6.6.2.1 Allgemeines
Rz. 104
Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz ist im Bereich der Arbeitsvergütung nur eingeschränkt anwendbar. Eine Verpflichtung, von der individuellen Festlegung der Vergütung zur arbeitsvertraglichen Einheitsregelung überzugehen, besteht nicht. Auch ein allgemeines Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" gibt es im deutschen Recht nicht. Gewährt der Arbeitgeber die Leistungen jedoch nach einem erkennbaren generalisierenden Prinzip, ist er an das arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgebot gebunden. Erforderlich ist daher eine Transparenz seiner Lohnfindung.
6.6.2.2 Lohnerhöhungen
Rz. 105
Ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber muss bei einer Lohnerhöhung nicht zwangsläufig alle Arbeitnehmer gleich behandeln. Im Hinblick auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stellt der Wunsch des Arbeitgebers nach Vereinheitlichung des innerbetrieblichen Lohngefüges und Angleichung der unterschiedlichen Bezahlung von Arbeitnehmern, die Gleiches leisten, einen sachlichen Grund dar, einzelne Arbeitnehmer von einer Lohnerhöhung auszuschließen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist unter Beachtung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit bei individuellen Entgeltvereinbarungen anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Erhöht der Arbeitgeber die Gehälter ohne allein die tarifvertraglichen Lohnerhöhungen nachzuvollziehen, muss er den Gleichbehandlungsgrundsatz auch dann beachten, wenn er dies bei unterschiedlichen Berufsgruppen zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlicher Höhe realisiert. Entscheidend ist, ob die Erhöhungen auf einer allgemeinen, einzelfallübergreifenden Zweckverfolgung beruhen.
6.6.2.3 Gratifikationen
Rz. 106
Der Zweck der Zulagen, Gratifikationen und Sonderzuwendungen gibt vor, wie weit zwischen den verschiedenen Arbeitnehmergruppen differenziert werden kann.
Grundsätzlich zulässige Kriterien sind (je nach Ziel der Zuwendung) Arbeitsleistung und -belastung, Qualifikation (auch wenn die aktuell ausgeübten Tätigkeiten die Gleichen sind), Berufserfahrung, soziale Lage und unterschiedliche Arbeitsplatzanforderungen. So kann die Festlegung des Kreises der Bezugsberechtigten bei Aktienoptionsprogrammen ohne Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf bestimmte Hierarchieebenen beschränkt werden.
Daneben können je nach Leistung die Betriebszugehörigkeit, der Familienstand, aber auch die Kinderzahl legitimer Differenzierungsgrund sein. Ebenso kann eine Differenzierung zwischen kaufmännischen Beschäftigten und sonstigen Beschäftigten gerechtfertigt sein, wenn das arbeitgeberseitige Bedürfnis, die kaufmännischen Beschäftigten zu binden wegen längerer Einarbeitungszeiten größer ist als das Bedürfnis, die sonstigen Beschäftigten zu binden, die nur geringerer Einarbeitungszeiten bedürfen. Auch eine Differenzierung danach, ob die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag feststeht oder nicht, ist zulässig. Auf den Grund der Beendigung kommt es dabei nicht an, sodass der Umstand, dass der Arbeitnehmer wegen einer vereinbarten Befristung gehindert war, die Voraussetzungen zu erfüllen, bedeutungslos ist.
Dies gilt auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer im Laufe des Bezugsjahres ausscheiden wird, sein Überwechseln in das ausgegliederte Unternehmen jedoch nicht zu vertreten hat und somit nicht mehr in der Lage ist, die Betriebstreue zu erbringen.
Rz. 107
Ein unterschiedliches Lohnniveau kann der Arbeitgeber durch eine freiwillige Sonderzahlung nur dann ausgleichen, wenn die Leistung nicht auch anderen Zwecken dient und eine Kompensation dadurch verhindert wird. So verstößt es gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn der Arbeitgeber nur denjenigen Arbeitnehmern eine Sonderzahlung gewährt, die einen Sanierungsbeitrag geleistet haben, die Leistungszusage jedoch noch weitere Voraussetzungen und Bedingungen enthält, die die ausgeschlossenen Arbeitnehmer ebenfalls erfüllen. Einen sachlichen Grund für eine Differenzierung im Rahmen einer freiwilligen Jahressonderzahlung stellt es dar, wenn durch die höhere Zahlung ein Ausgleich für nicht angeordnete Mehrarbeit pauschal gewährt werden soll. Eine Unterscheidung zwischen Dauer- und Aushilfsarbeitnehmer misst sich am Verbot der Benachteiligung befristet Beschäftigter gem. § 4 Abs. 2 TzBfG. Eine Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe ist bei der Gewährung von Zulagen...