Leitsatz (amtlich)

1. Für Klagen aus Versicherungsverträgen besteht kein besonderer Gerichtsstand für Haustürgeschäfte; § 29c ZPO ist in diesen Fällen nicht anwendbar. Insoweit hat sich durch das SchuRModG nichts an der alten Rechtslage geändert. Auch nach §§ 6, 7 HWiG bestand nach altem Recht kein besonderer Verbrauchergerichtsstand für Klagen aus Versicherungsverträgen.

2. Das gilt erst recht, wenn der Versicherungsvertrag durch einen Makler vermittelt worden ist. In diesen Fällen fehlt es schon an einer Haustürsituation i.S.d. § 312 Abs. 1 BGB. Denn der Makler steht nicht wie der Versicherungsagent im Lager des Versicherers.

3. Erst durch die Neuregelung des Versicherungsvertragsgesetzes wird durch § 215 Abs. 1 VVG (n.F.) ab 1.1.2009 ein solcher Verbrauchergerichtsstand auch für Klagen aus Versicherungsverträgen begründet.

4 In der Rechtsmittelinstanz kann ein Verweisungsantrag nach § 281 ZPO dann nicht mehr gestellt werden, wenn das mit der einzigen Berufungsrüge, das Erstgericht habe seine (örtliche) Zuständigkeit zu Unrecht verneint, weil § 29c ZPO auch für Klagen des Versicherungsnehmers aus einem Versicherungsvertrag anwendbar sei, angegriffene Urteil (1. Instanz) wegen zutreffender Rechtsanwendung nicht aufgehoben werden kann.

 

Normenkette

ZPO § 29c

 

Verfahrensgang

LG Gera (Urteil vom 17.04.2007; Aktenzeichen 6 O 1333/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Gera vom 17.4.2007 - 6 O 1333/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert der Berufung beträgt 17.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt als Begünstigte einer von ihrem verstorbenen Ehemann abgeschlossenen Lebensversicherung die Beklagte aus dieser Versicherung auf Leistung in Anspruch. Der Vertrag wurde durch einen Versicherungsmakler vermittelt. Der Versicherungsvertrag wurde in den Privaträumlichkeiten des Ehemannes der Klägerin geschlossen. Die Parteien streiten u.a. darüber, ob der Klägerin unrichtige Angaben ihres Ehemannes als vorvertragliche Obliegenheitsverletzungen leistungsausschließend angelastet werden können - die Beklagte ist deswegen mit Schreiben vom 25.1.2007 vom Vertrag zurückgetreten - und ob das angerufene LG Gera erstinstanzlich örtlich zuständig ist. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Das LG hat die Klage mit Urteil vom 17.4.2007 als unzulässig abgewiesen; das angerufene LG Gera sei weder nach § 29c ZPO, noch nach § 48 VVG oder § 17 ZPO örtlich zuständig.

Mit ihrer Berufung rügt die Klägerin das Prozessurteil als rechtsfehlerhaft. Das LG Gera sei nach § 29c ZPO örtlich zuständig, da der Klageanspruch auf einem Haustürgeschäft beruhe.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des LG Gera vom 17.4.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 17.000 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhge von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 30.6.2004 zu zahlen; hilfsweise das Urteil des LG Gera vom 17.4.2007 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen; weiter hilfsweise, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen.

Im Übrigen beantragt die Klägerin wegen divergierender obergerichtlicher Entscheidungen zu § 29c ZPO, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt - unter Verteidigung des angefochtenen Urteils - die Berufung zurückzuweisen.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 511, 517, 519, 520 Abs. 2, 3 ZPO); sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das Prozessurteil des LG ist nicht zu beanstanden, die Klage zu Recht wegen örtlicher Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts abgewiesen worden. Zutreffend hat das Ausgangsgericht vorliegend eine Anwendbarkeit des § 29c ZPO verneint. Besteht daher der mit der Berufung allein gerügte Rechtsfehler nicht, scheidet eine Aufhebung des erstinstanzlichen Prozessurteils damit aus, kommt auch eine Zurück- oder Weiterverweisung an das erstinstanzlich örtlich zuständige Gericht nicht (mehr) in Betracht.

Im Einzelnen gilt Folgendes.

Nach Auffassung des Senats besteht - in Übereinstimmung mit der (noch) h.M. - bei Klagen aus Versicherungsverträgen kein besonderer Gerichtsstand für Haustürgeschäfte nach § 29c ZPO. Dies beruht darauf, dass diese Vorschrift durch das SchRModG an die Stelle des § 7 HWiG getreten ist. Da § 6 des HWiG die Vorschriften dieses Gesetzes für Versicherungsverträge ausschloss, bestand bis zum SchRModG auch in der Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass es - neben § 48 VVG - keinen (sog.) Verbrauchergerichtsstand am Wohnsitz des Versicherungsnehmers gab. Daran hat sich nach Auffassung des Senats auch nichts durch die Auflösung des HWiG - durch das SchRModG - und deren Eingliederung in das BGB geändert. Lediglich mit kleineren redaktionellen Änderungen ist an Stelle des § 7 HWiG § 29c ZPO getreten. Durch d...

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