rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erschließungsbeiträge. Beitragsrecht. Verwaltungsverfahrensrecht. Ausbaubeiträge. Erschließungsbeitrag. Bestimmtheit. mehrere Grundstücke. Zusammenfassung. Auslegung. öffentliche Last. Vollstreckung. wirtschaftliche Grundstückseinheit. Buchgrundstücksbegriff. Nichtigkeit. Erschließungsbeitragsrechts. Antrag auf Zulassung der Beschwerde
Leitsatz (amtlich)
Ein Beitragsbescheid, der für mehrere Buchgrundstücke einen einheitlichen Erschließungsbeitrag festsetzt, genügt in der Regel nicht den Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit.
Bei einem Beitragsbescheid für mehrere Grundstücke reicht es nicht aus, dass der auf die einzelnen veranlagten Grundstücke jeweils entfallende Betrag aus der Sicht des persönlich beitragspflichtigen Adressaten bestimmbar wäre; es genügt grundsätzlich auch nicht, dass in dem Bescheid die einzelnen zu veranlagenden Grundstücke mit Angabe ihrer Flurstücksnummern, Größe, beitragspflichtigen Grundstücksfläche und Berechnugnsfaktoren aufgelistet werden, selbst wenn durch einen einfachen Rechenvorgang zu ermitteln wäre, wie sich der Beitrag auf die einzelnen Grundstücke verteilt.
Normenkette
AO-1977 § 119 Abs. 1, § 125 Abs. 1; AO 1977 § 157 Abs. 1-2; BauGB § 134 Abs. 2; ThürKAG § 7 Abs. 1, 9
Verfahrensgang
VG Weimar (Beschluss vom 11.10.1999; Aktenzeichen 3 E 712/98) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Weimar vom 11. Oktober 1999 – 3 E 712/98.We – wird zugelassen.
Das Verfahren wird als Beschwerdeverfahren unter dem Aktenzeichen 4 EO 876/01 fortgeführt.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde ist begründet. Die Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 4 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestehen. Nach der im Zulassungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist überwiegend wahrscheinlich, dass sich die Auffassung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis als fehlerhaft erweisen und die Beschwerde Erfolg haben wird.
Das Verwaltungsgericht hat bezweifelt, ob der Beitragsbescheid, der für mehrere Grundstücke einen einheitlichen Erschließungsbeitrag festsetzt, noch hinreichend bestimmt ist, wenn sich (nur) rechnerisch ermitteln lässt, wie sich der Gesamtbeitrag auf die einzelnen veranlagten Grundstücke verteilt. Die Antragsteller beanstanden zwar zu Unrecht, dass das Verwaltungsgericht diesen Gesichtspunkt bei der Abwägung nicht ausschlaggebend zu ihren Gunsten berücksichtigt und die abschließende Klärung einem Hauptsacheverfahren vorbehalten hat. Das Verwaltungsgericht war hier nämlich nicht verpflichtet, diese Rechtsfrage endgültig zu entscheiden, und musste im Hinblick auf die dargestellte uneinheitliche obergerichtliche Rechtsprechung auch nicht notwendig zu „ernstlichen” Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheids gelangen (vgl. Beschluss des Senats vom 23.04.1998 – 4 ZEO 6/97 –, LKV 1999, S. 70 [71], m. w. Nw.). Auch der Senat hatte die aufgeworfene Frage noch nicht in einem Hauptsacheverfahren zu entscheiden. Sie ist aber nach seiner gefestigten Überzeugung zu verneinen. Dies kann dann auch in einem summarischen Rechtsschutzverfahren geschehen.
Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 3 b) Thüringer Kommunalabgabengesetz (ThürKAG) i. V. m. § 119 Abs. 1 Abgabenordnung 1977 (AO 1977) muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Ergänzt und konkretisiert wird diese allgemeine Anforderung durch § 15 Abs. 1 Nr. 4 b) aa), Abs. 2 b) ThürKAG i. V. m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO 1977. Danach müssen schriftliche Abgabenbescheide die festgesetzte Abgabe nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Abgabe schuldet. Das Erfordernis, die festgesetzte Abgabe nach Art und Betrag zu bezeichnen, verlangt die Angabe der einzelnen, durch die Verwirklichung eines bestimmten Abgabentatbestandes jeweils ausgelösten Abgabenschuld. Mehrere getrennte Abgabenfälle erfordern daher entweder eine Festsetzung in getrennten Abgabenbescheiden oder bei körperlicher Zusammenfassung in einem Schriftstück die Angabe, welche Lebenssachverhalte dem Abgabenbescheid zu Grunde liegen, und für jeden Abgabenfall eine gesonderte Festsetzung der Abgabe. Ob durch eine derartige Zusammenfassung mehrerer Abgabenfälle in einem Bescheid dessen erforderliche hinreichende Bestimmtheit beeinträchtigt wird, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Das Erfordernis inhaltlicher Bestimmtheit des Abgabenbescheids soll sicherstellen, dass für den Betroffenen erkennbar ist, welcher Sachverhalt veranlagt wird, und damit Entstehen der Abgabenschuld, ggf. Eingreifen von Befreiungen und Vergünstigungen und Verjährung ohne weiteres feststellbar sind. Eine unaufgegliederte Zusammenfassung beeinträchtigt daher dann nicht die Bestimmtheit des Abgabenbescheids, wenn gleichwohl eindeutig feststeht, welche Abgabenfälle von dem Bescheid erfasst werden und auch ansonsten keine Notwendigkeit zu einer Differenzierung besteht (vgl. ausführlich Beschluss des Senats vom 01.09.2000 – 4 ZKO 131/00 –, NVwZ-R...