Verfahrensgang

LG Mühlhausen (Urteil vom 25.06.2004; Aktenzeichen 5 O 655/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Mühlhausen vom 25.6.2004 - 5 O 655/03, wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 65.787,80 EUR nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.10.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger fordert von der Beklagten aus abgetretenem Recht Schadensersatz aufgrund einer Anlageberatung. Hinsichtlich des Sachverhaltes wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Klarstellend ist auszuführen, dass die von der Beklagten empfohlenen Aktienfonds mittleren bis höchsten Risikostufen angehörten und die Anlage unstreitig der Altersvorsorge dienen sollte.

Das LG hat der Klage zum Teil stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte dem Grunde nach aus der Verletzung eines Anlageberatungsvertrages und aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 31 Wertpapierhandelsgesetz (WPHG) hafte. Der Schaden der Zedentin wäre zum Teil jedoch auch bei rechtmäßigem Verhalten der Beklagten eingetreten. Des Weiteren müsse die Zedentin sich ein Mitverschulden anrechnen lassen.

Die Beklagte habe die Zedentin fehlerhaft beraten. Die Aktienfonds, in der die Zedentin ihr Geld angelegt habe, seien als Alterssicherung von vornherein ungeeignet gewesen. Sie hätte ihr Geld nur in fest verzinslichen Papieren anlegen dürfen. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, sie von der gewählten Geldanlage abzuhalten. Zumindest hätte sie sich entsprechende Warnhinweise ausdrücklich gegenzeichnen lassen müssen.

Der vor Ort tätige Berater der Beklagten, der Zeuge S., sei nicht ausreichend kompetent für eine Beratung gewesen. Dies ergebe sich schon aus dem Umstand, dass er meinte, die ausgewählten Fonds seien zur Alterssicherung geeignet gewesen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Anlage im Sommer 2000 erfolgte. Zu dieser Zeit der allgemeinen Euphorie wäre die Beklagte besonders verpflichtet gewesen, Anleger zur Vorsicht zu mahnen.

Aufgrund dieser fehlerhaften Beratung sei die Beklagte der Zedentin zum Schadensersatz verpflichtet. Auf die Frage, ob der Verkauf der Fondsanteile auf Wunsch der Zedentin oder ohne ihr Wissen und Wollen erfolgte, komme es nicht an.

Den Schaden hat das LG nach § 287 ZPO geschätzt. Hierbei ist es davon ausgegangen, dass die Zedentin ihr Geld in jedem Fall angelegt und auch ein "vernünftiges" Depot zu einem Drittel Aktien enthalten hätte. Die übrigen zwei Drittel wären festverzinslich angelegt worden. Diese hätten sich mit einem Zinssatz von 4 % positiv entwickelt, während die Aktien - entsprechend der Entwicklung in den Fonds - die Hälfte ihres Wertes verloren hätten. Dies unterstellt, hätte das Depot am 24.9.2001 (Tag des Verkaufs) einen Wert von 228.207 DM gehabt. Der tatsächliche Wert habe nur 134.330 DM betragen. Die Differenz stelle den Schaden der Zedentin dar (93.877 DM = 47.998 EUR).

Dieser Anspruch sei um 50 % zu reduzieren. Der Zedentin sei ein erhebliches Mitverschulden anzulasten. Sie habe gewusst, dass Aktienkurse auch fallen könnten. Sie sei deswegen das Risiko bewusst eingegangen. Sie sei auch nicht völlig unerfahren im Geschäftsverkehr gewesen, da sie ein Hotel geführt habe. Mit der Anlageentscheidung ohne hinreichende Überlegung habe sie zumindest fahrlässig gehandelt.

Der zu ersetzende Schaden betrage demnach 24.000 EUR.

Diese Entscheidung ist den Parteien am 7.7.2004 zugestellt worden. Die Beklagte hat hiergegen am 3.8.2004 Berufung eingelegt, die sie nach entsprechender Fristverlängerung am 7.10.2004 begründet hat.

Sie wirft dem LG vor, dass das Urteil im Wesentlichen auf Unterstellungen und Vermutungen basiere. Sie behauptet weiterhin, dass die Beratung fehlerfrei gewesen und die Zedentin insb. über die Risiken der Anlage belehrt worden sei. Die Forderung des LG nach einer Schriftform dieser Belehrung finde weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung eine Stütze.

Das LG habe zudem außer Acht gelassen, dass die Zedentin nicht unerfahren gewesen sei. Sie habe bereits mehrmals Aktien gekauft. Letztendlich liege eine eigenständige Entscheidung der Zedentin für die Anlage vor. Die Beklagte könne hierfür nicht haftbar gemacht werden.

Schließlich sei die Beweiswürdigung des LG falsch. Die Darlegungs- und Beweislast für eine fehlerhafte Beratung treffe den Kläger. Nach der Vernehmung der Zeugen stehe fest, dass die Zedentin richtig beraten worden sei. Die entgegengesetzte Auffassung des LG sei mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu vereinbaren. Das LG habe übe...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?