Leitsatz (amtlich)
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind regelmäßig so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss.
Das gilt auch für sog. Sicherheitsvorschriften im Rahmen eines Wohngebäudeversicherungsvertrags, die bei schuldhafter Nichtbeachtung als vertragliche Obliegenheitsverletzungen zu einem Haftungsausschluss des Versicherers im (versicherten) Schadensfall führen.
Normenkette
VGB 2002 § 25 Nrn. 1c, 1d, 2
Verfahrensgang
LG Erfurt (Urteil vom 18.07.2007; Aktenzeichen 7 O 1921/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des LG Erfurt vom 18.7.2007 - 7 O 1921/06, aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Erfurt zurückverwiesen.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens werden niedergeschlagen; im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem LG vorbehalten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 23.957 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Kläger nehmen die Beklagte wegen eines Leitungswasserschadens auf Entschädigung aus einer Wohngebäudeversicherung in Anspruch. Dem Versicherungsverhältnis, das die Beklagte wegen - von ihr geltend gemachter - Obliegenheitsverletzung mit Schreiben vom 3.4.2006 (Anlage K4, Bl. 56 f.) gekündigt hat, liegen die Allgemeinen Wohngebäude - Versicherungsbedingungen 2002 (VGB 2002) zugrunde.
Bei dem Versicherungsobjekt handelt es sich um ein Einfamilienhaus, das vor dem Eintritt des Schadensfalles - und zwar nach dem Klägervortrag durchgängig - von dem Sohn der Kläger und dessen Lebensgefährtin bewohnt wurde.
Im Januar/Februar 2006 war der Klägersohn mit der Renovierung der im
Obergeschoss gelegenen Küche beschäftigt. In dem wegen der Renovierungsarbeiten leergeräumten Raum kam es Anfang Februar 2006 zu einem Rohrbruch mit erheblichem Wasseraustritt, wobei die Kläger behaupten, der Rohrbruch habe sich in der Nacht vom 08. auf den 9.2.2006 ereignet, als sich weder ihr Sohn, noch dessen Lebensgefährtin im Haus aufgehalten hätten.
Die Kläger fordern auf der Grundlage der Schadensermittlung des Sachverständigen M. vom 22.2.2006 (Anlage K3, Bl. 48 ff.) eine Versicherungsentschädigung in Höhe des mit 23.957 EUR ermittelten Neuwertschadens.
Die Beklagte hat sich gegen diese Forderung in der ersten Instanz im Wesentlichen damit verteidigt, von ihrer Leistungspflicht nach § 25 Nr. 1c und Nr. 2 VGB 2002 freigeworden zu sein. Die Kläger hätten gegen die dort verankerte Sicherheitsobliegenheit verstoßen, indem der nicht zu Wohnzwecken genutzten Bestandteil des Obergeschosses - die leergeräumte Küche - weder hinreichend häufig - nämlich täglich - kontrolliert worden sei, noch - was außer Streit steht - die Wasserleitung am separaten Abstellhahn abgesperrt und entleert worden sei. Im Weiteren hat sich die Beklagte insbesondere mit dem Unterversicherungseinwand verteidigt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der in der ersten Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG Erfurt hat mit Urteil vom 18.7.2007 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger hätten mit der nicht abgestellten und nicht entleerten Wasserleitung in der nicht genutzten Küche die Sicherheitsvorschrift des § 25 Nr. 1c VGB 2002 mit der Folge schadenskausal und grob fahrlässig verletzt, dass ihnen aus dem von der Beklagten berechtigt gekündigten Versicherungsvertrag gem. § 25 Nr. 2 VGB 2002 kein Versicherungsschutz zustünde.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der das erstinstanzliche Entschädigungsbegehren weiterverfolgt wird.
Unter Wiederholung und Vertiefung des Vorbringens aus der ersten Instanz rügt die Berufung die Einstufung der zu Renovierungszwecken leergeräumten Küche als i.S.d. § 25 Nr. 1c VGB 2002 "nicht genutzt" als rechtsfehlerhaft.
Die Kläger beantragen, unter Abänderung des am 18.7.2007 verkündeten Urteil des LG Erfurt, Az.: 7 O 1921/06, die Beklagte zu verurteilen, an sie - die Kläger - 24.605,21 EUR nebst Verzugszinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 20.652,59 EUR seit dem 13.5.2006, aus 3.304,41 EUR ab Klagezustellung am 27.11.2006 sowie aus 648,21 EUR vorgerichtlicher Anwaltskosten seit dem 27.11.2006 zu zahlen.
Für den Fall einer unterbleibenden eigenen Sachentscheidung des Senats beantragen die Kläger, unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils vom 18.7.2007 den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG Erfurt zurückzuverweisen.
Die Beklagte greift in der zweiten Instanz die zweite Begründung ihrer Vertragskündigung in Gestalt einer Obliegenheitsverletzung nach § 25 Nr. 1d VGB 2002 (Frostschaden) auf und beantragt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im Übrigen, die Berufung zurückzuweisen.
Hilfsweise stellt auch die Beklagte den Zurückverweisungsantrag.
II. Di...