 02.08.2004 Haftbefehl wegen des Verdachts der Begehung einer Straftat der Vergewaltigung nach § 177 Abs. 1 Nr. 1 und 3, Abs. 2 StGB. Mit Beschluss vom selben Tage wurde der Vollzug des Haftbefehls, der sich auf die Haftgründe der Fluchtgefahr, der Verdunklungsgefahr sowie der Wiederholungsgefahr stützte, gegen Auflagen, u.a. ein Kontaktverbot mit der Geschädigten, ausgesetzt.
In der Sache wurde am 01.10.2004 Anklage zum Amtsgericht Jena erhoben. Mit Beschluss vom 11.11.2004 wurde durch das Amtsgericht - Schöffengericht - Jena die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Die Hauptverhandlung findet seit dem 02.02.2005 statt.
Durch Beschluss vom 04.03.2005 im Rahmen der an diesem Tag durchgeführten Hauptverhandlung wurde der Haftbefehl wegen des Haftgrundes der Verdunklungsgefahr wieder in Vollzug gesetzt, nachdem der Zeuge W. in der Hauptverhandlung an diesem Tag erklärt hatte, dass er von einer Kontaktperson Ende Oktober 2004 gebeten worden sei, im Auftrag des Angeklagten der Geschädigten ein Angebot zu unterbreiten, die Anzeige gegen Überlassung eines erheblichen Geldbetrages zurückzunehmen. In dem Beschluss wurde vom Amtsgericht der weiter gehende Haftgrund des § 112 Abs. 2 Nr. 3 b und c StPO angenommen. Auf das Vorliegen eines dringenden Tatverdachtes ging das Gericht jedoch nicht ein.
Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde wurde durch Beschluss des Landgerichts Gera vom 09.03.2005 verworfen.
Mit Schreiben vom 20.03.2005 stellte der Angeklagte persönlich Antrag auf Haftprüfung. Dieser wurde durch die Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung vom 04.04.2005 nochmals bekräftigt.
Am 18.04.2005 fasste das Amtsgericht Jena auf die Haftprüfungsanträge folgenden Beschluss:
"Der Haftbefehl des AG Jena vom 02.08.2004, außer Vollzug gesetzt durch Beschluss vom gleichen Tage und wieder in Vollzug genommen durch Beschluss vom 04.03.2005, bleibt aus den fortbestehenden Gründen seiner Wiederinvollzugsetzung aufrecht erhalten."
Die Begründung des Beschlusses enthält ausschließlich Ausführungen zur Verdunklungsgefahr.
Gegen den Haftfortdauerbeschluss vom 18.04.2005 legte der Angeklagte mit Schreiben vom 20.04.2005 durch seine Verteidiger Beschwerde ein. Diese wurde vom Landgericht Gera mit dem angefochtenen Beschluss vom 04.05.2005 verworfen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde des Angeklagten vom 13.05.2005.
Die Thüringer Generalstaatsanwaltschaft, bei der die Sache am 24.05.2005 einging, legte die Akten mit dem Antrag,
die weitere Beschwerde zu verwerfen,
dem Senat am 27.05.2005 vor.
II.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige weitere Beschwerde hat einen -vorläufigen - Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Haftentscheidungen und zur Zurückverweisung zwecks erneuter Prüfung der Haftfortdauer durch das Amtsgericht.
Die angefochtenen Entscheidungen, namentlich der Beschluss des Amtsgerichts Jena vom 18.04.2005, genügen den Anforderungen nicht, die an eine Haftentscheidung während laufender Hauptverhandlung zu stellen sind.
Im Verfahren der Haftprüfung nach § 117 StPO hat das zuständige Gericht stets eine neue, selbstständige Prüfung des dringenden Tatverdachts, der Haftgründe sowie des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorzunehmen. Bei Haftentscheidungen während der Hauptverhandlungen ist neben den im Zeitpunkt der Haftentscheidung vorliegenden und in den Akten ausgewiesenen gerichtsverwertbaren Ermittlungsergebnissen insbesondere das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme zu berücksichtigen (vgl. BGH StV 1991, 525; KK-Boujong, § 112 Rn. 7). Dabei kommt es vor allem darauf an, ob die Entscheidung des Tatgerichts, das auf Grund der Hauptverhandlung mit der Sache besonders eingehend befasst ist, auf einer vertretbaren Wertung der z. Z. für und gegen einen dringenden Tatverdacht sprechenden Umstände beruht und ob dabei alle wesentlichen tatsächlichen Umstände berücksichtigt wurden (vgl. BGH, a.a.O., OLG Koblenz, StV 1994, 316, 317).
Vorliegend hat das Amtsgericht im Beschluss vom 18.04.2005 ersichtlich den dringenden Tatverdacht geprüft und konkludent bejaht, denn sonst hätte es eine Prüfung des Haftgrundes der Verdunklungsgefahr gar nicht vorgenommen. Jedoch verhält sich der Beschluss zu den Erwägungen, die das Gericht zum dringenden Tatverdacht angestellt hat, nicht. Es verweist zwar auf den Beschluss vom 04.03.2005 über die Wiederinvollzugsetzung des Haftbefehls. Indes erfolgt auch in jenem Besch...