Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzumutbare Belästigung durch E-Mail; "Voreingestellter" Haken bei Einverständniserklärung zum Bezug eines Newsletters
Normenkette
UWG § 7 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
LG Gera (Urteil vom 22.12.2009; Aktenzeichen 1 HKO 209/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil des LG Gera vom 22.12.2009 - 1 HKO 209/09, abgeändert.
Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr an Kunden E-Mail-Werbung zu versenden, sofern die im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware erlangte elektronische Postadresse durch die nachstehend wiedergegebene und mit einer bestätigenden Vorauswahl versehene allgemeine Geschäftsbedingung erlangt wurde:
"Mit der Verarbeitung und Speicherung meiner Daten zum Zwecke des Newsletters bin ich einverstanden. Meine E-Mail-Adresse wird nicht an andere Unternehmen weitergegeben. Mir ist bekannt, dass ich die Einwilligung jederzeit und ohne Kosten widerrufen kann"
und
die bei einer Bestellung von Holzkitt erlangte E-Mail-Adresse zur Direktwerbung für nicht für die Oberflächenbehandlung von Holz dienende Waren verwendet wird
und/oder
der Kunde bei der Erhebung der E-Mail-Adresse darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung ohne Kosten widersprechen kann, obwohl Übermittlungskosten nach dem Basistarif entstehen.
Im Übrigen werden der Erlass einer einstweiligen Verfügung und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfügungsverfahrens insgesamt haben der Verfügungskläger 1/4, die Verfügungsbeklagte 3/4 zu tragen.
Gründe
I. Der Kläger, ein rechtsfähiger Verband nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, macht einen Unterlassungsanspruch wegen belästigender E-Mail-Werbung geltend. Ein Kunde hatte bei der Verfügungsbeklagten im Internet einen Holzkitt bestellt und dabei ein Kundenkonto eröffnet, wie es in der Anlage AG 4 beschrieben ist, und wobei die aus dem Urteilstenor ersichtliche, mit einem Haken voreingestellte Klausel verwendet wurde. In der Folge hat er zwei Newsletter der Verfügungsbeklagten erhalten. Die Newsletter bewarben u.a. Macheten, Laubstaubsauger, Energiesparlampen, Regenbekleidung oder Einkochautomaten. Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterlassungsverfügung mit der Begründung zurückgewiesen, es läge der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 3 UWG vor. Hiergegen richtet sich die Berufung des Verfügungsklägers. Im Berufungsverfahren hat der Verfügungskläger zur Konkretisierung des ursprünglichen Antrags verschiedene Hilfsanträge formuliert. Im Übrigen wird von der weiteren Darstellung des Sachverhalts gem. §§ 540 Abs. 2, 542 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung hat in Bezug auf den vom Verfügungskläger zuletzt formulierten Hilfsantrag in der Sache Erfolg. Der unzweifelhaft antragsbefugte Verfügungskläger kann nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG ggü. der Verfügungsbeklagten einen Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG geltend machen.
1.) Mit der Zusendung der Newsletter hat die Verfügungsbeklagte unzumutbar belästigend Werbung unter Verwendung elektronischer Post ohne ausdrückliche Einwilligung des Kunden an diesen versandt. Dabei lagen nicht sämtliche Voraussetzungen für den Ausnahmetatbestand nach § 7 Abs. 3 UWG vor.
a) Soweit, was unstreitig ist, die Verfügungsbeklagte zum Zeitpunkt der Eröffnung eines Kundenkontos durch den Kunden ein Internetformular in der Gestalt der Anlage AG 4 verwendete, hat dies zur Folge, dass von einer ausdrücklichen Einwilligung des Kunden im Hinblick auf den Bezug des Newsletters nicht gesprochen werden kann (§ 7 Abs. 2 UWG). Die entsprechende Einverständniserklärung ist bzw. war nämlich "voreingestellt", der Kunde musste also den Haken entfernen, wenn er keinen Newsletter erhalten wollte. Änderte er nichts, galt seine Einwilligung zum Newsletterbezug als erteilt. Diese Vorgehensweise entspricht nicht den Anforderungen an eine ausdrückliche Einwilligung. Denn es liegt nicht eine nach außen erkennbare Betätigung des Willens im Sinne einer ausdrücklichen Einwilligungserklärung vor, sondern insoweit nur ein bedeutungsloses passives (dem Schweigen vergleichbares) Nichterklären.
Dieses Verständnis von der Bedeutung einer "voreingestellten" Einwilligung entspricht auch der Rechtsprechung des BGH zu solchen Klauseln, soweit sie als unwirksame allgemeine Geschäftsbedingungen qualifiziert wurden. Eine vorgegebene Einverständniserklärung benachteiligt den Kunden unangemessen i.S.v. §§ 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, weil sie als "opt-out"-Regelung der gesetzlichen Wertung in § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG entgegensteht, die ein ausdrückliches vorheriges Einverständnis verlangt (vgl. so auch BGH GRUR 2008, 1010 - payback).
Irrelevant ist, in welcher Form die Verfügungsbeklagte den Newslett...