Leitsatz (amtlich)
1. Bei der zweigliedrigen GmbH bedarf es für die Ausschlussklage keines Beschlusses der Gesellschafterversammlung zur Klageerhebung.
2. Vor Klageerhebung ist dem auszuschließenden Gesellschafter zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen kein rechtliches Gehör zu gewähren.
3. Das rechtsgestaltende Ausschließungsurteil darf nur unter der aufschiebenden Bedingung der Zahlung der im Urteil festzusetzenden Abfindung ergehen, sofern die dem auszuschließenden Gesellschafter zustehende Abfindung nicht bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung hinterlegt ist. Auf einen dahin gehenden Klageantrag ist hinzuwirken.
Normenkette
GmbHG § 43; AktG § 241
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Meiningen vom 10.2.2005 - HK O 142/03 - aufgehoben und wie folgt abgeändert:
Der Beklagte wird aus der im Handelsregister des AG Meiningen unter HRB 2716 eingetragenen GmbH (Klägerin) ausgeschlossen. Die Klägerin ist befugt, den Geschäftsanteil des Beklagten einzuziehen. Der Ausschluss des Beklagten sowie die Einziehung von dessen Geschäftsanteil stehen unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Klägerin innerhalb eines Zeitraums von höchstens 6 Monaten ab Rechtskraft dieser Entscheidung an den Beklagten eine Abfindung i.H.v. 14.252,26 EUR zahlt.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und auch begründet. Entgegen der Auffassung des LG Meiningen ist der von der klägerischen GmbH begehrten Ausschließung des Beklagten aus wichtigem Grund stattzugeben.
1. Es ist im Ausgangspunkt zutreffend, wenn das angegriffene Urteil ausführt, dass als Sachurteilsvoraussetzung für die Erhebung einer Ausschlussklage grundsätzlich ein wirksamer Beschluss der GmbH-Gesellschafterversammlung erforderlich ist. Dies entspricht der gefestigten Rechtsprechung des BGH (vgl. grundlegend BGHZ 9, 157 [166]; bestätigt durch BGHZ 16, 317 [322]; aus neuerer Zeit etwa BGH NZG 2003, 284; NZG 2003, 286) und auch der ganz hM im Schrifttum (vgl. nur Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., § 34 Rz. 36, m.w.N.).
2. Anders ist die Rechtslage hingegen bei der zweigliedrigen GmbH. Da dem aus wichtigem Grund auszuschließenden Gesellschafter bei der Beschlussfassung generell kein Stimmrecht zusteht (für alle: Scholz/Winter, GmbHG, 9. Aufl., § 15 Rz. 140, m.w.N.), entscheidet in dieser Konstellation letztendlich allein der Mitgesellschafter darüber, ob das Ausschließungsverfahren in Gang gesetzt werden soll oder nicht. Auch kommt dem Ausschließungsbeschluss keine materielle Bedeutung zu; vielmehr befindet allein das angerufene Gericht darüber, ob ein wichtiger Grund vorliegt, der den Ausschluss aus der GmbH rechtfertigt. Daher kann hier auf die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung ohne weiteres verzichtet werden ("Förmelei").
Mit diesem Rechtsstandpunkt befindet sich der Senat nicht nur im Einklang mit der zwischenzeitlich vorherrschenden Auffassung im Schrifttum (vgl. nur Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., § 34 Rz. 36; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., Anh § 34 Rz. 9; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., Anh § 34 Rz. 26; Scholz/Winter, GmbHG, 9. Aufl., § 15 Rz. 140), sondern auch mit der neueren Rechtsprechung des BGH, der in seiner Entscheidung (BGH v. 20.9.1999 - II ZR 345/97, GmbHR 1999, 1194 m. Anm. Bärwaldt = MDR 1999, 1459) ausgeführt hat, dass es in einer zweigliedrigen GmbH nicht erforderlich ist, dass der Mehrheitsgesellschafter im Falle der Ausschließung des Minderheitsgesellschafters einen gesonderten Gesellschafterbeschluss herbeiführt (BGH v. 20.9.1999 - II ZR 345/97, GmbHR 1999, 1194 m. Anm. Bärwaldt = MDR 1999, 1459 = NJW 1999, 3779 [3780]; vgl. dazu auch Goette, DStR 2001, 533 [534]). Damit ist der II. Zivilsenat von seiner älterer Rechtsprechung (vgl. - allerdings noch ohne nähere Problematisierung - BGHZ 16, 317 [322]; ebenso noch OLG Köln NZG 1999, 773) jedenfalls inhaltlich abgewichen.
3. Ist somit in der zweigliedrigen GmbH ein Gesellschafterbeschluss als Sachurteilsvoraussetzung für die Erhebung der Ausschließungsklage entbehrlich, so muss zwangsläufig dem auszuschließenden Gesellschafter vor einer Beschlussfassung auch kein rechtliches Gehör gewährt werden. Es ist nach Auffassung des Senats nicht einmal erforderlich, dass dem auszuschließenden Gesellschafter vor Erhebung der Ausschließungsklage Gelegenheit gegeben wird, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Denn das Erfordernis des rechtlichen Gehörs (vgl. nur Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., Anh. § 34 Rz. 9) bezweckt im Falle der mehrgliedrigen GmbH, dass die Gesellschafterversammlung vor ihrer Beschlussfassung das Für und Wider zur Kenntnis nehmen kann und insb. die GmbH-Gesellschafter, die die Ausschließung nicht aktiv betreiben, ihre Entscheidung aufgrund ausreichender Information treffen.
In der zweigliedrigen GmbH kommt d...