Leitsatz (amtlich)
1. Die nach Versicherungsbedingungen für die Unfallversicherung erforderliche ärztliche Feststellung der unfallbedingten Invalidität muss den "Unfall" nicht explizit als solchen bezeichnen und nicht den diesem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt angeben. Ausreichend ist, dass die Invaliditätsursache sowohl in deren medizinischer Ausprägung als auch in zeitlicher Hinsicht so konkret bezeichnet wird, dass einerseits deren medizinischer Inhalt und andererseits der ihr zugrunde liegende Lebenssachverhalt jeweils eindeutig von etwaig in Betracht kommenden anderen Ursachen abgegrenzt werden können.
2. Ist in Versicherungsbedingungen für die Unfallversicherung der Ertrinkungstod einem Unfall gleichgestellt, so sind besteht damit nicht auch für solche Ereignisse Versicherungsschutz, welche sich als "Beinahe-Ertrinken" darstellen.
3. Ist in Versicherungsbedingungen für die Unfallversicherung eine "tauchtypische Gesundheitsschädigung" versichert, so muss das Schadensereignis nicht gleichzeitig die allgemeinen Voraussetzungen eines "Unfalls" erfüllen.
4. Erleidet der Versicherte bei einem Tauchgang eine Hirnblutung, so begründet dies nicht den Anscheinsbeweis einer "tauchtypischen Gesundheitsschädigung" im Sinne der Versicherungsbedingungen.
Normenkette
AUB-2008; VVG § 178 ff.
Verfahrensgang
LG Gera (Urteil vom 16.10.2015; Aktenzeichen 4 O 982/12) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Gera vom 16.10.2015, Az. 4 O 982/12, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei ihr unterhaltenen Unfallversicherung in Anspruch.
Zwischen den Parteien besteht gemäß Versicherungsschein vom 06.03.2008 (Bl. 12 - 20 d.A.) ein Vertrag über eine private Unfallversicherung. Diesem liegen die "Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (B.-AUB 2008)" zugrunde. Sie lauten auszugsweise: -
"1.3 Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf den Kör per wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsbeschädigung erleidet.
(...)
1.5 Wir bieten Versicherungsschutz für
- unfreiwillige tauchtypische Gesundheitsschädigungen, wie z.B. Caissonskrankheit oder Trommelfellverletzungen, und
- den unfreiwilligen Ertrinkungs- bzw. Erstickungstod unter Wasser;
(...)
2.1.1 Voraussetzungen für die Leistung:
2.1.1.1 (...) Die Invalidität ist
- innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und von Ihnen bei uns geltend gemacht worden.
(...)
5.2.Ausgeschlossen sind außerdem folgende Beeinträchtigungen:
5.2.1 Schäden an Bandscheiben sowie Blutungen aus inneren Organen und Gehirnblutungen.
Versicherungsschutz besteht jedoch, wenn ein unter diesen Vertrag fallendes Unfallereignis nach Ziff 1.3 die überwiegende Ursache war."
Wegen des weiteren Vertragsinhalts wird ergänzend auf Bl. 21-34 d.A. Bezug genommen.
Am 20.03.2009 gegen 10:00 Uhr verlor der zum damaligen Zeitpunkt 56-jährige Kläger in X. während eines Tauchgangs in einer Tiefe zwischen 12 und 15 m das Bewusstsein und wäre fast ertrunken. Unstreitig hatte er zuvor dem mit tauchenden Zeugen Z. signalisiert, dass sein Luftvorrat zu Neige geht. Der weitere Verlauf des Tauchgangs ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger wurde unmittelbar nach dem Vorfall im örtlichen K.-Krankenhaus versorgt und dort bis zum 02.04.2009 behandelt. Laut dortigem Arztbericht erlitt der Kläger einen zerebrovaskulären Schlaganfall, ein hämorrhagisches Zentralganglion, rechtsseitige Hämatome und ein Beinahe-Ertrinken mit Aspirationspneumonie (Bl. 42.d.A.). Vom 07.04.2009 bis 24.04.2009 befand sich der Kläger zur stationären Behandlung im Universitätsklinikum U. Laut dortigem vorläufigem Arzt brief vom 24.04.2009 besteht beim Kläger ein langjähriger Hypertonus, seine Blutzuckerwerte stellten sich zudem als grenzwertig hyperglykämisch dar. In der durchgeführten MR-Tomographie ergab sich eine Stammganglienblutung ohne Hinweis auf Gefäßanomalien, so dass zusammenfassend bei loco typico von einer hypertensiven Blutung auszugehen sei. Wegen des weiteren Inhaltes des Arztbriefes wird auf Bl. 86 ff. d.A. verwiesen.
Der Kläger behauptet, die erlittene Hirnblutung habe zu einer linksseitigen Halbseitenlähmung geführt, die nach der vereinbarten Gliedertaxe einen Invaliditätsgrad von mindesten 90 % begründe. -
Er ist der Ansicht, es handle sich hierbei um einen Unfallschaden i.S.d. obigen Versicherungsbedingungen.
Zum Verlust des Bewusstseins sei es gekommen, nachdem ihn der Zeuge Z. mit der Flosse am Kopf getroffen habe. Dadurch sei seine Maske verrutscht, er sei in Panik geraten und habe beim Ausb...