Leitsatz (amtlich)

1. Liegen die Voraussetzungen nach § 354a S. 1 HGB vor, dann kann der Schuldner mit dem bisherigen Gläubiger abweichend von § 407 Abs. 1 BGB auch bei Kenntnis der Abtretung einen Vergleich schließen.

2. Eine Vereinbarung zwischen Schuldner und neuem Gläubiger mit dem Inhalt, nur noch an den neuen Gläubiger zu zahlen, ist nach § 354a S. 3 HGB unwirksam.

 

Verfahrensgang

LG Erfurt (Urteil vom 29.01.2007; Aktenzeichen 3 O 1420/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 13.11.2008; Aktenzeichen VII ZR 188/07)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Erfurt vom 29.1.2007 - 3 O 1420/06, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Streithelfer zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte oder ihre Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin macht Ansprüche aus abgetretenem Recht geltend. Am 25.6.2004 schlossen die Beklagte und die H.R. GmbH einen Vertrag über den Abriss von Gebäuden. In § 11 dieses Vertrages heißt es:

"Eine Abtretung der dem AN aus diesem Auftrag ggü. den AG gewachsenen Forderung an Dritte ist ohne Zustimmung des AG ausgeschlossen."

Gleichwohl trat die H.R. GmbH ihre Forderungen gegen die Beklagte aus dem Vertrag i.H.v. 30.000 EUR am 13.9.2004 an die Klägerin ab, die der H.R. GmbH Baumaschinen zur Durchführung ihrer Arbeiten vermietet hat. Diese Forderungsabtretung teilte die H.R. GmbH der Beklagten am 15.9.2004 mit. Mit Telefax vom 9.11.2004 wandte sich die Beklagte an die H.R. GmbH und teilte dieser Folgendes mit:

"Zunächst haben wir Ihre Forderungsabtretung an die Firma E. vom 13.9.2004 zur Kenntnis genommen. Soweit geprüfte Rechnungsbeträge an Sie auszuzahlen sind, so werden wir unter Berücksichtigung der zuvor genannten Forderungsabtretung fällige und von Ihnen bestätigte Rechnungen der Firma E. direkt an diese zum Ausgleich bringen. Diese Erklärung erfolgt aber ungeachtet vorrangiger Rechte Dritter."

Mit Schriftsatz vom 18.11.2004 teilte die H.R. GmbH der Beklagten mit, dass sie 4 Rechnungen der Klägerin in einer Gesamthöhe von 13.304 EUR freigegeben habe und diese zu bezahlen seien. Mit Schreiben vom 22.12.2004 mahnte die Klägerin die Zahlung der 13.304 EUR an. Hierauf antwortete die Beklagte am 29.12.2004 mit dem Hinweis, dass Zahlungen an die H.R. GmbH derzeit nicht fällig seien. Mit Schriftsatz vom 17.1.2005 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass ausweislich einer beiliegenden Forderungsaufstellung die H.. zwischenzeitlich 21.764,26 EUR schulde.

Am 12.1.2005 kündigte die Beklagte den Werkvertrag mit der H.R. GmbH. In der Folge entstand zwischen der Beklagten und der H.R. GmbH Streit über die nach Kündigung noch an die H.R. GmbH zu zahlende Restwerklohnvergütung. Über diese einigten sich die Parteien mit Vergleich vom 18.1.2005/20.1.2005. Danach sollten an die Klägerin die von der H.R. GmbH bestätigten Rechnungen der Klägerin i.H.v. insgesamt 13.304 EUR gezahlt werden und an die H.R. GmbH selbst 30.995,84 EUR sowie weitere 400 EUR. Diese Zahlungen leistete die Beklagte auch. Kurze Zeit später wurde durch das AG Rostock die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der H.R. GmbH angeordnet. Mit Schreiben vom 24.2.2005 machte die Klägerin ggü. der Beklagten nunmehr einen Forderungsbetrag i.H.v. insgesamt 23.992 EUR geltend. Mit Schreiben vom 4.3.2005 lehnte die Beklagte weitere über 13.304 EUR hinausgehende Zahlungen an die Klägerin ab.

Am 30.8.2005 wurde über das Vermögen der H.R. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Unter dem 18.5.2006 gab der Insolvenzverwalter der Klägerin die Forderung zum eigenen Einzug frei. Die Klägerin klagt ihre über 13.304 EUR hinausgehende Forderung gegen die H.R. GmbH auf Grund deren Forderungsabtretung bei der Beklagten ein. Hinsichtlich des streitigen Vortrags der Parteien und deren Rechtsansichten wird auf das Urteil des LG Bezug genommen.

Da die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 21.11.2006 keinen Antrag gestellt hat, hat das LG ein die Klage abweisendes Versäumnisurteil erlassen, gegen welches die Klägerin Einspruch eingelegt hat. Mit Endurteil vom 29.1.2007 hat das LG das Versäumnisurteil vom 21.11.2006 aufrecht erhalten. Zur Begründung führt es aus, es könne dahinstehen, ob die Forderungsabtretung wegen der offensichtlichen Insolvenzanfechtungssituation Wirksamkeit entfalten könne, eine abgetretene Forderung in der geltend gemachten Höhe überhaupt fällig sei und ob die Klägerin in dieser Höhe noch zu sichernde Erfüllungsansprüche aus dem Mietvertrag über einen Kettenbagger haben könne. Ob das Abtretungsverbot des § 11 des Bauvertrages zwischen der H.R. GmbH und der Beklagten Rechtswirksamkeit entfalte oder nicht, bedürfe ebenfalls keiner Entscheidung. Entweder das Abtretungsverbot sei rechtswirksam, dann wäre die Abt...

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