Normenkette
AGB-G § 9
Verfahrensgang
LG Gera (Aktenzeichen 4 O 896/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Gera vom 29.6.2001 abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 898,87 EUR nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 24.11.1999 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage der Beklagten wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreites insgesamt sind von der Beklagten zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Wert der Beschwer wird für die Beklagte auf unter 20.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin hat von der Beklagten restlichen Werklohn für die Erbringung von Gerüstbauarbeiten am Objekt … i.H.v. 2.065,03 DM geltend gemacht. Hiergegen hat die Beklagte mit einem Kostenvorschussanspruch über 2.000 DM aufgerechnet und mit gleichzeitig erhobener Widerklage aus angeblich von der Klägerin zu vertretender Bauzeitverzögerung von einem ihr im Verhältnis zu ihrer Auftraggeberin entstandenen Schaden über 58.768,19 DM einen Teilbetrag von 30.740,82 DM ausdrücklich gestützt auf § 6 Nr. 6 VOB/B geltend gemacht.
Die Klägerin hat bestritten, dass im Verhältnis der Beklagten zu deren Auftraggeberin überhaupt eine wirksame Vertragsstrafenvereinbarung bestand und diese auch von der Beklagten verwirkt worden sei. Auch hat sie die Kausalität einer etwa von ihr zu vertretenden Verzögerung und des von der Beklagten behaupteten Schadens bestritten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils des LG Gera vom 29.6.2001 Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F.
Das LG hat der Klage teilweise i.H.v. 1.758,03 DM und der Widerklage in vollem Umfang stattgegeben. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO n.F.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und innerhalb verlängerter Frist auch rechtzeitig begründeten Berufung, mit der sie die Entscheidung des LG insoweit angreift, als sie auf die Widerklage der Beklagen hin zur Zahlung von 30.740,82 DM verurteilt worden ist.
Erstmals in der Berufungsinstanz hat die Beklagte die Vertragsunterlagen zu ihrem Auftraggeber vorgelegt. Es handelt sich um 3 VOB/B-Bauverträge über die Gewerke „Betonsanierung und Loggienverbreiterung”, „Fassadenarbeiten” und „Hauseingangstüren und Schlosserarbeiten”.
In allen 3 Verträgen lautet die Vereinbarung unter „§ 5 Ausführungsfristen – Vertragsstrafen” inhaltlich wie folgt gleich:
„(1) Alle in diesem Vertrag genannten Fristen sind Vertragsfristen. Verbindlicher Anfangszeitpunkt aller Vertragsfristen ist der
22.9.1998 (Betonsanierung und Loggienverbreiterung)
18.9.1998 (Fassadenarbeiten)
5.10.1998 (Hauseingangstüren und Schlosserarbeiten)
(2) Es werden folgende Zwischenfristen bzw. -termine verbindlich vereinbart:
Gemäß beiliegendem Ablaufplan
Verbindlicher Endtermin für die Fertigstellung sämtlicher Arbeiten ist der
23.10.1998 (Betonsanierung und Loggienverbreiterung)
4.12.1998 (Fassadenarbeiten)
15.12.1998 (Hauseingangstüren und Schlosserarbeiten)
(3) In jedem Falle vom AN zu vertretender Überschreitung eines einzelnen Termins oder einer einzelnen Frist kann der AG eine Vertragsstrafe i.H.v. 0,2 % der Brutto-Schlussrechnungssumme pro Tag verlangen. Insgesamt darf die Summe der Vertragsstrafen zehn Prozent der Brutto-Schlussrechnungssumme nicht übersteigen. Der Auftraggeber behält sich vor, den Vorbehalt der Vertragsstrafe, sowie die Geltendmachung eines über die Höhe der Vertragsstrafe hinausgehenden Verzugsschadens bis zur Schlusszahlung geltend zu machen.
(4) Die nach dem vorstehenden Absatz fällig werdenden Vertragsstrafen, auf Zwischentermine, sind auch dann noch fällig, wenn der in diesem Vertrag vereinbarte Fertigstellungstermin eingehalten wird.
(5) …”
Zu allen 3 Gewerken liegen Abnahmeprotokolle vor, in denen sich der Auftraggeber ggü. der Beklagten die Vertragsstrafe vorbehalten hat.
Die Klägerin behauptet – nunmehr erstmals unter Beweisantritt von 5 ihrer größtenteils ehemaligen Mitarbeiter –, sie sei mit ihren Leistungen nicht in Verzug gewesen. Das Gerüst sei an der Loggiaseite innerhalb der Vertragszeit 7.10.1998 und an der Straßenseite/Giebel innerhalb der Vertragszeit 11.10.1998 errichtet gewesen. Schon aus der Behinderungsanzeige der Beklagten vom 8.11.1998 ergebe sich, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt Gerüstbauarbeiten an der Loggiaseite erbracht gehabt habe. Die Behinderungsanzeige lasse völlig offen, worin denn die Unvollständigkeit gelegen haben solle. Im Übrigen sei sie selbst bei den Gerüstarbeiten an der Straßenseite durch den Materialaufzug des Dachdeckers behindert worden. Nachdem dieser dann entfernt worden war, habe dann der Bauleiter der Beklagten die Anweisung gegeben, die Gerüstarbeiten zunächst zu unterlassen, was man mit Behinderungsanzeige vom 12.10.1998 beanstandet habe. Sie ist der Ansicht, dass es darauf aber gar nicht ankomme, nachdem...