Leitsatz (amtlich)
Der Erschöpfung des Markenrechts nach § 24 Abs. 1 MarkenG steht nicht i.S.v. § 24 Abs. 2 MarkenG entgegen, dass der Markenrechtsinhaber ein besonderes Interesse am Bestand seines selektiven Vertriebssystems geltend macht.
Verfahrensgang
LG Erfurt (Urteil vom 13.12.2007; Aktenzeichen 2 HKO 244/07) |
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil des LG Erfurt vom 13.12.2007 - 2 HKO 244/07, abgeändert.
Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000 und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Neufahrzeuge der Marke NISSAN anzubieten und/oder zu bewerben, wenn dies wie nachstehend abgebildet unter Verwendung des NISSAN Markenlogos und/oder mit den Worten "Noch vor der Deutschlandpremiere. Ab sofort bei uns der neue NISSAN TIIDA" geschieht.
Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfügungsverfahrens insgesamt hat die Verfügungsklägerin 9/10, die Verfügungsbeklagte 1/10 zu tragen.
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin ist Importeur des japanischen Autoherstellers Nissan und besitzt für Deutschland die Alleinvertriebsrechte, sie ist außerdem berechtigt Markenrechte der Nissan Motor Co. Ltd. an der deutschen und europäischen Wortmarke "Nissan" sowie der Gemeinschaftsbildmarke Nissan geltend zu machen. Die Verfügungsbeklagte ist Nissan-Vertragswerkstatt und nicht Vertragshändlerin. Am 9.9.2007 bewarb sie mit der aus dem Tenor ersichtlichen Anzeige Neufahrzeuge des Typs NISSAN TIIDA. Die Verfügungsklägerin macht diesbezüglich Unterlassungsansprüche geltend, die sich im Hauptantrag ganz allgemein darauf beziehen, Neufahrzeuge der Marke Nissan anzubieten und/oder zu bewerben und im Hilfsantrag die konkrete Verletzungsform betreffen.
Die Verfügungsbeklagte hat außergerichtlich eine Unterlassungserklärung abgegeben, im Rahmen derer er sich verpflichtete, es (1.) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Neufahrzeuge der Marke NISSAN mit Ausnahme von Tageszulassungen, EU-Neufahrzeugen bzw. der Vermittlung von Kaufverträgen über Neufahrzeuge der Marke NISSAN anzubieten und/oder zu bewerben, sowie es (2.) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Neufahrzeuge der Marke NISSAN, auch unter Verwendung des NISSAN Markenlogos, auf eine Art und Weise anzubieten und/oder zu bewerben, dass für den angesprochenen Verkehrskreis der Eindruck erweckt wird, dass es sich bei der Auto-Eisenberger KG um einen autorisierten NISSAN Vertragshändler handelt. Die Verfügungsklägerin hält diese Unterwerfung für unzureichend.
Das LG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Verfügungsklägerin, die ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt. Die Verfügungsbeklagte verteidigt die landgerichtliche Entscheidung.
II. Die zulässige Berufung ist in Bezug auf den Hauptantrag ohne Erfolg. Allerdings vermag die Verfügungsklägerin mit ihrem Hilfsantrag durchdringen, weil die von der Verfügungsbeklagten abgegebenen Unterlassungserklärungen insoweit nicht ausreichend sind.
1. In Hinblick auf den Hauptantrag steht der Verfügungsklägerin kein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 5 MarkenG zu. Dabei kann dahinstehen, ob die von der Verfügungsklägerin gewählte Antragsformulierung auch die eingetragene Gemeinschaftsbildmarke erfasst, da auf diese im Hauptantrag nicht Bezug genommen wird. Denn jedenfalls die bei verständiger Würdigung zum Antragsgegenstand gemachten Wortmarken "Nissan" können Ausgangspunkt klägerischer Ansprüche nach § 14 MarkenG sein.
a) Das Markenrecht der Verfügungsklägerin ist jedoch bezüglich des von der Verfügungsbeklagten beworbenen und angebotenen Neufahrzeugs NISSAN TIIDA nach § 24 Abs. 1 MarkenG erschöpft. Insoweit gelten die vom BGH in den Entscheidungen "Mitsubishi" (GRUR 2003, 340) und "Vier Ringe über Audi" (GRUR 2003, 878) aufgestellten Grundsätze. Denn die Verfügungsklägerin hat ihre Marke insoweit bereits in Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Verkehr gebracht, so dass markenrechtliche Erschöpfung eingetreten ist. Der NISSAN TIIDA war nach der eidesstattlichen Versicherung des Leiters der Rechtsabteilung der Verfügungsbeklagten vor Erscheinen der streitgegenständlichen Anzeige bereits seit Mai 2007 in mehreren Staaten der EU vertrieben worden. Neufahrzeuge des Typs NISSAN TIIDA konnten also im September 2007 von der Verfügungsbeklagten erworben und zum Verkauf angeboten werden. Dies ist ausreichend, weil es für die Erschöpfung genügt, dass die Verfügungsbeklagte über die Ware, auf die sich die Werbung bezieht, im vorgesehenen Zeitpunkt ihres Absatzes verfügen kann, auch wenn sie Fahrzeuge des Typs NISSAN TIIDA selbst noch nicht vorrätig hatte (...