Rz. 789

Unter dem Begriff der Druckkündigung werden sowohl personen- als auch verhaltens- oder betriebsbedingte Umstände zusammengefasst, welche die Geschäftspartner des Arbeitgebers, die Belegschaft oder den Betriebsrat veranlassen, unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers zu verlangen.[1] Die Rechtsprechung spricht von einer "unechten Druckkündigung", sofern das Verlangen aufgrund personen- oder verhaltensbedingter Gründe objektiv gerechtfertigt ist.[2] Eine "echte Druckkündigung" aus betriebsbedingten Gründen kommt dagegen bei Fehlen einer solchen objektiven Rechtfertigung allein aufgrund der Drohung in Betracht.[3]

An die "echte Druckkündigung" sind strenge Anforderungen zu stellen. Sie kann nur in Ausnahmefällen sozial gerechtfertigt sein. Im Hinblick auf das Verhältnismäßigkeitsprinzip hat sich der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht (vgl. § 241 Abs. 2 BGB) zunächst schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen. Er darf einem Kündigungsverlangen seitens der Belegschaft oder eines Geschäftspartners nicht ohne Weiteres nachgeben. Vielmehr muss er zunächst versuchen, den Drohenden von seinem Verlangen abzubringen. Ihm wird somit ein aktives Handeln abverlangt. Nur wenn trotz solcher Bemühungen die Verwirklichung der Drohung weiter in unmittelbare Aussicht gestellt wird und dem Arbeitgeber hierdurch gleichzeitig schwere wirtschaftliche Nachteile drohen, kann eine Kündigung gerechtfertigt sein. Die Kündigung muss das einzige noch in Betracht kommende Mittel sein, um die Schäden erfolgreich abzuwenden. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings auch das eigene Verhalten des Arbeitgebers. Insbesondere kann er sich dann nicht auf eine Drucksituation berufen, wenn er diese selbst in vorwerfbarer Weise herbeigeführt hat.[4]

Beruht der durch den Dritten ausgeübte Druck wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität des Arbeitnehmers entgegen §§ 1, 3, 7 AGG auf diskriminierenden Motiven, sind die Handlungspflichten des Arbeitgebers im Hinblick auf § 12 AGG nochmals verschärft. Er muss alle ihm möglichen Abwehrmaßnahmen in Anspruch nehmen, bevor er zu einer betriebsbedingten Kündigung übergehen kann. Hierzu gehört nach § 12 Abs. 3 AGG insbesondere auch die Kündigung von Beschäftigten, von denen die Diskriminierung ausgegangen ist.

[1] Löwisch/Schlünder/Spinner/Wertheimer/Schlünder, § 1 KSchG Rz. 406; KR/Fischermeier/Krumbiegel, § 626 BGB Rz. 219 f.; APS/Vossen, § 626 BGB Rz. 336 ff.
[3] BAG, Urteil v. 15.12.2016, 2 AZR 431/15, Rz. 11; Löwisch/Schlünder/Spinner/Wertheimer/Schlünder, § 1 KSchG Rz. 406; KR/Rachor, § 1 KSchG Rz. 625; a. A. Däubler/Deinert/Deinert, § 1 KSchG Rz. 350; SPV/Preis, § 2 KSchG Rz. 970.

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