Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Haftungsprivilegierung der §§ 104, 105, 106 SGB VII bei Unfallbeteiligung einer Praktikantin, die im Unfallbetrieb tätig war
Leitsatz (amtlich)
Einer Praktikantin stehen über die von der gesetzlichen Unfallversicherung gewährten Ansprüche dann keine weiteren Ansprüche, u.a. kein Schmerzensgeld, auf Grund der allgemeinen Vorschriften (§§ 7, 17, 18 StVG, 823, 842, 843 BGB) zu, wenn zu Gunsten des Haftpflichtversicherers des für den Unfall verantwortlichen Unfallbetriebs die Haftungsprivilegierungen der §§ 104 ff SGB VII greifen.
Das ist auch dann der Fall, wenn die Unfallgeschädigte als Praktikantin in dem Unfallbetrieb zum Zeitpunkt des Unfalls als sog. "Wie-Beschäftigte" tätig war.
Verfahrensgang
LG Mühlhausen (Entscheidung vom 03.04.2007; Aktenzeichen 6 O 1396/05) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 03.04.2007, 6 O 1396/05, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin verlangt Zahlung von Schmerzensgeld, Schadensersatz sowie die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz des Zukunftsschadens verpflichtet ist, da ihrer Meinung nach hinsichtlich des Unfallereignisses vom 24.02.2003 zu Gunsten des Unfallverursachers bzw. der Unfallverursacher eine Haftungsprivilegierung entsprechend SGB VII nicht eingreife.
Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der von ihnen gestellten Anträge wird gemäß § 540 Absatz 1 Satz 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug (Band I Blatt 148 ff) Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 03.04.2007, 6 O 1396/05, die Klage abgewiesen. Wegen der Haftungsprivilegierung des § 105 SGB VII und des § 106 Absatz 3 SGB VII scheide eine Haftung der Beklagten für das streitige Unfallereignis aus.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie hält an ihrem bereits erstinstanzlich vertretenen Standpunkt fest, die Beklagte müsse haften, da eine Haftungsprivilegierung nach SGB VII ausscheide.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des am 03.04.2007 verkündeten Urteils des Landgerichts Mühlhausen , 6 O 1396/05,
a)
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, welches in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch den Betrag von EUR 17.000,00 nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.11.2004 zu zahlen,
b)
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betragvon17.206,31 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.11.2004 zu zahlen,
c)
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen weiteren Schaden, der ihr in Zukunft auf Grund des Verkehrsunfalls vom 24.02.2003 auf dem Betriebsgelände des Ökumenischen Krankenhauses, Pfafferode 102, Mühlhausen, entsteht, zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen, und
d)
festzustellen, dass der Klägerin zukünftige finanzielle Nachteile durch den Verlust von Anwartschaften für den Bezug von Arbeitslosengeld auf Grund des Schadensereignisses vom 24.02.2003 durch die Beklagte zu erstatten sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin aus dem Unfallereignis vom 24.02.2003 gegen die Beklagte keine Ansprüche zustehen. Denn einer möglichen Haftung der Beklagten aus §§ 7, 17, 18 StVG, §§ 823, 842, 843 BGB i.V.m. §§ 2, 3 PflVersG stehen die Haftungsprivilegierung gemäß §§ 104, 105, 106 SGB VII entgegen.
Die Klägerin ist im Unfallbetrieb, wie vom Landgericht richtig festgestellt, als "Wie-Beschäftigte" tätig geworden, so dass die Haftungsprivilegierungen gemäß §§ 104 Absatz 1 Satz 1, 105 Absatz 1 Satz 1 SGB VII greifen mit der Folge, dass Ansprüche gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer der unfallbeteiligten Fahrzeuge ausscheiden. Denn die Klägerin war im Unternehmen der Versicherungsnehmerin der Beklagten tätig und die beteiligten Fahrzeugführer gehörten demselben Betrieb wie die Klägerin an.
Die Klägerin trägt unter Beifügung ihres Praktikantenvertrages selbst vor, dass sie für die Betreuung der Behinderten der Einrichtung des Ökumenischen Krankenhauses zuständig gewesen sei. Im Rahmen dieser Tätigkeit sei die auf dem Betriebsgelände gelegene Gärtnerei aufgesucht worden.
Schon aus dem Praktikantenvertrag geht hervor, dass die Klägerin bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ihr Praktikum im Bereich der Ergotherapie - Gärtnerei ableisten sollte, was nach dem Vorbring...