4.1 Fälligkeit
Rz. 28
(Nachzahlungs-)Ansprüche des Arbeitnehmers aus § 615 BGB im Anschluss an eine unwirksame Kündigung des Arbeitgebers werden wie die Vergütungsansprüche im ungekündigten Arbeitsverhältnis fällig. Der Eintritt und die Fortdauer des Annahmeverzugs des Arbeitgebers hängen zwar davon ab, dass die Kündigung unwirksam ist und auch nicht nach § 7 KSchG wirksam wird. Wenn das KSchG anzuwenden ist, muss der Arbeitnehmer deswegen durch eine rechtzeitige Erhebung der Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG die Unwirksamkeit der Kündigung geltend machen, um die Fiktion des § 7 KSchG nicht eingreifen zu lassen. Die Rechtskraft eines Urteils, das die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt, ist darüber hinaus jedoch keine Voraussetzung für die Fälligkeit der Vergütungsansprüche nach dem Zeitpunkt der unwirksamen Kündigung. Das Urteil, das der Kündigungsschutzklage stattgibt, wirkt nicht konstitutiv, sondern stellt nur die objektiv bestehende Rechtslage deklaratorisch fest.
4.2 Verfall/Verjährung
Rz. 29
Für den (Nachzahlungs-)Anspruch nach § 615 Satz 1 BGB gelten eventuell anwendbare tarifliche oder arbeitsvertragliche Ausschluss- und Verfallfristen. Allerdings kann der Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns einer Ausschlussfrist nicht unterworfen werden. Im Übrigen reicht bei einer einstufigen Ausschlussklausel, welche lediglich die außergerichtliche, eventuell schriftliche Geltendmachung des Anspruchs vorschreibt, zur Fristwahrung die Erhebung der Kündigungsschutzklage.
Ist durch Erhebung der Kündigungsschutzklage die tarifliche Frist gewahrt, so müssen nach Rechtskraft des Urteils im Kündigungsschutzprozess die tariflichen Vergütungsansprüche nicht erneut innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist geltend gemacht werden, wenn der Tarifvertrag das nicht ausdrücklich vorsieht.
Rz. 30
Im Fall einer zweistufigen Ausschlussfrist, wonach im Anschluss an die (erfolglose) außergerichtliche Geltendmachung innerhalb einer bestimmten Frist die gerichtliche Geltendmachung erforderlich ist, hat das BAG zur Wahrung der 2. Stufe die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zunächst auch dann nicht ausreichen lassen, wenn es sich um Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers handelte, die vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhingen. An dieser Rechtsprechung konnte der 5. Senat nach dem Beschluss des BVerfG vom 1.12.2010 nicht mehr festhalten. Das BVerfG hat entschieden, dass der Arbeitnehmer in seinem Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes verletzt werde, wenn das tarifliche Erfordernis einer gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen, die vom Ausgang einer Bestandsstreitigkeit abhängen, nach den bisherigen Grundsätzen des BAG ausgelegt und angewandt werde. Dem Arbeitnehmer werde insoweit eine übersteigerte Obliegenheit zur gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche wegen Annahmeverzugs auferlegt. Die Art der Geltendmachung der Ansprüche auf Vergütung wegen Annahmeverzugs müsse dem Arbeitnehmer möglich und zumutbar sein. Das sei nicht der Fall, wenn er gezwungen werde, Ansprüche wegen Annahmeverzugs einzuklagen, bevor die Bestandsstreitigkeit rechtskräftig abgeschlossen sei. Damit erhöhe sich sein Kostenrisiko im Rechtsstreit über den Bestand des Arbeitsverhältnisses. Zwischenzeitlich nimmt das BAG an, tarifvertragliche Ausschlussfristen, die eine rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung vorsehen, seien verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die vom Erfolg einer Bestandsschutzstreitigkeit abhängigen Ansprüche bereits mit der Kündigungsschutzklage gerichtlich geltend gemacht sind.
Rz. 31
Nach der Rechtsprechung hat eine Kündigungsschutzklage auf die Verjährung des Vergütungsanspruchs aus Annahmeverzug keine Auswirkungen, d. h. die Kündigungsschutzklage hemmt die Verjährung des Zahlungsanspruchs aus Annahmeverzug nicht.