Verfahrensgang

LG Erfurt (Urteil vom 03.07.2006; Aktenzeichen 8 O 1604/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.06.2009; Aktenzeichen VI ZR 107/08)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Erfurt vom 3.7.2006 - 8 O 1604/05 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten der Berufung fallen dem Kläger zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt von der Beklagten als Produzentin aufgrund eines Unfallereignisses vom 24.4.2003, bei welchem es zu einer Fehlauslösung der Seitenairbags (Thorax- und Kopf-Airbag) auf der Fahrerseite des von ihm gefahrenen Pkw der Marke BMW, Modell 330 D, Limousine, Erstzulassung 10.3.2000, gekommen ist, die Zahlung eines Schmerzensgeldes für den Zeitraum bis zur Rechtshängigkeit der Klage i.H.v. mindestens 100.000 EUR nebst Verzugszinsen sowie eine Schmerzensgeldrente ab Rechtshängigkeit i.H.v. monatlich mindestens 1.500 EUR sowie ferner die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden, hilfsweise die Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. mindestens 200.000 EUR nebst Verzugszinsen.

Der Unfallhergang sowie Unfallursachen und Unfallfolgen sind im Einzelnen streitig.

In einem vom Kläger beantragten selbständigen Beweisverfahren gleichen Rubrums (9 OH 7/04, LG Erfurt) hat der Sachverständige Dipl.-Ing. R mit Gutachten vom 27.5.2004 festgestellt, dass es durch harte Schläge gegen den Unterboden des Fahrzeugs zu einer Auslösung der Airbags trotz "unkritischer" Geschwindigkeitsänderung (Fehlauslösung) kommen könne und hat ferner ausgeführt, dass die Deformation der Felge beim Unfallgeschehen und die Fehlauslösung der Airbags bei einem Fahren in den unbefestigten Seitenbereich mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 40 km/h, eventuell mit überlagerter Verzögerung, erklärbar sei.

Der Kläger hat vorgetragen:

Der Kopfairbag und der Seitenairbag auf der Fahrerseite des von ihm geführten Pkw seien beim Durchfahren eines Schlaglochs auf der im schlechten Zustand befindlichen Drosselbergstraße in E bzw. beim Abkommen von der Fahrbahn und Befahren des unbefestigten Fahrbahnbanketts in Folge einer Ausweichbewegung mit einer Geschwindigkeit von ca. 30 km/h ausgelöst worden. Durch die Airbags habe er Schläge gegen die linke Gesichts- und Halsseite erlitten, u.a. in dem Bereich, in dem die linke Halsschlagader verlaufe. Infolge dessen sei es zu einem Abriss an der Innenwand der Halsschlagader und einem 23 Tage später (am 16.5.2003) hierdurch ausgelösten Hirninfarkt mit massiven gesundheitlichen Folgen gekommen.

Die Beklagte als Produkthersteller hafte nach den Bestimmungen des Produkthaftungsgesetzes, weil die Fehlauslösung der Airbags auf einen Fabrikations- bzw. einen Konstruktionsfehler zurückzuführen sei, welche bereits bei Inverkehrbringen des Fahrzeugs erkennbar gewesen seien. Darüber hinaus habe die Beklagte ihre Instruktionspflicht verletzt, weil sie den Kläger als Produkterwerber über die Gefahr der Fehlauslösung der Airbags nicht informiert habe, obgleich diese ihr bereits bei Inverkehrbringen des Fahrzeuges (noch vor dessen Zulassung), jedenfalls aber vor dem Unfall bekannt gewesen sei. Wäre der Kläger im erforderlichen Umfang informiert worden, hätte er sein Fahrverhalten der Gefahrenlage besser angepasst bzw. von der Nutzung eines mit Airbags ausgestatteten Fahrzeugs abgesehen.

Die Beklagte hat geltend gemacht:

Eine Haftung sei weder nach den Bestimmungen des Produkthaftungsgesetzes noch auf deliktischer Grundlage (§ 823 Abs. 1 BGB) gegeben. Es lägen weder ein Fabrikations- noch ein Konstruktionsfehler zum maßgeblichen Zeitpunkt der Inverkehrgabe des Produkts vor. Auch ein relevanter Instruktionsfehler der Beklagten sei nicht gegeben. Im Übrigen wäre eine Verletzung der Instruktionspflicht nicht schadensursächlich, denn es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass eine pflichtgemäße Instruktion den Schaden mit Sicherheit verhindert hätte; es könne insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger sein Fahrverhalten auf der ohnehin beschädigten Straße besonders angepasst hätte, um jegliche "Kollisionswirkungen" (d.h. die Gefahr einer nicht Insassen schützenden Auslösung der Seitenairbags, sog. Fehlauslösung) zu umgehen. An der Schadensursächlichkeit fehle es auch deshalb, weil ein direkter Kontakt der fahrerseitigen Airbags (Kopf- und Seitenairbag) mit dem Halsbereich nicht stattfinde, worauf auch der Sachverständige Dipl.-Ing. R in seinem Beweissicherungsgutachten unter 5.1., S. 4, hingewiesen habe, indem dieser ausgeführt habe, dass ein direkter Schlag im Halsbereich nicht auftritt. Schließlich fehle es am Schutzzweckzusammenhang. Der vom Kläger behauptete Unfallhergang und Schaden (Dissektion der linken Halsschlagader) s...

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