Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der Enteignungsentschädigung bei grundeigenen Bodenschätzen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Wertermittlung von - enteigneten - Grundstücksflächen sind im Vergleichswertverfahren (§§ 7, 13, 14 WertV) grundsätzlich die Kaufpreise solcher Grundstücke heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit den zu bewertenden (enteigneten) Grundstücken hinreichend übereinstimmen. Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.

2. Besteht die Besonderheit, dass sich unter der Grundstücksoberfläche der enteigneten Grundstücke grundeigene Bodenschätze befinden, so ist der Grundeigentümer für den Vollentzug des Eigentums nach Art. 14 Abs. 3 GG zu entschädigen. Wirken sich dabei die grundeigenen Bodenschätze werterhöhend auf den Grundstückswert aus, so ist diese Werterhöhung bei der Bemessung der Entschädigung auch zu berücksichtigen. Bei abbau-würdigen Bodenschätzen ist dies regelmäßig der Fall. Denn die Bodenschätze sind in diesem Fall Bestandteil des Grundstückseigentums, die der Grundeigentümer - auch ohne besondere Bergbauberechtigung - abbauen darf.

3. Für die Höhe der Entschädigung spielt es keine Rolle, ob der Grundeigentümer zugleich Inhaber eines Gewinnungsbetriebs ist oder ob seine Grundstücke bereits von einem Gewinnungsbetrieb erfasst sind oder nicht. Die Zuordnung der grundeigenen Bodenschätze zum Grundeigentum bleibt durch die Regelungen des Bundesberggesetzes unberührt. Die Regelungen des Bundesberggesetzes ändern daher auch nichts an der für die Bemessung der Höhe der Entschädigung maßgeblichen Berücksichtigung der Werterhöhung des Verkehrswertes der enteigneten Grundstücke wegen deren grundeigenen Bodenschätze.

 

Normenkette

WertV §§ 7, 13-14; GG Art. 14 Abs. 3; BBergG § 3 Abs. 4, §§ 34, 124 Abs. 3; ThürEG § 8 Abs. 2, 4, § 10 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Meiningen (Urteil vom 16.07.2008; Aktenzeichen BLK O 6/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 14.04.2011; Aktenzeichen III ZR 229/09)

 

Tenor

Die Berufung der Beteiligten zu 1 gegen das Urteil des LG Meiningen vom 16.7.2008 - BLK O 6/07 - wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1 hat die Kosten des Berufungsverfahrens ein-schließlich der außergerichtlichen Kosten des Beteiligten zu 2 zu tragen.

Das Urteil ist für den Beteiligten zu 2 hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligte zu 1 darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % der jeweils festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beteiligte zu 2 vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1 wendet sich im Berufungsverfahren weiterhin gegen die Höhe der durch den Beteiligten zu 3 zugunsten des Beteiligten zu 2 festgesetzten Enteignungsentschädigung.

Die Beteiligte zu 1 ist Vorhabenträgerin der Straßenbaumaßnahme "Vierstreifiger Neubau der BAB A 71 E - S, Abschnitt T - Gberg (B 88), Verkehrseinheit (VKE) 5313/14, Bau-km 59+000 bis Bau-km 75+259". Für den Bauabschnitt existiert ein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss des damaligen Thüringer Ministeriums für Wirtschaft und Infrastruktur vom 15.7.1999.

Der Beteiligte zu 2 ist u.a. Eigentümer zweier Grundstücke (Flurstücke 532 und 539 der Flur 4 der Gemarkung N), die für im Planfeststellungsbeschluss festgelegte Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen benötigt werden. Er ist zugleich Inhaber des Gewinnungsbetriebs "S. W.", der hier unter der Oberfläche befindliche Quarzsande abbaut, bei denen es sich nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten um sog. grundeigene Bodenschätze i.S.d. § 3 Abs. 4 BBergG handelt. Der Beteiligte zu 2 hatte die genannten Grundstücke als Vorratsflächen für seinen Gewinnungsbetrieb zu einem Preis von 10 DM/m2 erworben. Am 5.6.2000 unterzeichnete er eine Vereinbarung zur Übertragung des Eigentums an die Beteiligte zu 1 unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche.

Nachdem es zwischen den Beteiligten zu keiner Einigung über die Höhe der Entschädigung gekommen war, stellte die Beteiligte zu 1 am 4.3.2003 beim Beteiligten zu 3 einen Antrag auf Feststellung der Höhe der Entschädigung. Der Beteiligte zu 3 verpflichtete die Beteiligte zu 1 durch Entschädigungsfeststellungsbeschluss vom 26.6.2007, an den Beteiligten zu 2 für die Inanspruchnahme der verfahrensgegenständlichen Grundstücke eine Gesamtentschädigung von 37.755,92 EUR zu zahlen. Die grundeigenen Bodenschätze seien werterhöhende Faktoren, die sich im Grundstückspreis niederschlagen müssten. Entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 handele es sich insoweit nicht um "ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse" i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 2 ThürEG, die bei der Wertermittlung wegen § 124 Abs. 3 BBergG unberücksichtigt zu bleiben hätten. § 124 Abs. 3 BBergG schli...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge