Verfahrensgang
LG Gera (Urteil vom 11.01.2001; Aktenzeichen 6 O 2067/00) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 11.01.2001 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 23.000,00 abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit erbringt.
4. Der Wert der Beschwer für die Beklagte wird auf DM 534.285,55 festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter der Firma a. W. M. GmbH (Gemeinschuldnerin) die Feststellung der Beendigung eines zwischen dieser und der Beklagten abgeschlossenen Mietvertrages. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, wogegen sich die Berufung der Beklagten wendet.
Zwischen der Gemeinschuldnerin als Mieterin und der Beklagten als Vermieterin wurde am 16.09.1993 ein Mietvertrag über das als Möbelhaus genutzte Objekt in G. B., für eine Dauer von 15 Jahren abgeschlossen.
Mit Schreiben vom 13.04.2000 kündigte der Kläger den Mietvertrag unter Bezugnahme auf § 109 InsO. Die Beklagte weigerte sich, das geräumte Objekt zum 31.07.2000 zu übernehmen, weil das Mietverhältnis nach ihrer Auffassung erst zum 31.12.2000 gekündigt werden konnte.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass für das Kündigungsrecht nach § 109 Abs. 1 S. 1 InsO die Kündigungsfrist des § 565 Abs. 1 Nr. 3 BGB Anwendung finde und das Mietverhältnis daher am 31.07.2000 geendet habe.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass der zwischen der Firma a. W. M.-Gmbh, … H., und der Beklagten abgeschlossene Mietvertrag vom 16.09.1993 bezüglich des Objektes … in … G. B. durch Kündigung des Insolvenzverwalters vom 13.04.2000 zum 30.07.2000 beendet ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Kündigungsfrist des § 565 Abs. 1 a BGB sei anzuwenden. Auf die Frist des § 565 Abs. 1 Nr. 3 BGB könne nicht zurückgegriffen werden, da dort das Wort „Geschäftsräume” gestrichen worden sei. Außerdem widerspräche dies dem mit der Einführung des § 565 Abs. 1 a BGB verfolgten Gesetzeszweck, dem Mieter einen größeren Handlungsspielraum zu verschaffen.
Das Landgericht hat der Klage mit der Maßgabe stattgegeben, dass das Mietverhältnis am 31.07.2000 geendet habe.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, im Falle der Ausübung des Kündigungsrechtes gemäß § 109 Abs. 1 InsO sei die 3-monatige Frist des § 565 Abs. 1 Nr. 3 BGB anzuwenden. Dies ergebe sich aus § 565 Abs. 5 BGB, wonach Abs. 1 Nr. 3 – nicht aber Abs. 1 a – auch dann anzuwenden sei, wenn ein Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist vorzeitig gekündigt werden könne. Die Aufzählung des § 565 Abs. 5 BGB sei abschließend; eine Gesetzeslücke liege nicht vor.
Dies erscheine auch in Hinblick auf den Sinn und Zweck eines Sonderkündigungsrechtes sachgerecht.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 35,37) Bezug genommen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 18.01.2001 zugestellte Urteil mit am 08.02.2001 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 08.03.2001 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Sie macht mit ihrer Berufung geltend, das Landgericht sei zu Unrecht der Mindermeinung, wonach die Kündigungsfrist des § 565 Abs. 1 Nr. 3 BGB anzuwenden sei, gefolgt.
Bei Schaffung der speziellen Regelung des § 565 Abs. 1 a BGB sei die Anpassung des Abs. 5 vom Gesetzgeber zwar gewollt gewesen, aber infolge eines Redaktionsversehens irrtümlich unterblieben. Die bestehende Gesetzeslücke sei daher im Wege der ergänzenden Gesetzesauslegung dahingehend zu schließen, dass § 565 Abs. 1 a BGB Anwendung finde. Mit der Einführung des § 565 Abs. 1 a BGB habe der Gesetzgeber den Zweck verfolgt, dem Mieter einen erweiterten Schutz gegenüber einem kurzfristigen Räumungsverlangen des Vermieters zu verschaffen. Dieser müsse auch in Fällen der Kündigung mit gesetzlicher Frist maßgebend sein.
Durch die Regelung des § 565 Abs. 5 BGB habe der Gesetzgeber nicht beabsichtigt, dem Inhaber eines Sonderkündigungsrechts eine noch kürzere als die gesetzlich normierte Mindestkündigungsfrist einzuräumen. Eine Gesetzeslücke infolge Redaktionsversehens könne auch nicht mit der Begründung verneint werden, der Gesetzgeber habe inzwischen ausreichend Zeit gehabt, das Versehen zu korrigieren. Der Gesetzgeber habe nämlich eben dieses mit der Neufassung des § 580a BGB in dem Entwurf des Mietrechtsreformgesetzes getan.
Ungeachtet des Zwecks der Insolvenzordnung, die Masse durch ein Sonderkündigungsrecht zum Schutz der übrigen Gläubiger zu entlasten, normiere § 109 InsO lediglich und ausschließlich die Kündigungsmöglichkeit „unter Einhaltung der gesetzlichen Frist”. Eine Sonderregelung für das Insolvenz-Verfahren habe der Gesetzgeber nicht gewollt; anderenfalls habe es nahegelegen, in der Regelung des § 109 InsO selbst eine Frist zur Kündigung zu bestimmen.
Die Bekla...