Verfahrensgang

LG Erfurt (Urteil vom 04.09.2015; Aktenzeichen 9 O 1222/14)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 04.09.2015, Az. 9 O 1222/14, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Erfurt ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger als Insolvenzverwalter nimmt die Beklagten als Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin (im Folgenden: die Schuldnerin) auf Erstattung eines Betrages in Höhe von 204.984,20 EUR gemäß § 64 GmbH-Gesetz in Anspruch. Die Klage gegen den früheren Beklagten zu 3 ist rechtskräftig abgewiesen worden. Die Beklagten zu 1 und 2 sind durch das angefochtene Urteil hingegen gesamtschuldnerisch antragsgemäß verurteilt worden.

Der Kläger wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Erfurt vom 15.5.2013 zum Insolvenzverwalter der Firma BS-GmbH (der Schuldnerin) bestellt, deren Insolvenzverfahren an diesem Tag eröffnet wurde. Der Insolvenzantrag war am 28.12.2012 von dem jetzigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten gestellt worden und am 31.12.2012 beim Insolvenzgericht eingegangen. Darin war ausgeführt, die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bestünden im wesentlichen aus Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt E in Höhe von 327.984,51 EUR, insbesondere resultierend aus einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung, zusätzlich weiterer Steuerverbindlichkeiten in noch festzusetzender Höhe aus einer 2. Umsatzsteuer-Sonderprüfung.

Die Beklagten zu 1 und 2 waren die Geschäftsführer der Schuldnerin. Die Beklagte zu 2 war zudem Alleingesellschafterin der Schuldnerin. Bis zum 1.1.2009 war der frühere Beklagte zu 3 Alleingesellschafter und Mitgeschäftsführer gewesen.

Die Schuldnerin und der frühere Beklagte zu 3 schlossen am 01.12.2009 den in Anlage K8 vorgelegten Bauleitungsvertrag (Blatt 56 der Akte), in dem unter § 13 die Vergabe eines Darlehens durch den früheren Beklagten zu 3 angesprochen wurde. Durch weiteren Vertrag vom 1.12.2009 (Bl. 52 der Akte, Anlage K6) gewährte der frühere Beklagte zu 3 der Schuldnerin durch Vertrag ein Darlehen für die Finanzierung der Abwicklung des Bauvorhabens S-Straße XX in W, welches mit Beendigung des Bauvorhabens getilgt werden sollte und sich auf 500.000 EUR belief. Hierauf bezog sich die Ergänzung vom 17.12.2010 (Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 29.01.2015, Bl. 162 der Akte). Dieses Darlehen wurde zur Zwischenfinanzierung eingesetzt. Darlehensauszahlung und Rückzahlungen erfolgten wechselseitig. Die Beklagte zu 2 bestellte am 15.02.2012 eine Brief-Grundschuld zu Gunsten des früheren Beklagten zu 3 und bewilligte deren Eintragung im Grundbuch (Blatt 163 der Akte). Im Insolvenzverfahren meldete der Beklagte zu 3 eine Restforderung in Höhe von 164.455 EUR aus dem Darlehen zur Tabelle an.

Die Schuldnerin erwarb mit Kaufvertrag vom 3.11.2011 von der BI-GmbH einen Pkw der Marke M B, Coupé zu einem Kaufpreis von 204.984,20 EUR, der Kaufpreis war direkt an die D-AG zu zahlen.

Ausweislich zweier Steuerbescheide (Bl. 127 -131 der Akte, Anlage K22) hatte die Schuldnerin am 9.12.2011 Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Dezember 2010 und Februar 2011 in Höhe von 232.479 EUR und 43.635,85 EUR zu zahlen. Vorausgegangen war eine Umsatzsteuersonderprüfung des Finanzamtes. Hintergrund hierfür war, dass Subunternehmer für die Schuldnerin Bauarbeiten an dem Projekt in W ausgeführt hatten. Die Subunternehmer hatten der Schuldnerin hierfür Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer gestellt. Von der Schuldnerin wurden dann die jeweiligen Bruttobeträge gezahlt und die Umsatzsteuerbeträge von den Subunternehmern an das Finanzamt abgeführt. Richtigerweise hätten gemäß § 13b UStG die Bauarbeiten von den Subunternehmern nur netto berechnet werden dürfen, die Umsatzsteuer wäre direkt von der Schuldnerin an das Finanzamt zu zahlen gewesen. Diese Steuerforderungen tilgte die Schuldnerin bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr.

Zum 20.12.2011 veräußerte die Schuldnerin den Pkw M. B. an den früheren Beklagten zu 3, wobei die Kaufpreiszahlung im Wege der Verrechnung mit Darlehensverbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber dem Beklagten zu 3 aus dem oben genannten Darlehensvertrag erfolgte.

Im Jahr 2012 erzielte die Schuldnerin keine Umsatzerlöse (Bl.194, 195 der Akte, Anlage K30) Sie diente nur noch als Einkaufsgesellschaft für die verbundene Gesellschaft. Es liefen weitere Verbindlichkeiten auf (Bl. 14 der Akte, Anlage K3). Mit Schreiben vom 24.10.2012 bewilligte das Finanzamt einen Vollstreckungsaufschub bis zum 29.10.12 (Bl. 260 der Akte, Anla...

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