Rz. 83
Das gesamte formbedürftige Rechtsgeschäft muss in der Urkunde enthalten sein.
5.2.8.1 Kündigung
Rz. 84
Das bedeutet für die (Beendigungs-)Kündigung, dass die auf einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtete Willenserklärung in der unterschriebenen Urkunde enthalten sein muss. Das Kündigungsschreiben braucht das Wort "Kündigung" nicht zu enthalten. Maßgeblich ist, ob bei Auslegung der Erklärung vom objektiven Empfängerhorizont (§ 133 BGB) erkennbar wird, dass das Arbeitsverhältnis einseitig beendet werden soll. Nicht ausreichend für die Annahme einer Arbeitgeberkündigung ist die schriftliche Bestätigung einer vom Arbeitnehmer mündlich ausgesprochenen Kündigung durch den Arbeitgeber. Der Kündigungsgrund und der Beendigungstermin nach Ablauf der Kündigungsfrist müssen im Kündigungsschreiben nicht angegeben werden. Dem Bestimmtheitsgebot im Kündigungsrecht genügt es, wenn der Erklärungsempfänger bei Zugang der Kündigung aus dem Wortlaut und den Begleitumständen erkennen kann, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Es muss für ihn bestimmbar sein, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden soll und ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung gewollt ist. Eine Kündigung "zum nächstzulässigen Termin" ist möglich, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist. Allerdings ist eine Kündigung nicht auslegungsfähig und damit nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll. Das maßgebliche "Rechenprogramm" (etwa die Dauer der Betriebszugehörigkeit, gesetzliche, tarif- oder arbeitsvertragliche Regelungen) muss das Kündigungsschreiben im Regelfall nicht angeben.
Rz. 84a
Sondervorschriften können zusätzliche Formerfordernisse vorsehen, wie etwa § 22 Abs. 3 BBiG oder § 17 Abs. 2 Satz 2 MuSchG, wonach die schriftliche Begründung der Kündigung Wirksamkeitsvoraussetzung ist (vgl. Rz. 19, 72b). Der Anspruch nach § 626 Abs. 2 Satz 3 BGB auf eine schriftliche Mitteilung der Kündigungsgründe bei der außerordentlichen Kündigung setzt ein entsprechendes Verlangen voraus und führt bei Nichterfüllung nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.
Rz. 85
Umstritten ist, welche Rechtsfolgen es hat, wenn im Kündigungsschreiben ein konkretes Beendigungsdatum unter Zugrundelegung einer fehlerhaften, zu kurzen Kündigungsfrist angegeben ist. Der 2. Senat des BAG geht von der Auslegungsregel aus. Eine ordentliche Kündigung sei i. d. R. dahin auszulegen, dass sie das Arbeitsverhältnis zum zutreffenden Termin beenden solle. Das gelte auch dann, wenn sie ihrem Wortlaut nach zu einem früheren Termin gelten solle. Nur dann, wenn sich aus der Kündigung und den im Rahmen der Auslegung zu berücksichtigenden Umständen des Einzelfalls ein Wille des Arbeitgebers ergebe, die Kündigung nur zum erklärten Zeitpunkt gegen sich gelten zu lassen, scheide eine Auslegung aus. Der Kündigungstermin sei dann ausnahmsweise integraler Bestandteil der Willenserklärung und müsse innerhalb der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG angegriffen werden. Eine Kündigung "zum nächstzulässigen Termin" oder "nächstmöglichen Zeitpunkt" ist allerdings typischerweise dahin zu verstehen, dass der Kündigende die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt erreichen will, der sich bei Anwendung der einschlägigen gesetzlichen, tarifvertraglichen und/oder vertraglichen Regelungen als rechtlich frühestmöglicher Beendigungstermin ergibt. Sie ist jedenfalls dann hinreichend bestimmt, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn ohne umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen feststellbar ist.
Rz. 86
Demgegenüber lehnt der 5. Senat die Auslegungsregel des 2. Senats ab und legt die jeweilige Kündigungserklärung im Einzelfall aus. Ob bei einer ordentlichen Kündigung die Nichteinhaltung der objektiv richtigen Kündigungsfrist mit der fristgebundenen Klage nach § 4 Satz 1 KSchG geltend gemacht werden müsse, hänge davon ab, ob die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist zur Unwirksamkeit der Kündigungserklärung führt. Das sei der Fall, wenn sich die mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung nicht als eine solche mit der rechtlich gebotenen Frist auslegen lasse. Bedürfe die Kündigung mit zu kurzer Frist der Umdeutung (§ 140 BGB) in eine Kündigung mit zutreffender Frist, gelte die mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung nach § 7 KSchG als rechtswirksam und beende das Arbeitsverhältnis zum "falschen Termin", wenn die zu kurze Kündigungsfrist nicht als anderer Rechtsunwirksamkeitsgrund binnen 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung im Klagewege (§§ 4 Satz 1, 6 KSchG) geltend gemacht worden sei. Anders formuliert: Eine Umdeutung (§ 140 BGB) ist nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Künd...