Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderung des Unterhalts bei Anwendung von DDR-Recht

 

Normenkette

ZPO § 323; FGB/DDR § 33 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Erfurt (Aktenzeichen 33 F 845/00)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des AG – FamG – Erfurt vom 26.6.2001, Az.: 33 F 845/00, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Kläger der Beklagten in Abänderung des Urteils des AG – FamG – Parchim vom 12.10.1998, Az.: 2 F 55/96, ab 1.8.2000 keine Unterhalt zu zahlen hat.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, sie ist vor allem form- und fristgemäß eingelegt sowie begründet worden.

Das Rechtsmittel führt jedoch nicht zum Erfolg, weil das angefochtene Urteil im Ergebnis nicht zu beanstanden ist. Die Beklagte hat gegenwärtig keinen Unterhaltszahlungsanspruch gegen den Kläger.

Da der Kläger jedoch keinen Feststellungs- sondern einen Abänderungsantrag gestellt hatte, war die Berufung der Beklagten, wie geschehen, mit der klarstellenden Maßgabe zurückzuweisen.

Da die Parteien vor dem Wirksamwerden des Beitritts im Beitrittsteil geschieden worden sind, verbleibt es für die Beurteilung der zwischen ihnen bestehenden Unterhaltsansprüche gem. Art. 234 § 5 EGBGB beim bisherigen Recht. Diese Norm regelt damit jedoch nicht ausdrücklich, ob das Unterhaltsrecht des BGB oder des FGB/DDR anzuwenden ist. Zur Bestimmung des anwendbaren Rechts ist Art. 18 EGBGB ergänzend heranzuziehen (vgl. Maurer in MünchKomm/BGB, 3. Aufl., Art. 234 § 5 EGBGB Rz. 4). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH, der der Senat folgt, ist das materielle Recht der DDR anzuwenden, wenn die Ehegatten – wie vorliegend – im Zeitpunkt des Beitritts ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten (BGH NJW 1995, 1346; so auch: Pauling in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl., § 6 Rz. 654).

Dabei gehört zum fortgeltenden Recht ebenfalls § 33 S. 1 FGB/DDR, der auch materiellen Gehalt hat und dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, nicht nur die Herabsetzung sondern sogar den Wegfall der Unterhaltszahlung zu begehren.

Die Klage auf Abänderung des Urteils des AG P. vom 12.10.1998 ist nach § 323 ZPO zulässig und begründet, weil der Kläger unbestritten eine wesentliche Änderung derjenigen Verhältnisse, die für die Verurteilung maßgeblich waren, geltend gemacht hat. Die Veränderung ist auch erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das abzuändernde Urteil ergangen ist, eingetreten. Während der Kläger 1998 noch berufstätig war und über ein durchschnittliches anrechenbares Nettoeinkommen von monatlich 3.300 DM verfügte, bezieht er nunmehr eine monatliche Rente von 1.849,07 DM.

Ebenso wie der Unterhaltsverpflichtete hat auch der Unterhaltsberechtigte kein schutzwürdiges Vertrauen am Fortbestand des Nominalunterhaltsbetrages, vielmehr sind auch bei Fortgeltung des bisherigen Rechts die Entwicklung der Einkommen und Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen (BGH NJW 1995, 1346 [1348]).

Dieser Forderung hatte zunächst auch das AG P. mit seinem Urteil vom 12.10.1998, das nach PKH-Verweigerung (Beschl. des OLG Rostock v. 21.4.1999 – 8 UF 397/98) für die dortige Klägerin und der anschließenden Rücknahme ihrer Berufung rechtskräftig geworden ist, entsprochen, als es den Unterhaltsbetrag erhöht hat. Der Beklagten sind einschließlich ihrer eigenen Rente 36,9 % des Einkommens des Klägers zugesprochen worden. Demgegenüber ist das OLG Rostock in seinem Beschluss vom 21.4.1999 sogar davon ausgegangen, dass die damalige Klägerin auch nach den sich gleichermaßen für die Parteien entwickelnden allgemeinen Lebenshaltungskosten – keinen Anspruch auf mehr als 31 % des Einkommens des geschiedenen Ehegatten habe.

Im Verfahren nach § 323 ZPO kann keine völlig von den Grundlagen des abzuändernden Urteils gelöste Neuberechnung erfolgen. Der Senat sieht sich daher an den im abzuändernden Urteil der nunmehrigen Beklagten zuerkannten Prozentsatz am Einkommen des Klägers, der im Übrigen der Rechtsprechung in der DDR, die im Bereich von 30–40 % lag, entspricht, gebunden (so auch: KG NJ 1992, 509; OLG Naumburg OLGR Naumburg 1997, 94), zumal außer der Veränderung des Einkommens des Klägers aufgrund des Renteneintritts keine anderen Umstände vorgetragen worden sind, die im Rahmen der Abänderungsklage zu berücksichtigen wären. Die Beibehaltung des Prozentsatzes erscheint auch deshalb sachgerecht, weil er Ausdruck der ehelichen Lebensverhältnisse ist und durch ihn bei beiden Ehegatten gleichermaßen Einkommens- und Lebenshaltungskostenänderungen berücksichtigt werden können.

Aber allein mit ihrer Rente von 998,71 DM verfügt die Beklagte bereits über rund 54 % der Rente des Klägers von 1.849,07 DM. Oder anders betrachtet, hätte die Beklagte einen Anspruch auf insgesamt – eigenes Einkommen zzgl. Unterhalt – monatlich 682,31 DM, wenn der Prozentsatz von 3...

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