2.1 Nr. 3 – Rücktrittsvorbehalt
Rz. 2
§ 308 Nr. 3 BGB hat im Arbeitsrecht geringe Bedeutung. Da auf Dauerschuldverhältnisse § 308 Nr. 3 BGB nicht anwendbar ist, scheidet die Prüfung von Rücktritts-, Widerrufs- und Kündigungsmöglichkeiten anhand dieser Vorschrift aus. Die Norm ist aber anzuwenden auf Vorverträge, die keine Dauerschuldverhältnisse sind. Sieht ein Vorvertrag, in dem sich die Parteien zum Abschluss eines Arbeitsvertrags verpflichten, vor, dass sich der Klauselverwender (Arbeitgeber) das Recht vorbehält, vom Vertrag zurückzutreten, so ist dies nur wirksam, wenn in dem Vorbehalt der Grund für die Lösung vom Vertrag mit hinreichender Deutlichkeit angegeben ist. Zudem muss ein sachlich gerechtfertigter Grund für seine Aufnahme in die Vereinbarung bestehen. Es ist also transparent darzulegen, in welchen Fällen der Verwender (Arbeitgeber) vom Vertrag zurücktreten können soll. Zudem muss ein sachlich gerechtfertigter Grund für einen solchen Rücktritt gegeben sein. Denkbar ist hier z. B., dass die gesundheitliche Eignung eines Arbeitnehmers für das Arbeitsverhältnis überprüft werden muss oder dass der Arbeitnehmer erst noch eine besondere Qualifikation oder Lizenz erwerben muss.
2.2 Nr. 4 – Änderungsvorbehalt
Rz. 3
§ 308 Nr. 4 BGB schützt den Vertragspartner des Verwenders vor der einseitigen Verkürzung seines vertraglich gewährleisteten Anspruchs, von dem die Verwender die vereinbarte Leistung verlangen können. Dabei ist lediglich auf die versprochene Leistung abzustellen (hier die Entgeltzahlung an den Arbeitnehmer), nicht auf die Leistung des Vertragspartners des Verwenders (hier die Arbeitsleistung).
Gleichermaßen ist die Ersetzungsbefugnis beschränkt und unterliegt der Zumutbarkeitskontrolle, welche sich insbesondere an den Parteiinteressen und der Wertgleichheit orientieren.
Kapitalabfindung statt Altersrente
Eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe der 10-fachen Jahresrente, anstelle der zugesagten lebenslangen Altersrente ist unzumutbar.
2.3 Nr. 4 – Widerrufsvorbehalt
Rz. 4
Im Arbeitsrecht ist der Widerrufsvorbehalt der wichtigste Klauseltyp, der an § 308 Nr. 4 BGB gemessen werden muss. Ein solcher liegt vor, wenn zunächst eine Leistung unbefristet durch Vereinbarung zugesagt wird, der Arbeitgeber sich jedoch vertraglich die Möglichkeit einräumt, durch Ausübung des Widerrufsrechts die Weitergewährung der Leistung zu beenden.
Klauselbeispiel für einen Widerrufsvorbehalt
Das Unternehmen ist berechtigt, die Verpflichtung zur Zahlung eines Bonus jederzeit für die Zukunft mit Wirkung für das nächste Geschäftsjahr aus sachlichen Gründen zu ändern oder ganz zu widerrufen. Ein sachlicher Grund kann insbesondere eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens oder das Verhalten des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin sein. Bei der Ausübung des Widerrufsrechts sind die berechtigten Interessen des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin angemessen zu berücksichtigen. Insbesondere muss der Widerruf für den/die Mitarbeiter/in zumutbar sein.
2.3.1 Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Widerrufsvorbehalts
Rz. 5
Der Arbeitgeber kann den vertraglich vereinbarten Widerrufsvorbehalt nicht willkürlich ausüben und zwar grundsätzlich auch dann nicht, wenn der "jederzeitige Widerruf" oder "Widerruf nach freiem Ermessen" vorbehalten wurde. Durch die Rechtsprechung des BAG hat sich eine zweistufige Überprüfung von Widerrufsvorbehalten durchgesetzt:
2.3.1.1 Inhaltskontrolle
Rz. 6
Zunächst wird auf der ersten Stufe ermittelt, ob die jeweilige Vorbehaltsklausel überhaupt rechtswirksam ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn sie gegen die guten Sitten (§ 138 BGB), gesetzliche Verbote (§ 134 BGB), Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen verstößt.
Maßgeblich zur Beurteilung der Zulässigkeit ist dabei die Zumutbarkeit des Widerrufsvorbehalts für den Arbeitnehmer nach § 308 Nr. 4. Zumutbar ist ein Widerrufsvorbehalt nach Ansicht des BAG dann, wenn ein den Widerruf rechtfertigender Grund existiert und dieser erkennbar ist, also die möglichen Widerrufsgründe in der Klausel selbst benannt sind.
Der Widerrufsvorbehalt ist darüber hinaus nur dann zumutbar, wenn er als Anpassungsinstrument aufgrund der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse notwendig ist. Hier ist eine Interessenabwägung durchzuführen, die sich insbesondere an der Stellung des Arbeitnehmers, der Art und Höhe der widerrufenen Leistung und des verbleibenden Verdiensts richtet.
Der sachliche Grund muss ausreichend präzise in der Klausel beschrieben sein, insbesondere muss mindestens die entsprechende Richtung, auf die sich als Grund gestützt wird, angeführt werden. Nur pauschal auf "wirtschaftliche Gesichtspunkte" abzustellen, ist unzureichend. Ebenfalls genügt nicht, allein auf die "wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens" abzustellen. Die "wirtschaftliche Notlage" ist dagegen ein ausreichend präziser sachlicher Grund.
Ein Grund ist nur d...