Rz. 85
Gleichbehandlung kann verlangt werden im Verhältnis zu vergleichbaren Arbeitnehmern. Vergleichbar ist ein Arbeitnehmer mit derselben Art des Arbeitsverhältnisses und der gleichen oder einer ähnlichen Tätigkeit. Ob Arbeitsverhältnisse derselben Art angehören, ist ohne Rücksicht auf die Vorgaben und die Wortwahl des Vertrags nach der konkreten Tätigkeit zu entscheiden. Die Tätigkeiten zweier Arbeitnehmer sind gleich, wenn identische Arbeitsvorgänge verrichtet werden. Sie sind ähnlich, wenn sie trotz unterschiedlicher Arbeitsvorgänge im Hinblick auf Qualifikation, erworbene Fertigkeiten, Verantwortung und körperliche Belastbarkeit des Arbeitnehmers gleiche Anforderungen stellen und die mit ihnen befassten Arbeitnehmer deshalb jederzeit wechselseitig ausgetauscht werden können. Die bloße Gleichwertigkeit einer Tätigkeit führt nicht zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes.
Rz. 86
Mangels vergleichbarer Lage gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz grundsätzlich nicht zwischen Arbeitnehmer und Organmitgliedern juristischer Personen und bei der Behandlung von Beamten und Angestellten, selbst wenn diese auf gleichen Dienstposten beschäftigt werden. Einen Gleichbehandlungsgrundsatz zwischen Handelsvertretern hat die Rspr. abgelehnt. Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet mangels Vergleichbarkeit der Personengruppen ebenfalls keine Anwendung zwischen Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten, da diese auch handelsrechtlich nicht miteinander vergleichbar sind. Heimarbeiter können jedenfalls im Entgelt anders als ihre Kollegen behandelt werden. Zulässig ist auch eine Differenzierung zwischen Dienstordnungsangestellten und Tarifangestellten bei der Gewährung einer tarifvertraglich vorgesehenen Jubiläumszuwendung oder einer prozentualen Vergütungssteigerung. Der BGH erkennt eine abgeschwächte Gleichbehandlungspflicht unter Organmitgliedern an, nach der es möglich sein kann, ein Ruhegehalt, das bislang sämtlichen Organmitgliedern zugesprochen wurde, nun zwingend auf alle zu erstrecken.
Rz. 87
Für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist es grundsätzlich unerheblich, dass die Gruppe der Begünstigten kleiner ist als die Gruppe der von der übertariflichen Leistung ausgeschlossenen Arbeitnehmer; dies kann jedoch Auswirkungen auf die Rechtsfolgen haben. Einzubeziehen in den Vergleich sind alle Arbeitnehmer des Unternehmens, nicht allein des Betriebs. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist entsprechend Art. 3 GG kompetenzbezogen und bezieht sich damit auf den Bereich, auf den sich die Regelungskompetenz erstreckt. Als Normadressat ist der Arbeitgeber für das Unternehmen in seiner Gesamtheit verantwortlich.
Eine unternehmensübergreifende, insbesondere eine konzernweite Geltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes besteht grundsätzlich nicht.
Rz. 88
Nur wenn die Konzernspitze eine Verteilungskompetenz in Anspruch nimmt und Weisungen und Regelungen trifft, die konzernweit gelten oder umgesetzt werden, ist auch hier eine Gleichbehandlungspflicht anzuerkennen.