Prof. Dr. Mark Lembke, Dr. Jens-Wilhelm Oberwinter
3.2.1 Anordnung
Rz. 22
Da die Entscheidung der Bundesagentur für Arbeit nur eine Ermächtigung des Arbeitgebers enthält und nicht von selbst zur Einführung von Kurzarbeit führt, muss der Arbeitgeber die Einführung von Kurzarbeit gegenüber den Arbeitnehmern ankündigen und die Kurzarbeit anordnen. Bei der Anordnung handelt es sich um eine einseitige Willenserklärung des Arbeitgebers. Sie ist keine Kündigung, sondern eine aufgrund behördlicher Zulassung erfolgte vorübergehende Umgestaltung der Arbeitsverhältnisse. Für die Anordnung gelten daher keine (Kündigungs-)Fristen.
3.2.2 Beginn und Dauer
Rz. 23
Die Kurzarbeit beginnt mit dem vom Arbeitgeber angekündigten Zeitpunkt. Diesen Zeitpunkt kann der Arbeitgeber im Rahmen der behördlichen Ermächtigung frei bestimmen. Mit der Einführung der Kurzarbeit tritt die Änderung der Arbeitsbedingungen ein, ohne dass es der Zustimmung der Arbeitnehmer bedarf. Das Recht zur Einführung von Kurzarbeit sowie zur Gehaltskürzung endet mit Ablauf des in der Zulassungsentscheidung nach § 19 KSchG angegebenen Zeitpunkts, spätestens jedoch mit Ablauf der Sperrfrist. Von diesem Zeitpunkt an gelten die alten Arbeitsbedingungen wieder, und der Arbeitgeber muss die weiterbeschäftigten Arbeitnehmer voll bezahlen und voll beschäftigen, es sei denn, er ist erneut zur Einführung von Kurzarbeit ermächtigt.
3.2.3 Entgeltzahlungspflicht (Abs. 2)
Rz. 24
Nach § 19 Abs. 2 Halbsatz 1 KSchG ist der Arbeitgeber im Fall der Kurzarbeit berechtigt, die Vergütung der mit verkürzter Arbeitszeit beschäftigten Arbeitnehmer entsprechend zu kürzen. Umstritten ist, ob bei der Vergütung von Auszubildenden § 19 Abs. 1 Nr. 2a BBiG zu beachten ist. Dies ist allerdings abzulehnen, da einer wirksam vereinbarten Kurzarbeitsregelung der Vorrang eingeräumt werden muss. Da der Arbeitgeber Kurzarbeit einseitig und ohne die Einhaltung einer Frist einführen kann, würde die uneingeschränkte Anwendung dieses Grundsatzes für die betroffenen Arbeitnehmer jedoch eine besondere Härte bedeuten. Um die Interessen der Arbeitnehmer mit denjenigen des Arbeitgebers in Ausgleich zu bringen, tritt nach § 19 Abs. 2 Halbsatz 2 KSchG die Gehaltskürzung erst zu dem Zeitpunkt ein, an dem das Arbeitsverhältnis im Fall der Kündigung nach den allgemeinen gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen enden würde, d.h. ab dem Tag nach Ablauf der Kündigungsfrist. Der Arbeitgeber kann zwar ohne die Einhaltung einer Frist Kurzarbeit einführen, er muss jedoch weiterhin bis zum Ablauf der einzuhaltenden Fristen das volle Arbeitsentgelt weiterzahlen. Dies führt im Regelfall dazu, dass die Einführung von Kurzarbeit unter wirtschaftlichen Aspekten sinnlos ist, weil nämlich die Kündigungsfristen für die Arbeitnehmer (vgl. nur § 622 Abs. 2 BGB) i. d. R. ab dem Zeitpunkt der Einführung von Kurzarbeit bis zum Ende der Sperrfrist reichen oder darüber hinausgehen. Wenn der Arbeitgeber während der Kurzarbeit nicht zu einer Herabsetzung der Vergütung berechtigt ist, wird er im Zweifel auch keine Reduzierung der Arbeitszeit anordnen, es sei denn, die Kürzung der Vergütung ist nach Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag zulässig.
Rz. 25
Die Frist zur Weiterzahlung der vollen Vergütung errechnet sich nach § 19 Abs. 2 Halbsatz 2 KSchG nach den "allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen". Hierunter sind die Vorschriften zu verstehen, die für alle Arbeitnehmer Anwendung finden. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, das Arbeitsentgelt möglichst zu einem einheitlichen Zeitpunkt kürzen zu können und sämtliche Sonderkündigungsschutzbestimmungen, die zu einer Verlängerung der Kündigungsfrist bzw. zu einer Erschwerung der Kündigung einzelner Arbeitnehmer führen, auszuschließen. Demnach finden – sofern keine abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden – die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 622 BGB Anwendung. Dabei gelten sowohl § 622 Abs. 1 BGB, als auch § 622 Abs. 2 BGB. Zwar wird in der Literatur teilweise vertreten, § 622 Abs. 2 BGB sei keine allgemeine gesetzliche Regelung i. S. v. § 19 Abs. 2 KSchG. Dem ist jedoch nicht zu folgen, da auch § 622 Abs. 2 BGB für alle Arbeitnehmer gilt und lediglich hinsichtlich der Betriebszugehörigkeitsdauer die Kündigungsfristen differenziert. Besondere Kündigungsfristen für Arbeitnehmer mit Sonderkündigungsschutz (z. B. Auszubildende, Betriebsratsmitglieder, Schwangere, Schwerbehinderte usw.) sind dagegen nicht zu beachten.
Rz. 26
Kollektiv- oder individualvertraglich vereinbarte Bestimmungen gehen der Anwendung von § 622 BGB vor. Dies folgt schon aus dem Grundsatz der Privatautonomie. Finden besondere Kündigungsfristen nach Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag Anwendung, so richtet sich die Berechnung des Zeitpunkts für die Kürzung der Arbeitsvergütung nach diesen Fristen.
Rz. 27
Die – im Ra...